Unterschiedliche Ansätze zum Umgang mit dem Diesel

Beim Abgasturbolader von Bosch Mahle Turbo Systems sorgt ein Antriebsrad für schnellere Reaktionen. Grafik: Quelle: Bosch Mahle Turbo Systems

Bosch setzt auf Technik, Scheuer auf eine Messstellenüberprüfung und die DUH auf CO2-Angaben

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Diese Woche präsentierte der Stuttgarter Autozulieferer Bosch eine Technologie, die den Worten seines Geschäftsführungsvorsitzenden Volkmar Denner zufolge "die Debatte um das Ende des Diesels endgültig ad acta legen" und dafür sorgen wird, dass Selbstzünder ihren "Platz im urbanen Verkehr behalten werden". Die neue Technologie verringert seinen Angaben nach nämlich den Stickoxidausstoß im Stadtverkehr auf durchschnittlich 40 Milligramm und damit auf die Hälfte des ab 2020 geltenden Grenzwerts von 80 Milligramm, der um bis zu 40 Milligramm überschritten werden darf.

Verantwortlich für diese Verringerung ist Systementwickler Andreas Kufferath nach "eine Kombination aus ausgeklügelter Einspritztechnik, neu entwickeltem Luftsystem und intelligentem Temperaturmanagement", das ein etwa hundertköpfiges Ingenieursteam in vier Jahren Arbeit optimierte und aufeinander abstimmte. Grundsätzlich neu ist daran nichts, weshalb beispielsweise der Zürcher SVP-Kantonsrat René Truninger spöttisch twitterte: "Bosch hat 'erfunden', dass man die Abgasreinigung für die USA auch in Europa einbauen kann."

Auch Kufferath räumt ein, dass es die einzelnen Elemente grundsätzlich schon vorher gab, spricht aber von einer neuen Qualität ihres Zusammenspiels. Die ermögliche es, dass sich der Motor nach dem Anlassen auf den Schadstoffausstoß und nach Erreichen der optimalen Betriebstemperatur auf Spriteffizienz konzentrieren könne (vgl. heise Autos: Bosch verbessert Diesel-Abgaswerte dramatisch).

CO2-Ausstoß

Trotzdem, so Bosch, sollen der Spritverbrauch und mit ihm die CO2-Emissionen nicht steigen. Der umstrittene Verein Deutsche Umwelthilfe (DUH), der mit massenhaften Abmahnungen im Zusammenhang mit Dieselautomobilen auffiel, scheint dagegen darauf zu setzen, dass die CO2-Angaben von Autohersteller nicht stimmen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte sein Geschäftsführer Jürgen Resch, damit werde man sich in Zukunft besonders intensiv befassen.

Messstellen

Die Hardware-Nachrüstung mit Katalysatoren auf Harnstoffbasis, die Resch für existierende Dieselfahrzeuge empfiehlt, lehnt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ab. In einem Interview mit dem Spiegel beklagte er "toxische Diskussionen", in denen so getan werde, als könne man "in deutschen Städten nicht mehr durchschnaufen". Deshalb habe er mit der Verkehrsministerkonferenz veranlasst, zu überprüfen, ob die Standorte der Messstellen in Deutschland so gewählt wurden, dass sie die für eine europäische Vergleichbarkeit geforderten repräsentative Stickoxidwerte liefern - oder ob sie zu nah an Kreuzungen oder Luftzirkulationshindernissen stehen.

Software, Updates, Fahrverbote und Landtagswahlen

Darüber hinaus verweist der CSU-Politiker auf Software-Updates, die die Schadstoffbelastung um 30 Prozent verringern sollen, und auf schadstoffärmere Neuwagen, auf deren Absatz auch die Autohersteller spekulieren. Der Frage, wie er "mit dem Zorn der Menschen umgehen [will], wenn im Herbst die ersten Fahrverbote kommen" wich Scheuer aus. Möglicherweise setzt er darauf, dass sie erst nach den bayerischen Landtagswahlen am 14. Oktober verhängt werden. Die AfD fordert - wahrscheinlich auch im Hinblick auf diese Wahlen - eine Diesel-Zulassungsgarantie bis 2050.

Lufttaxis

Scheuers Parteifreundin Dorothee Bär, die im neuen Kabinett Digital-Staatsministerin wurde, verkündete währenddessen auf der Luftfahrtmesse ILA, dass die Bundesregierung Tests für Lufttaxis prüft, an denen unter anderem Uber und Daimler arbeiten. Sie könnten die Schadstoffbelastung an Messtellen insofern verringern, als sie ihre Abgase in anderen Luftschichten ausstoßen.

Ein weiterer Vorteil wäre, dass sich die sowohl in öffentlichen als auch in privaten Verkehrsmitteln auftretenden Staus in überbevölkerten Metropolen umgehen ließen, wenn man in die Luft ausweicht. Da Luftfahrzeuge die Schwerkraft überwinden müssen, verbrauchen sie jedoch potenziell mehr Energie als solche, die am Boden bleiben. Die mit diesem Energieverbrauch verbundenen Kosten dürften dafür sorgen, dass die Fahrzeuge vorerst wahrscheinlich nur von Personen benutzt werden, für die Zeit nicht nur Geld, sondern sehr viel Geld ist.