Unwetter, AKW-Unfälle und Kampf ums Öl in Uganda

Energie- und Klima-Wochenschau: Schwere Unwetter in China und Großbritannien kündigen die erwartbaren Folgen der Klimaerwärmung an

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Schwere Unwetter geben derzeit in China und auf den britischen Inseln eine Vorahnung von der drohenden Klimakatastrophe, aber Atomkraft kann nicht die Antwort sein, wie der Umgang mit AKW-Unfällen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan zeigt. Derweil werden die fossilen Brennstoffe knapper und damit teurer, was die Konflikte um ihre Kontrolle anheizt, selbst unter Bauern und Viehzüchtern in Uganda.

Die chinesische Metropole Chongqing, mit rund 30 Millionen Einwohnern eines der größten Ballungsgebiete der Erde, liefert dieser Tage ein anschauliches Beispiel für die zerstörerischen Kapriolen die der Klimawandel mit sich bringen wird. Im letzten Jahr hatten die Stadt und die sie umgebende Provinz Sichuan die schlimmste Trockenheit seit mindestens einem Jahrhundert erlebt. Doch während sich chinesische Meteorologen und Klimaforscher noch streiten, ob dem neuen Drei-Schluchten-Stausee, an dessen westlichen Ausläufern die Megastadt liegt, dafür die Schuld gegeben werden kann, da er das Regionalklima verändert, haben sintflutartige Regenfälle die Region unter Wasser gesetzt. Chongqing und einige Nachbarstädte wurden zu „isolierten Inseln“, wie die Weltmeteorologieorganisation WMO schreibt.

Angefangen hat es Anfang letzter Woche, als der Himmel seine Schleusen öffnete. 16 Stunden lang gingen schwere Gewitter auf die Region nieder, aber richtig aufgehört haben die Niederschläge bisher nicht mehr. Voraussichtlich noch bis zur Mitte dieser Woche sollen sie andauern. Bisher starben 37 Menschen in den Fluten. Insgesamt kamen in diesem Jahr in China bereits über 700 Menschen durch Überschwemmungen und ähnliche Unwetterkatastrophen ums Leben, berichtet der chinesische Wetterdienst.

Unterdessen betonen Klimaforscher, wie etwa der Wetterstatistiker Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung immer wieder, dass von einzelnen Unwettern und Extremereignissen nicht auf die Veränderung des Klimas geschlossen werden kann. Erst die Häufung solcher Ereignisse, die in der Tat beobachtet wird, sei ein Zeichen für Veränderungen. Gleichzeitig bezeichnete Gerstengarbe Anfang Juli im Gespräch mit dem Autor die Hitzewelle im Mittelmeerraum und auf dem Balkan, die zwischenzeitlich etwas abgeebbt war, aber derzeit wieder an Intensität gewonnen hat, als sehr ungewöhnlich für den Sommeranfang.

In Großbritannien ist es unterdessen für das dortige nationale Umweltamt bereits ausgemacht, dass die schweren Niederschläge in den nächsten Jahren zunehmen werden, wie The Independent berichtet. Am Freitag ging dort mancherorts das Dreifache des normalen Juli-Niederschlags nieder. Eine Autobahn sowie andere wichtige Straßen und Eisenbahnlinien mussten gesperrt werden und Tausende verbrachten die Nacht in Notunterkünften. Hubschrauber des Seenotrettungsdienstes waren im Einsatz, um Flutopfer im Landesinneren in Sicherheit zu bringen. Nach einer Studie der Universität von Newcastle muss Großbritannien in den nächsten Jahrzehnten vermehrt mit derlei monsunartigen Regenfällen rechnen. Erst am 25. Juni war es zu vergleichbaren Güssen gekommen.

Seit Anfang der 1960er hat sich auf den britischen Inseln nach den Berechnungen der Klimaforscher die Intensität der Niederschläge bereits verdoppelt und die Häufigkeit der schwersten unter ihnen vervierfacht. Die Erklärung ist einfach: Durch die Erwärmung des Klimas ist mehr Energie in der Atmosphäre, die Stürme haben also mehr Kraft. Außerdem verdunstet bei größerer Wärme mehr Wasser über dem Meer, dessen Dampf durch die höhere Temperatur der Atmosphäre von der Luft besser aufgenommen werden kann.

Pannenserie bei AKWs

Derweil bläst man hierzulande munter weiter Klimagase in die Luft, wobei die großen Stromkonzerne die Quadratur des Kreises schaffen: Einerseits wollen sie, dass ihre überaus profitablen Atommeiler länger als vorgesehen laufen können, und begründen dieses Ansinnen damit, dass diese kein Kohlendioxid emittieren würden. Dabei wird allerdings unterschlagen, dass auch für Bau, Transport, Uranabbau und -Verarbeitung Emissionen anfallen, und zwar je nach Herkunft des Urans 32 bis 65 Gramm pro erzeugter Kilowattstunde. Andererseits setzen die Energieversorger alles daran, die AKWs, die in den nächsten Jahren aufgrund der Regelungen des Atomausstieggesetzes stillgelegt werden, durch Kohlekraftwerke zu ersetzen. Besonders negativ tun sich in diesem Zusammenhang RWE und Vattenfall hervor, die neue Braunkohlemeiler bauen, bzw. planen. Aufgrund des extrem schlechten Brennwertes dieser minderwertigen Kohle werden aktuell in einem entsprechenden Kraftwerk (incl. Abbau etc.) durchschnittlich 1150 Gramm pro Kilowattstunde emittiert.

Derzeit sorgt Vattenfall allerdings eher mit seinen alten Atommeilern an der Unterelbe für Aufmerksamkeit. Auch in der vergangenen Woche schaffte es der Konzern fast jeden Tag in die Schlagzeilen. Inzwischen ist man in der Branche reichlich ungehalten, denn der Image-Schaden färbt auf die Atomkraftwerke der anderen Stromkonzerne ab. Derweil versucht sich Vattenfall-Chef Lars Göran Josefsson zur Abwechslung mal in Transparenz: Seit einigen Monaten hatte sein Unternehmen diverse Gerichte bemüht, um die Veröffentlichung einer voluminösen Mängelliste des AKW Brunsbüttel zu verhindern. Nun gab er endlich der Forderung der Deutschen Umwelthilfe nach, die seit dem Unfall im schwedischen Vattenfall-AKW Forsmark im Juli 2006 und den nachfolgenden hierzulande verbreiteten Unwahrheiten über die Ausrüstung des AKW Brunsbüttel, die Herausgabe der Liste gefordert hatte.

Mit der Liste hat es eine besondere Bewandtnis: Im Juni 2001 führte das Unternehmen am AKW Brunsbüttel eine so genannte periodische Sicherheitsüberprüfung durch. Die Ergebnisse müssen der zuständigen Aufsichtsbehörde – in Schleswig-Holstein ist dies das Sozialministerium – vorgelegt werden, das gegebenenfalls Schritte zur Erhöhung der Sicherheit anordnet. Für gewöhnlich soll dieser Prozess nach zwei Jahren abgeschlossen sein, heißt es bei der DUH. Anders jedoch in Brunsbüttel, wo es ein knappes halbes Jahr nach dem Sicherheits-Check zu einer Wasserstoffexplosion ganz in der Nähe des Reaktordruckbehälters gekommen war. Der Meiler stand daraufhin etwa ein Jahr still, nach dem das Ministerium die Abschaltung erzwang.

Im Sommer 2006, Brunsbüttel war längst wieder am Netz, wurde dann die Existenz einer Liste mit hunderten „offener Punkte“ bekannt, die noch aus dem Prozess der Sicherheitsüberprüfung stammt und deren Abarbeitung mittlerweile fünf Jahre dauerte. Jahrelang hatte die Öffentlichkeit von dem Vorgang keine Kenntnis, bis die zuständige Ministerin Gitta Trauernicht die Liste in einem Zeitungsinterview erwähnte. Aufmerksam geworden beantragte daraufhin die DUH Akteneinsicht nach EU-Umweltinformationsrecht. Trauernicht stimmte dem Anliegen der DUH nach einigem Zögern zu. Doch dann blockierte Vattenfall die Herausgabe der 956 Seiten umfassenden Unterlage aus dem Juni 2006 mit einer Klage.

Die Liste ist auch ein Jahr später noch nicht abgearbeitet, aber nun wurde die Klage gegen ihre Veröffentlichung zurückgezogen, nach dem der Konzern aufgrund seiner Informationspolitik nach den neuerlichen Unfällen in Krümmel und Brunsbüttel nicht mehr aus der Schusslinie der öffentlichen Kritik kam. Die Umweltschützer sehen sich bestätigt. Die Mängelliste betreffe „praktisch alle Kernbereiche der Rektorsicherheit. Besonders kritisch sind nicht erbrachte Bruchsicherheitnachweise im Rohrsystem, Werkstoffprobleme, Mängel in der Elektro- und Leittechnik, sowie die Verwundbarkeit gegen Terroranschläge. Insgesamt zählten die Sicherheitsexperten zum Stichtag 21. Juni 2006 rund 650 offene Punkte – von denen sich 165 als besonders prekär erwiesen. Sie gehören zur so genannten Kategorie 2 ('Nachweisdefizit, das kurzfristig zu beseitigen ist')“, heißt es bei der DUH.

„Wir verlangen, dass die schleswig-holsteinische Sozialministerin Gitta Trauernicht Vattenfall zur Vorlage sämtlicher Sicherheitsnachweise der Kategorie 2 binnen vier Wochen veranlasst. Wenn der Konzern bis dahin nicht liefert, muss der Reaktor abgeschaltet werden“, erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Wenige Tage später war diese Forderung schon fast von der Realität überholt: Am Samstag musste Brunsbüttel einmal wieder vom Netz genommen werden. An Rohren des Notsystems seien fehlerhafte Halterungen entdeckt worden, weshalb eine Überprüfung notwendig werde. Dafür müsste aber der Sicherheitsbehälter begangen werden, was während des Betriebs nicht möglich ist. Wie lange das AKW still stehen wird, ist noch unklar.

Auch in Japan stehen derzeit einige AKW still. Wie im Energie- und Klima-Blog Link auf /tp/blogs/2/93026, hat man dort das weltweit größte AKW direkt auf eine Verwerfung in der Erdkruste gebaut. Heraus kam das Ganze durch ein Erdbeben, über dessen Folgen die Betreiber die Öffentlichkeit Link auf /tp/blogs/2/92895, wie es Vattenfall mit den Unfällen in Krümmel und Brunsbüttel getan hatte. Auch in Japan verstärkt der Vorfall offensichtlich massiv die Ängste und Vorbehalte in der Bevölkerung gegen die Nutzung der Atomkraft, wie die Nachrichtenagentur IPS berichtet. Die Regierung könnte daher Schwierigkeiten bekommen, an ihren Plänen für neue AKWs festzuhalten.

Konflikte um Ölfund

Auf ganz andere Art konfliktträchtig erweisen sich hingegen Ölvorkommen in Uganda, wie die dortige Zeitung Daily Monitor berichtet. Im Westen Ugandas, im Buliisa-Distrikt, war es in den letzten Wochen zu Zusammenstößen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen gekommen. Dabei ging es vordergründig um eine Auseinandersetzung zwischen Bauern und Viehzüchtern um Landnutzungsrechte.

Lokalpolitiker sind sich allerdings sicher, dass die Viehzüchter von mächtigen Hintermännern in der Hauptstadt unterstützt werden, denen es um viel mehr geht: Daily Monitor erfuhr nämlich, dass unter dem umkämpften, etwa 40 Quadratkilometer großen Landstück Öl und Gas zu finden ist. Die Distriktregierung war erst Anfang Juli über die Ergebnisse der Explorer informiert worden. 17 Jahre hatte man in der Region nach Öl gesucht. Nun wird erwartet, dass bereits 2009 Bohrtürme errichtet werden können. Vorher müssen allerdings die Besitzrechte geklärt werden, und damit dies nicht weiter mit Waffengewalt versucht wird, hat die Regierung in Kampala ein großes Polizeiaufgebot geschickt.