Verbrechen scheint sich für untere Einkommensschichten zu lohnen
Nach einer Studie von Kriminologen verdienen Räuber, Diebe oder Drogenhändler mehr als Arbeitnehmer ohne oder mit Highschool-Abschluss
Nach einem Sprichwort heißt es, Verbrechen lohnt sich nicht. Damit ist vor allem gemeint, dass Verbrecher damit rechnen müssen, gefasst und bestraft zu werden, aber die Frage ist natürlich auch, ob eine berufsmäßig ausgeübte Verbrechenskarriere dem Einkommen nach lohnend ist. Dass organisierte Kriminalität für die oberen Ränge, aber auch Betrug im Internet oder im Finanzsektor reich machen können, weiß man. Verlässlichen Statistiken über die kleineren Durchschnittskriminellen gibt es aus verständlichen Gründen nicht.
In den USA verlangt allerdings die Steuerbehörde, dass auch illegal erworbenes Einkommen gemeldet und versteuert werden muss. Genannt wird beispielsweise Geld, das durch den Verkauf illegaler Drogen verdient wird. Das müsse in der Steuererklärung "Form 1040, Zeile 21" oder im "Schedule C oder Schedule C-EZ" eingetragen werden, falls es durch selbständige Arbeit eingenommen wurde. Das wird selbstverständlich kaum wahrgenommen, manchmal aber doch, berichtet CNN, nämlich geben festgenommene Kriminelle ihre Einnahmen manchmal an, um nicht zusätzlich wegen Steuerhinterziehung eine Strafe aufgebrummt zu bekommen.
Gelegentlich geben jedoch Kriminelle Auskunft über ihre Verdienste. Die Kriminologen Holly Nguyen und Thomas Loughran von der der Penn State University haben zwei dieser Umfragen unter "aktiven Kriminellen" ausgewertet, die für Langzeitstudien gemacht wurden und deren Veröffentlichung (1980 und 2010) 30 Jahre auseinanderliegt. Fast alle derjenigen, die Auskunft über ihre Tätigkeiten und ihre illegalen und legalen Einnahmen machten, waren männliche Schwarze und ein geringerer Anteil an Latinos. Es geht also um das kriminelle Einkommen von Männern, die aus Minderheiten stammen.
Das Einkommen von Kriminellen genauer abschätzen zu können, sei wichtig, schreiben sie in ihrem Beitrag für die Zeitschrift Criminology, weil damit die rationale Entscheidung der Kriminellen, das Aussteigen aus der kriminellen Karriere oder deren Beibehalten kriminologisch untersucht werden könnte. Für die Studien wurden 585 bzw. 1509 aktive Kriminelle befragt. Die Auskünfte seien, so die Wissenschaftler aufgrund von Vergleichs- und Konsistenzprüfungen, einigermaßen verlässlich. So wurden die Kriminellen einmal gefragt, wie viel sie am Tag, in der Woche oder im Monat einnehmen, und später noch einmal für einen anderen Zeitabschnitt, um Über- oder Untertreibungen oder Falschangaben besser feststellen zu können.
Wie in der normalen Arbeitswelt auch, gibt es auf dem Markt der Kriminalität je nach ausgeübter Tätigkeit teils große Einkommensunterschiede. Die Kriminologen haben das wöchentliche Einkommen abgeschätzt und kommen bei Straftaten, die keine Gewalt einschließen, beispielsweise Diebstahl, Raub oder Drogenhandel, auf immerhin durchschnittlich 900 US-Dollar pro Woche.
Die Hälfte der Befragten hatte keinen Highschool-Abschluss. Nach Statistiken des Bureau of Labor Statistics (BLS) liegt der (legale) Medianverdienst von Menschen ohne Highschool-Abschluss bei knapp unter 500 US-Dollar, gleichzeitig ist diese Schicht mit einem Anteil von 8 Prozent am häufigsten von Arbeitslosigkeit betroffen. Aber auch wer einen Highschool-Abschluss hat, verdient mit 678 US-Dollar weniger als das Einkommen der Kriminellen, das die Wissenschaftler ausgerechnet haben.
Konfrontiert mit einem höheren Risiko der Arbeitslosigkeit und einem geringeren Einkommen wäre es dann wohl für einen homo oeconomicous, der seinen Nutzen maximiert, rational. Eine kriminelle Karriere zu beginnen. Allerdings setzt diese auch Erfahrung und Kenntnisse voraus, wenn sie erfolgreich sein soll, zudem gehen eben andere Risiken damit einher als bei legalem Broterwerb. Zu vermuten ist allerdings auch hier, dass die kriminellen Einkommen mit dem Bildungsgrad steigen werden.