Vereinigte Arabische Emirate: Spekulationen über ein Milliardenangebot an Baschar al-Assad
- Vereinigte Arabische Emirate: Spekulationen über ein Milliardenangebot an Baschar al-Assad
- Aufziehende Konflikte in Libyen
- Auf einer Seite lesen
Das Ziel: Die Türkei ausspielen. In Libyen baut sich ein neuer Konflikt auf
Von der Führung der Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) heißt es, dass man dort aus den Ereignissen im Jahr 2011 - häufig mit den Schlagworten "Arabellion" oder "Arabischer Frühling" bezeichnet -, den Schluss gezogen hat, autoritäre Herrschaftssysteme zu unterstützen, der Stabilität zuliebe.
Mit dieser "Politik der Stabilität" sind eigene geopolitische Interessen verbunden. Sie erkennen in den vom "Arabischen Beben" (Rainer Hermann) aufgerissenen Instabilitäten neue Expansionsmöglichkeiten. Die Fäden, die die Emirate im Hintergrund ziehen, würden der internationalen Öffentlichkeit erst so langsam klar, sagen Analysten des Konflikts in Libyen.
Als ein Indiz dafür, dass sich die VAE geschickt im Hintergrund halten können, werden zum Beispiel die Äußerungen des französischen Präsidenten herangezogen. Macron skandalisiere zwar die unerlaubten Waffenlieferungen der Türkei nach Libyen, über die Waffenlieferungen der VAE in das nordafrikanische Land aber höre man von ihm kein öffentliches Wort der Entrüstung. Die Vereinigten Arabischen Emirate unterstützen ebenso wie Frankreich Khalifa Haftar, dessen Truppen Gegner der libyschen Einheitsregierung (GNA) sind.
Angebot: 3 Milliarden US-Dollar für eine Offensive in Idlib
Eine schier unglaubliche Nachricht zeigt auf, wie weit die Hintergrundfäden der Emirate gespannt sind - und mit welchem Einsatz gepokert wird. Es geht darin um Syrien. Angeblich hat Mohamed bin Zayed, Kronprinz des Emirats Abu Dhabi und Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate, dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Mitte März ein ungewöhnliches Angebot gemacht: 3 Milliarden US-Dollar, wenn die Kämpfe in Idlib wieder aufgenommen werden.
Davon berichtete Middle East Eye am 8. April dieses Jahres und die Nachricht wird aktuell vom französischen Magazin OrientXX wieder aufgenommen. Der Deal, so Middle East Eye (MEE) Anfang April, sei unter "strengsten Geheimhaltungen" vonstattengegangen, weil sein Inhalt die russische Führung wie die amerikanische und die türkische Führung verärgern würde, das war den Beteiligten klar.
Das Ziel bestand nämlich darin, die Waffenstillstandsvereinbarung über Idlib zwischen Russland und der Türkei zu hintertreiben und die Türkei durch einen aufwendigen, kostenintensiven Einsatz auf dem Kampffeld Idlib vor Schwierigkeiten für die Versorgung ihrer Militäroperationen in Libyen zu stellen. Dort unterstützt die Türkei den Gegner der VAE, die Einheitsregierung unter Sarradsch.
Offenkundig ist die Rechnung in Syrien nicht aufgegangen. Es kam zu einem Abkommen zwischen Putin und Erdogan zu Idlib, die abgemachte Waffenruhe hält im Großen und Ganzen, eine weitere größere Offensive der syrischen Armee, die Kräfte der Türkei gebunden hätte, gab es nicht.
Die Verärgerungen im Hintergrund, von denen MEE erzählt, klingen etwas nach Revolverblatt - "Putin was furious". Anderseits gab es Ende März wirklich einen Überraschungsbesuch des russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu in Ankara, der den Medien Fragen aufgab. Laut MEE sollte er auf Order Putins der Regierung in Damaskus verdeutlichen, dass eine neue Idlib-Offensive nicht im Interesse Russlands ist.
Allein dies validiert den Bericht über das Milliardenangebot noch nicht als "belastbar echt". Er stützt sich auf ungenannte Quellen, die angeblich in den Plan des Kronprinzen eingeweiht waren - selbstverständlich aus höchsten Kreisen. Auch ein türkischer Vertreter wird erwähnt, der die Infos bestätigt. Auch das lässt sich nicht überprüfen. Leicht als bloße Fama oder Gerücht abzutun ist der Bericht aber nicht, da die Mitarbeit von Ragip Soylu genannt wird. Der türkische Journalist verfügt über sehr gute Kontakte zu Regierungskreisen in Ankara und streut immer wieder Interna, die dann zwar nicht in allen Details stimmen, aber meist die richtige Spur beschreiben.
Und die führt in diesem Fall zu engeren Verbindungen als gedacht zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Regierung Baschar al-Assads, die im oben genannten Bericht des französischen Magazins weiter ausgeführt werden.
Die Verärgerung der USA
Dass die VAE großes Geld an die syrische Regierung - angeblich wurden bereits 1,25 Milliarden US-Dollar an Damaskus bezahlt - weitergibt, verärgert die USA. Dort will man die syrische Regierung mit den aktuellen Sanktionen, die schon seit Monaten angesagt wurden, in eine Position bringen, die laut dem US-Syriensondergesandten James Jeffrey, derjenigen der japanischen Regierung am Ende des zweiten Weltkriegs gleichkommen soll. Washington verzichtet auf den "Regime Change" und will Kapitulation?
Besonders James Jeffrey gab Zeichen der Verärgerung. Er mahnte die VAE in jüngster Zeit ausdrücklich, dass auch sie sich an die Sanktionen gegen Syrien halten soll. Jeffrey bestätigt damit, dass das Verhältnis zwischen den VAE und der Herrschaft in Damaskus mit Argwohn betrachtet wird - einerseits.
Anderseits: Es gibt eine außenpolitische Ausrichtung der Vereinten Arabischen Emirate, die gut zu dem großen strategischen Nahost-Schwerpunkt der USA passt. Dass man sich in Israel über die Erklärung eines neuen autonomen Staatsgebiets im Jemen freut, bei der der von den VAE unterstützte Südlichen Übergangsrat (Southern Transitional Council, STC) die Hauptrolle spielt, ist Teil einer Beziehungsgeschichte, an der den USA sehr gelegen ist: die Annäherung der VAE an Israel. (In der staatlichen türkische Nachrichtenagentur AA wird dagegen herausgehoben, dass die Vorgänge in Socotra von der jemenitischen Regierung als Coup bezeichnet werden).
Indessen bauen sich in Libyen die nächsten Spannungen auf.