Vergrault Trump seine Stammwähler auf dem Land?

Bild: Laura Seaman / Unsplash

Die Republikaner demontieren die staatliche Institution US-Post. Dabei ist sie die Lebensader der ländlichen Regionen

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Kürzlich sagte US-Präsident Donald Trump beim Sender Fox News, was er immer sagt, wenn es ein Problem gibt: "Ich will die Post wieder großartig machen, OK?" Das komme wie ein Witz daher, gestand er, aber das sei die Wahrheit. Doch so wie auch die USA vor der Wahl ist die US-Post in keinem ungroßartigen Zustand.

Die USPS bearbeitet 47 Prozent der weltweiten Postsendungen und stellt jährlich fast 150 Milliarden Poststücke zu. Es stellt in sechzehn Tagen mehr zu, als UPS und FedEx zusammen in einem Jahr verschicken. Die Agentur beschäftigt über eine halbe Million Mitarbeiter, die auf fast 31.000 Filialen verteilt sind. Postämter gibt es in jedem Bundesstaat, in weitläufigen Indianerreservaten und in abgelegenen Schutzgebieten. Wenn es sich um ein privates Unternehmen handeln würde, würde die Post etwa auf Platz vierzig der Fortune 500 rangieren.

Der USPS erhält keine Steuerdollars für Betriebsausgaben und stützt sich stattdessen auf den Verkauf von Porto, Produkten und Dienstleistungen. Lange reichte das aus, und die Post arbeitete in den schwarzen Zahlen. Doch die USPS steckt tief in der Krise, im Jahr der Pandemie, da Schecks, Testergebnisse und Medikamente auszuliefern sind, und im Jahr der Präsidentschaftswahl, bei der eine Rekordbeteiligung durch Briefwahlen erwartet wird. Bei der Wahl 2016 hatten bereits ein Viertel der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme per Post abgegeben, etwa 33,6 Millionen Menschen. Diesmal dürfte die Zahl bei Weitem höher liegen. Das lassen die bisherigen Vorwahlen vermuten: In Kentucky sind 85 Prozent aller Stimmen per Brief eingegangen, in Michigan 64 Prozent, in Vermont ebenfalls.

Trump hat wiederholt die Gültigkeit der Briefwahl infrage gestellt und behauptet, sie führe zu Betrug. Er gibt offen zu, dass er ihr daher die finanziellen Mittel verweigert. Ob die Verhinderung eines reibungslosen Ablaufs der Briefwahl zum Vehikel für Trumps Wahlsieg wird, sei dahin gestellt. Auch nach der Wahl sieht die Zukunft der Post düster aus. Das hat mehrere Gründe, der gewichtigste von ihnen ist ein Gesetz aus dem Jahr 2006: Postal Accountability and Enhancement Act (PAEA).

US-Post-Gesetz von 2006

Ein republikanisch dominierter Kongress verabschiedete 2006 ein finanziell belastendes Gesetz, das die USPS verpflichtet, Gesundheitsleistungen für künftige Rentner für 75 Jahre im Voraus zu finanzieren. Kein anderes Unternehmen in den USA wird zu Ähnlichem gezwungen. Ohne dieses Gesetz würde die Post Gewinn machen, heißt es von vielen Experten. In der Tat erzielte sie 2006 noch einen Gewinn von 900 Millionen Dollar, drei Jahre später waren es 3,8 Mrd. Verlust. Der USPS verlor zwischen 2007 und 2016 insgesamt über 62 Milliarden Dollar, davon verbuchte die Vorfinanzierung der Gesundheitsleistungen 55 Milliarden Dollar. Obwohl der USPS in den meisten Jahren einen Betriebsgewinn erzielt, ist er mit einem riesigen Defizit belastet.

Doch obwohl das Geld für künftige Rentner der Post vorgesehen ist, werden die Gelder stattdessen umgeleitet, um zur Tilgung nationaler Staatsschulden beizutragen. Die PAEA verlangte, dass die Post die Gelder ihrer Pensionskasse ausschließlich in Staatsanleihen anlegt, mit einer dürftigen Rendite von etwa 1,5 Prozent. Auch diese Praxis ist exklusiv nur der USPS vorbehalten. Der USPS muss im Endeffekt noch mehr Geld beiseitelegen. Das Gesetz von 2006 soll letztlich für fast 90 Prozent der Verluste verantwortlich sein.

Lebensader auf dem Land

Das Postamt gehörte in den meisten amerikanischen Gemeinden zu den ersten öffentlichen Gebäuden, doch bald könnten sie zu den letzten gehören, die nach Schul- und Kirchenschließungen vollends die Tristesse der leeren Dörfer besiegeln. Dort, fernab der großen US-Städte, wo Trump wie überhaupt die Republikanische Partei so beliebt ist, ist die Post für viele unverzichtbar.

Laut einer Studie des Pew Research Center haben 15 Prozent der US-Amerikaner keinerlei Zugang zum Internet. Vor allem ältere Einwohner aus ländlichen Regionen mit niedrigem Einkommen sind auf den Postboten angewiesen. Nach Angaben des Census Bureau lebt mehr als jeder fünfte ältere Amerikaner in ländlichen Gebieten. Da die meisten großen Zustellunternehmen wie FedEx oder UPS nicht in ländliche Gebiete liefern, tragen Postangestellte ihre Pakete für die sogenannte "letzte Meile".

Allerdings haben die Pandemie und die Umstrukturierungsmaßnahmen des neuen Postmaster General DeJoy die Verzögerungen bei der Zustellung im ganzen Land noch verschärft. Zu den Sorgen der Menschen auf dem Land gehört auch die Belieferung durch den USPS mit Medikamenten. 2019 liefert der USPS über 1,2 Mrd. Medikamente aus. Laut dem Kriegsveteranenministerium der Vereinigten Staaten (VA) ist der USPS für etwa 90% aller Medikamentenzustellungen an Veteranen verantwortlich. Letztes Jahr kam ein Viertel dieser Zustellungen verspätet an. Veteranengruppen äußerten sich empört darüber, dass es zu Lieferverzögerungen beim Erhalt kritischer Medikamente kam.

Trump jedoch will die allseits beliebte Post nicht retten, er will sie großartig machen. Man sollte meinen, dass die Republikanische Partei, die auf die übermäßige Wählerschaft auf dem Land angewiesen ist, besonders um den Erhalt der sogenannten "Lebensader" Amerikas bemüht ist. Schließlich halten Trump und die Republikanische Partei gerne in ländlichen Gemeinden Wahlkampfreden darüber, wie sehr sie mit der ländlichen Lebensweise verbunden sind. Aber die typischen ideologischen Bedenken scheinen stärker, wenn es um die Rettung des USPS geht: Die Post ist, obwohl sie keine Steuergelder verwendet, ein staatlicher Dienst und daher per se schlecht. Für sie ist die Post ein failing business, das im Gegensatz zu Boeing nicht verdient hat, gerettet zu werden.

Wie Trump daher geschäftsmännisch fordert, sollte die Post von Leuten geführt werden, die damit Geld verdienen können. Das solle etwa der aktuelle Post-Chef Louis DeJoy sein. Die Postaufsichtsbehörde besteht normalerweise aus elf Personen. Dazu zählen neun Gouverneure, ein Postmaster General und ein stellvertretender Postmaster. Es dürfen nicht mehr als fünf Gouverneure Anhänger derselben politischen Partei sein. Derzeit zählt die Aufsicht nur insgesamt neun Personen. Ihre sieben Gouverneure wurden alle von Trump ernannt. Fünf sind Republikaner, zwei Demokraten. Louis DeJoy, Chef der US-Post, wurde von diesen sieben gewählt. Louis DeJoy, ein Trump-naher Großspender der Republikaner, soll die Restrukturierung der US-Post vorantreiben.

"Die Post, wir wollen, dass sie effizient läuft, dass sie gut läuft, dass sie für weniger Geld läuft, viel besser, dass sie sich immer um unsere Postangestellten kümmert", sagte Trump bei Fox News. Und um zu argumentieren, dass der Postdienst privatisiert werden muss, müssen die Konservativen zeigen, dass er dysfunktional ist. Dafür gibt es keinen besseren Weg, als das Staatsunternehmen mit unmöglichen finanziellen Verpflichtungen zu belasten. Den Anfang machte die Bush-Regierung. Unter Obama schaute man nur zu. Unter Trump wird sie demontiert. Die Zukunft der Post liegt auch vor den US-Wahlen in Trumps Händen.

Das von den Demokraten geführte US-Repräsentantenhaus hat am Samstag für ein Gesetz gestimmt, das der hoch verschuldeten US-Post (USPS) 25 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen soll. Zusätzlich wird der Post verboten, weniger Dienstleistungen als zu Jahresbeginn anzubieten, dadurch soll ein reibungsloser Ablauf bei den Briefwahlen gewährleistet werden. 26 Abgeordnete der Republikanischen Partei stimmten gegen ihre Parteilinie und für das von den Demokraten initiierte Gesetz.

Der republikanisch dominierte Senat wird das Gesetz aller Voraussicht nach blockieren. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erklärte bereits, die Parlamentskammer werde dem Gesetz nicht zustimmen. Das Weiße Haus erklärte, Trump würde ebenfalls sein Veto einlegen.