Verteidigungsministerium veröffentlicht Fahrplan zur Drohnenbewaffnung
Im Eiltempo will die Regierungskoalition vor der Bundestagswahl die Einführung von Kampfdrohnen beschließen. Immer mehr SPD-Abgeordnete positionieren sich dagegen
Am 16. Dezember sollen der Haushalts- und der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestags endgültig über die Bewaffnung der aus Israel stammenden Drohnen HERON TP für die Bundeswehr entscheiden. Das Verteidigungsministerium hat dem Finanzministerium vor zwei Wochen eine Beschlussvorlage geschickt, die jetzt dem Bundestag zur Abstimmung zugeleitet wird. Wie teuer die Bewaffnung wird ist unklar, allein die Aufhängepunkte für die gewünschten Raketen haben 50 Millionen Euro gekostet. Alle Details zu der Munition sind als geheim eingestuft.
Zur Vorbereitung der Abstimmung hat die Bundesregierung mit Israel eine Regierungsvereinbarung aktualisiert. Sie regelt die Ausbildung des deutschen Personals durch die israelische Luftwaffe und galt bislang nur für die unbewaffneten HERON TP, die von der Bundeswehr vor zwei Jahren bestellt worden sind. Der Vertrag wird nun um die Beschaffung und Bereitstellung von Munition, "entsprechender technischer Zusatzausstattung" sowie eine "bewaffnungsspezifische Ausbildung" ergänzt.
Einsatzbereit ab 19. März
In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage hat der Staatssekretär Thomas Silberhorn jetzt den Fahrplan für die Bewaffnung skizziert. Demnach werden vier der fünf HERON TP ab dem 19. März in ihrer unbewaffneten Ausführung in Tel Nof "zur Nutzung bereitgestellt". Auf dem dortigen Militärflughafen hat die Bundeswehr vor zwei Jahren einen Stützpunkt bezogen, für die Stationierung haben die beiden Regierungen eine sogenannte Programmabsprache getroffen. Die volle Einsatzbereitschaft als Spähdrohnen ist laut Silberhorn zunächst für zwei HERON TP vorgesehen.
Der Zulauf der ersten Drohnen beginnt den ursprünglichen Plänen zufolge aber schon in diesem Jahr. Bis März durchlaufen sie dann verschiedene Tests, bei denen vermutlich auch der Rüstungskonzern Airbus als Hauptauftragnehmer des Bundeswehrauftrags Flüge mit den Drohnen durchführt. Dabei wird die Einhaltung der deutschen Anforderungen geprüft. Zu Fragen der Munitionierung hat die Bundeswehr ein "Waffensystemunterstützungsteam Unmanned Aerial Systems" (WaSy-sUstgT UAS) eingerichtet, das die Luftfahrzeuge einer Prüfung für den Einsatz als Kampfdrohne unterzieht.
Nach derzeitigem Stand werden in Tel Nof 60 Luftfahrzeugbesatzungen für die HERON TP ausgebildet. Sie bestehen aus Piloten und Nutzlastbedienern, die für die Überwachungssensorik zuständig sind. Nach dem Bundestagsbeschluss wird die Crew mit Waffenbedienern ergänzt. Für die Konzeption ihrer "waffenspezifischen Grundlagenausbildung" ist die deutsche Luftwaffe zuständig, die für die Erstellung sechs Monate veranschlagt.
Ohne Kampfdrohnen "zum Zusehen verdammt"
Wie defensiv oder offensiv die Ausbildung zum Waffeneinsatz angelegt ist, soll vom jeweiligen Mandat abhängen. Die Bundeswehr gibt an, Kampfdrohnen in Afghanistan und Mali zur Bewachung von Militärbasen und zur Begleitung von Konvois einsetzen zu wollen. Im Bericht zur "Drohnendebatte", den das Verteidigungsministerium nach einer Reihe von Veranstaltungen für den Bundestag erstellt hat, wird aber auch die Wut der Luftwaffe beschrieben, die mangels bewaffneter Drohnen "zum Zusehen verdammt" ist. Deshalb sollen diese bei Tag und Nacht über dem Einsatzgebiet kreisen und bei Bedarf jederzeit zuschlagen können.
Laut der nun vorliegenden Antwort könnten die deutschen Kampfdrohnen auch in Nachbarländern des Mandatsgebietes eingesetzt werden, sofern die Zustimmung der dortigen Regierung vorliegt. In Mali hat die Bundeswehr mit ihren dort geflogenen HERON 1 in mindestens einem Fall bereits einen Einsatz im benachbarten Niger durchgeführt, dieser habe der "Überwachung bekannter Schmugglerwege" gedient. Die Anzahl dieser Flüge herauszubekommen, ist unmöglich, da diese von der Luftwaffe nicht für Statistiken protokolliert werden.
Unbekannte Einsatzregeln
Einsätze von Kampfdrohnen in fremdem Hoheitsgebiet kämen laut Staatssekretär Silberhorn außerdem in einer "Selbstverteidigungssituation" in Betracht. Möglich ist ihr Einsatz auch in Kommandostrukturen, die wie in Afghanistan unter Führung internationaler Truppen erfolgen. Hierzu soll die Bundeswehr "ergänzende spezifische Regelungen" erlassen, damit die deutschen Vorgaben für bewaffnete Drohnenflüge eingehalten werden. Dies könnte etwa durch die Stationierung von Verbindungsbeamen erfolgen.
In der 150.000 Euro teuren "Drohnendebatte" hat das Verteidigungsministerium betont, dass "außerrechtliche Tötungen und völkerrechtswidriges Handeln insgesamt allem widerspricht, wofür die Bundeswehr steht". Näheres sollen Einsatzregeln für die bewaffneten deutschen HERON TP bestimmen und damit die politischen und rechtlichen Vorgaben umsetzen. Diese "Rules of Engagement" werden aber erst nach dem Bundestagsbeschluss am 16. Dezember erstellt und sind den Abgeordneten deshalb noch nicht bekannt.
Widerstand von SPD-Basis
Angeblich sei die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Herbst aus dem Verteidigungsausschuss aufgefordert worden, eine Beschlussvorlage für die Drohnenbewaffnung zu erstellen. Sie soll einen sogenannten Maßgabenbeschluss des Haushaltsausschusses aufheben.
Dem widerspricht der SPD-Berichterstatter für die Bereiche Luftwaffe und Rüstungskontrolle, Karl-Heinz Brunner und wirft ihr einen "Wahlkampfmodus" vor. Mit der angeblichen Bitte um die Vorlage hat Brunner recht, denn grünes Licht kam nur von Fraktionschef Rolf Mützenich, der dies aber nur in einer SPD-Runde kundgetan hatte. Dass die Koalition sich mit dem Beschluss für die Kampfdrohnen so beeilt, ist aber vermutlich eher das Gegenteil von "Wahlkampfmodus", denn das Thema soll aus der nahenden Bundestagswahl herausgehalten werden.
Widerstand kommt nun aus der linken SPD-Strömung DL 21, die eine Resolution gegen die Drohnenbewaffnung gestartet hat. Unter dem Motto "Sozialdemokraten gegen Kampfdrohnen" haben mehr als 20 SPD-Mitglieder und Abgeordnete auf einer eigens eingerichteten Webseite einen Offenen Brief an die Bundestagsfraktion verfasst. Ein Nein zu bewaffneten Drohnen sei ein "Ja zu internationaler Kooperation für die Lösung der Zukunftsfragen". Dies würde auch andere Staaten zu einer solchen Entscheidung ermutigen.
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