Viele Farben: Blau

"Sonic Adventure" als Download für PS3 und XBox 360

"Sonic Colours" von Sega für Nintendo Wii und DS

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Sonic legte auf dem Sega Mega Drive seinerzeit einen famosen Start hin. Seit Sega keine eigenen Konsolen mehr herstellt und die Spiele zu Third-Party-Titeln auf Nintendos, Sonys und Microsofts Konsolen wurden, rutschte ihr Maskottchen in die Mittelmäßigkeit ab. Für "Sonic Colours" versuchten die Entwicklern aus den Fehlern der Vergangenheit und der berechtigten Kritik von Presse und Fans zu lernen.

Das Tempo, mit dem der blaue Igel durch die Level des ersten "Sonic the Hedgehog" rannte, stand sinnbildlich für die Geschwindigkeit von Segas erfolgreichster Konsole, dem Sega Megadrive (vgl. Mit der Fliegenklatsche gegen Nintendo). Seinerzeit sollte die 16-Bit-Konsole dem im Markt haushoch überlegenen Konkurrenten Nintendo und dessen 8-Bit NES Paroli bieten. Wer Sonic gespielt hat, bringt ihn unmittelbar mit dem rasanten Tempo der Level, dem Rennen durch Loopings und einem Gameplay, das ebenso vom Reaktionsvermögen wie von der Geschicklichkeit lebt, in Verbindung.

Als die Jump-And-Run-Spiele die dritte Dimension entdeckten, tat sich Segas Igel deutlich schwerer mit der Umstellung als Nintendos Mario und Ubisofts Rayman (vgl. Erfrischend skurriler Held). Ein Rezept der alten Titel war, dass die besonders rasanten Stellen vom Spieler weniger Präzision abverlangten. Die freiere Steuerung in dreidimensionalen Spielen verträgt sich weniger mit dem hohen Tempo.

Hinzu kamen zahlreiche Designfehler - allen voran Probleme mit der Perspektive. Eine gute Kameraführung gehört zu den wichtigsten Tugenden eines dreidimensionalen Jump-And-Run. Bei dem hohen Tempo der Sonic-Titel wäre sie unverzichtbar. Gleichzeitig enthüllte die scheinbar freiere Spielwelt, dass der Igel an vielen Passagen gar nicht auf die Eingaben vom Gamepad wartet, sondern quasi auf Autopilot läuft.

Auf der Dreamcast konnte "Sonic Adventure" dennoch glänzen. Trotz diverser Kameraprobleme und einer gelegentlich hakeligen Steuerung, gehört es zu den erfolgreichsten Dreamcast-Titeln und war vor gut zehn Jahren ein gutes Spiel. Die Portierung auf PS3 und XBox 360, die vor Kurzem als Download erschien, zeigt jedoch leider vor allem die Schwächen: Heutigen Jump-And-Run- Standards wird es - anders als beispielsweise "Super Mario 64" - nicht mehr gerecht.

Die meisten Sonic-Spiele der Post-Dreamcast-Ära, in denen der Igel auf fremden Konsolen rennen musste, brachten alten Fans des Igels eine Enttäuschung nach der anderen. Titel wie "Sonic Heroes" (vgl. Trio Infernal) oder "Sonic und die geheimen Ringe" (vgl. Igel der Ringe) waren mittelmäßig. Die neueren "Sonic und der schwarze Ritter" und "Sonic Unleashed" versuchten erfolglos neue Ideen einzubringen, vernachlässigten dabei die Kerntugenden und erhielten ein entsprechendes Echo in der Presse und von den verbliebenen hoffenden Fans.

Ebendies nahmen sich die Entwickler zu Herzen und setzten von Anbeginn für "Sonic Colours" auf die alten Kernelemente: Hohe Geschwindigkeit und interessantes Level-Design mit diversen alternativen Wegen, die zum wiederholten Spielen einladen. Auf störende Extras wie die Verwandlung in "Sonic Unleashed" verzichtet das zu Sega gehörende Entwicklerstudio Sonic Team bewusst. Auch spielen die anderen Charaktere nur Nebenrollen - der Spieler steuert im Story-Modus ausschließlich den Protagonisten.

Das Setting von "Sonic Colours" ist ein intergalaktischer Vergnügungspark. Sonics Nemesis Dr. Eggman ließ ihn angeblich bauen, um sich für den Ärger zu entschuldigen, den er in der Vergangenheit bereitet habe. Freilich steckt dahinter in Wirklichkeit wieder ein durchtriebener Plan des bösen Wissenschaftlers, den Sonic zusammen mit seinem Freund Tails durchkreuzen will.

Die Rahmenhandlung ist genreüblich sparsam. Zwar stammt das Skript aus der Feder von Ken Pontac und Warren Graff, die sowohl an Segas "Madworld" als auch den "Happy Tree Friends" mitgearbeitet haben, der Humor ist jedoch sehr kindgerecht. Die Geschichte dient als dünner, roter Faden, der das Setting rechtfertigt.

Die Regionen des Parks sind für die Handlung dabei ebenso irrelevant wie die unterschiedlichen Galaxien in "Super Mario Galaxy 2" (vgl. Mario, grüß mir die Sterne!). Sie sind schlicht die Basis für Abwechslung im Leveldesign. Der englische Ausdruck "Theme Park" bringt dies deutlicher auf den Punkt als die deutsche Vokabel "Freizeitpark".

Klassische Sonic-Themen sind dort ebenso vorhanden wie neue. Die vielleicht schönste Region besteht aus riesigen Süßigkeiten: Donuts als Loopings und gigantische Tortenstücke, in die sich Sonic hinein bohrt, um zwischen Sahne und Kiwis nach Ringen und Extras zu suchen.

Ein Igel in der Torte

Die Grafik ist dank der Wii-Exklusivität deutliche Oberklasse auf Nintendos Konsole. Die einzelnen Welten sind fantasievoll gestaltet und unterscheiden sich vor allem optisch deutlich. Jede Region hat ihre eigenen Spezialitäten wie Unterwasserpassagen oder Schweben im Weltraum. Mit der spielerischen Vielfalt eines "Mario Galaxy 2" kann Segas Titel aber nicht mithalten. Innerhalb der Welten wiederholen sich Standardpassagen zu häufig.

Das Leveldesign ist trotz der gelegentlich fehlenden Abwechslung gut gelungen. Eines der positiven Elemente von "Sonic Unleashed" war die Verschmelzung von 3D- und 2D-Passagen. Dieses Konzept verwendet auch "Sonic Colors". Die Kamera wechselt dabei scheinbar nahtlos von der freien dreidimensionalen Sicht und Spielweise in eine seitliche Perspektive mit einem Gameplay, das weitgehend dem der klassischen Sonic-Spiele entspricht.

Der Wechsel zwischen 3D- und 2D geschieht nahtlos

Ein interessantes neues Element sind die sogenannten Wisps. Diese außerirdischen Lebensformen verleihen Sonic Spezialkräfte, mit denen er sich beispielsweise in die Erde bohrt oder in eine Rakete verwandelt. Jeder der acht Außerirdischen hat seine eigene Farbe, daher der Name "Sonic Colours". Der Igel sammelt Wisp-Kapseln ein und aktiviert sie an der passenden Stelle. Um sie nutzen zu können, muss er jedoch erst das zughörige Wisp befreien.

So stößt Sonic anfangs häufiger auf leere Kapseln, die er nicht verwenden kann, da er den passenden Außerirdischen erst im späteren Spielverlauf trifft. Typischerweise befinden sich in der Nähe der Kapseln oft zunächst unerreichbare Gegenstände wie Spezialringe, mit denen der Spieler neue Optionen für das Bonusspiel Sonic Simulator freischaltet. Das erhöht freilich den Reiz, ein bereits bestandenes Level erneut zu betreten, sobald Sonic das entsprechende Wisp befreit hat.

Sonics Grundtugend, das hohe Tempo, stimmt anders als bei "Sonic Unleashed". Der Igel kann weitgehend auf Hochgeschwindigkeit laufen. Freilich gibt es als Unterstützung auch Stellen, in denen quasi der Autopilot anspringt und ein paar Sprungfedern den Helden durch schwindelnde Passagen lotsen, doch fühlt sich der Spieler nicht wie bei älteren 3D-Sonics betrogen und der Kontrolle entzogen, sondern darf schnell wieder ins Geschehen eingreifen. Einige eher auf präzise Steuerung ausgelegte Sequenzen bremsen den Igel in seinem Geschwindigkeitsrausch, nehmen aber nie wie die Nachtsequenzen in "Sonic Unleashed" länger das Tempo aus dem Spiel.

Bei allem Guten im Leveldesign stimmt jedoch die Balance nicht. Einige Level - auch gegen Ende - sind zu einfach, andere teils unfair schwer. Vor allem gibt es einen bitteren Wermutstropfen: Einige wenige Stellen führen zu einem scheinbar unkontrollierbaren Ableben des Helden. Damit sind nicht etwa spielerisch herausfordernde Passagen gemeint, die jedes Spiel braucht, sondern an diesen Punkten stirbt Sonic, ohne dass der Spieler wirklich nachvollziehen kann, warum oder wie er es beim nächsten Anlauf verhindern kann. An einer Stelle blockiert gar die gut gemeinte, eingeblendete Hilfe die freie Sicht auf die Bedrohung, wodurch je nach Timing das gezielte Ausweichen nahezu unmöglich wird.

Diese Designfehler sind zwar selten, aber unverzeihlich - insbesondere, da die einzelnen Regionen linear aufgebaut sind. Der Spieler kann also nicht wie bei anderen Spielen ein Level überspringen, das ihm momentan zu viel Kopfschmerzen bereitet, sondern muss sich durch jede Passage durchbeißen. Zwar kann er in der zweiten Spielhälfte beliebig zwischen den Regionen wechseln, muss diese aber jeweils in der vorgesehenen Reihenfolge durch spielen.

Die eigentliche Story mit sechs Welten, die wiederum jeweils aus sechs normalen und einem Boss-Level bestehen, dauert je nach Spielweise um die 10 Stunden. Die Suche nach allen Extras und die Jagd nach besseren Wertungen hält den Spieler darüber hinaus bei Laune. Dank des Erfolgserlebnisses, die zuvor unerreichbaren Gegenstände zu holen, machen manche Level beim zweiten Spielen mehr Spaß als beim ersten.

"Sonic Colours" hätte der große Wurf sein können. Die Entwickler haben zahlreiche gute Elemente eingebaut und gleichzeitig Spaßbremsen aus Titeln wie "Sonic Unleashed" vermieden. Zum ersten Mal in einem 3D-Sonic ist die Kameraführung durchgängig fehlerfrei und auch die Steuerung reagiert gut. Die Grafik ist für Wii-Verhältnisse überdurchschnittlich. Der Wiederspielwert ist hoch. Dennoch sind einige Schwächen unverkennbar: Das Level-Design ist inkonsistent und verwendet unnötige Wiederholungen. Die Bosskämpfe bieten zu wenig Abwechslung. Hinzu kommen die unnötigen Frustmomente. "Sonic Colours" ist ein großer Schritt in die richtige Richtung und das bisher beste dreidimensionale Spiel der Serie, reicht aber weder an "Super Mario Galaxy 2" noch an seine alte Größe heran.

Sega beschert seinem Maskottchen im Vorweihnachtsgeschäft zahlreiche weitere Auftritte. Gleichzeitig mit der Wii-Version erschien "Sonic Colours" für DS, das von dem Sonic-erfahrenen Studio Dimps entwickelt wurde. Es hat dasselbe Setting, ist aber zweidimensional und nutzt wie schon "Sonic Rush" beide Bildschirme zur Darstellung eines höheren Spielfelds.

Sonic Colours für DS

Neben dem Remake von "Sonic Adventure" gibt es mit "Sonic the Hedgehog 4, Episode 1" ein neues zweidimensionales Sonic-Spiel, das inhaltlich und spielerisch direkt an "Sonic & Knuckles" anknüpft, als Download für PS3, XBox 360, Wii und iOS. Das Wort "Episode" im Titel deutet schon auf ein Serienkonzept ähnlich den Adventures von Telltale Games hin (vgl. Reihenweise Abenteuer) . Entsprechend kurz ist die erste Episode mit zwölf normalen und vier Boss-Levels. Kein Jump-And-Run, sondern ein Rennspiel ist "Sonic Free Riders" für die XBox 360 mit Kinect.

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