Vierzehn Jahre Stückwerk
"Duke Nukem Forever" kann es nicht mit seinem Vorgänger aufnehmen
Unfassbar: Da stapeln sich Medien mit der grellroten Aufschrift „Duke Nukem Forever“ auf der Ladentheke. Hat es sich gelohnt, einen der beliebtesten Running Gags schlechthin einfach zu zerstören?
Nachdem der ursprüngliche Entwickler 3D Realms im Jahr 2009 mit der bitteren Erkenntnis „Wir haben’s einfach nicht drauf“ seine Bemühungen um die seit 1997 angekündigte Fortsetzung des klassischen Shooters Duke Nukem 3D eingestellt hatte, galt dies zunächst als endgültiger Todesstoß für das Projekt. Bis sich bald darauf Gearbox zu Wort meldeten, um anzukündigen, dass man Duke Nukem Forever nun zu Ende führen will.
Das texanische Studio hatte sich bereits mit seinen ersten Entwicklungen im Auftrag von Valve, den Add-Ons Half-Life: Opposing Force und Half-Life: Blue Shift, einen guten Namen bei den Freunden von First-Person-Shootern mit einem gewissen spielerischen Niveau gemacht.
Auch die hauseigene, mittlerweile drei Teile umfassende WW2-Serie Brothers In Arms fand viele Freunde, da Gearbox im Gegensatz zu den mehr und mehr Richtung Arcade Gameplay abdriftenden Konkurrenten wie Call Of Duty oder Medal Of Honor größten Wert auf eine so weit als möglich authentische Simulation des Kriegsgeschehens legte, sodass der Spieler auch auf der taktischen Ebene gefordert wurde. Noch einen Schritt weiter ging das 2009 erschienene Borderlands, ein eher bizarrer, comichaft anmutender Endzeit-Shooter mit starken Rollenspiel-Anleihen, dessen von Horden postatomarer Mutanten bevölkerten und mit „Mad Max“-Chic betörenden Spielwelten ein angenehm eigenartiges Spielerlebnis boten.
Duke Nukem 3D war ein sehr eigener Shooter - und mit Gearbox fand sich eine Firma, die geradezu darauf spezialisert scheint, sehr spezielle Spiele dieses Genres zu programmieren. Auf den ersten Blick schien es also durchaus so, als würden sich die richtigen Leute um den Duke kümmern. Alleine, dass Gearbox innerhalb von zwei Jahren geschafft haben, woran seit 1997 diverse Studios verzweifelt sind - nämlich die unselige Entwicklungsphase von Duke Nukem Forever endlich zu einem Abschluss zu bringen - verdient Respekt. Ob dabei letzten Endes auch ein vernünftiges Spiel herausgekommen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Der Einstieg gerät geradezu klassisch und liefert das typische D3D-Spielgefühl so perfekt, dass zu vermuten steht, dass diese Sequenzen wohl noch von den ursprünglichen Entwicklern von 3D Realms stammen. Leider wird der Spaß schon in diesem frühen Stadium schwer getrübt. Eine Grafik, die man selbst mit größtem Wohlwollen nur als absolut „oldschool“ bezeichnen kann, die aber trotzdem immer wieder für schwere Framerate-Einbrüche sorgt1 trifft auf eine hakelige Steuerung und, schlimmer noch, unausgegorenes Level-Design.
Nichts gegen das eine oder andere Rätsel im Spiel – zu viel ist aber zu viel. Vor allem, wenn das Spiel noch gar nichtig angefangen hat. Bevor man hier das erste Dutzend Aliens und Polizei-Schweinsköpfe vor das Visier bekommt, hat man schon einen Reaktor hochgefahren, einen abstürzenden Aufzug aufgehalten, diverse Schleichwege ausbaldowert und alle anderen denkbaren Rätselprüfungen absolviert. Da fehlten nur noch die berüchtigten rot-grün-blau-gelben Schalterkombinationen des Originals.
Nachdem man etwa eine halbe Stunde durch derart unbefriedigendes Ambiente stapft, um Rätsel auf Rätsel zu lösen, landet man auf dem Dach eines Hochhauses – und wähnt sich in einem anderen Spiel. Ein riesiges Mutterschiff der Aliens steht über der Stadt und soll mit einem montierten Geschütz vom Himmel geholt werden. Nun sieht plötzlich alles sehr gediegen aus; die Sequenz wirkt so, wie man sich eine Arbeit von Gearbox im Jahr 2011 vorstellen würde. Kaum ist das Ding in die Luft gejagt, gilt es wieder, sich mit den grafischen und spielerischen Qualitäten vergangener Generationen anzufreunden.
Damit ist das grundlegende Problem von DNF auch schon beschrieben: Es handelt sich offensichtlich um Stückwerk. Gearbox scheint die brauchbaren Teile des bereits unter der Ägide von 3D Realms entwickelten Spielinhalte übernommen zu haben, um sie mit den eigenen Kreationen zu einem sinnvollen Ganzen zu verbinden. Für absolute Duke-Fans kann das ganze trotzdem ein Heidenspaß sein – wenn sie mit den üblichen, wieder von Kultstimme John St. Jon herausgeknarzten Macho-Sprüchen, barbusigen Stripperinnen und sonstigem Duke-Schmarrn wie „auf’s Klo gehen“ etc. zufriedenzustellen sind. Der nicht zum Fanclub gehörende Spieler wird sich über die immer wieder zum Vorschein kommenden großen Momente freuen - und davon abgesehen jede Menge Langeweile beklagen.
Neutral betrachtet wird man Duke Nukem Forever niemals den Stellenwert beimessen können, dem man dem originalen Duke Nukem 3D jederzeit zugesteht. Dieses Spiel war nämlich nicht nur vulgär, sondern auch so innovativ, dass es im Verhältnis zu den damals weit verbreiteten Doom-Titeln regelrecht futuristisch wirkte. Im Gegensatz zu den damals veröffentlichten id-Shootern (und nicht unerheblich für den Realismus eines FPS) war es möglich, nach oben und unten zu sehen. Und der Duke konnte sprechen – ein kleiner Geniestreich angesichts der durch die Ego-Perspektive stark eingeschränkten Möglichkeiten, den nicht sichtbaren Protagonisten auf irgendeine Weise zu personalisieren.
Vierzehn Jahre Stückwerk (13 Bilder)
Duke Nukem Forever bietet leider keinerlei Innovation (außer, gefühlte fünf Endgegner pro Level sind als solche zu werten), sondern ist eine reine Hommage an den legendären Vorgänger. Somit ist dieser Duke eher ein Kollege von „Serious Sam“ oder Matt Hazzard aus Eat Lead. Mit seiner eigenen 1996er Inkarnation kann er es nicht aufnehmen. Von den anderen hier erwähnten Gearbox-Spielen einmal ganz zu schweigen.
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