Vom Öffnen der Daten-Schleusen
Britischer Regierungs-Think-Tank will den Austausch von Computerdaten zwischen verschiedenen Ministerien und Abteilungen vorantreiben
Ein Strategiepapier der britischen Regierung schlägt vor, die Schranken zwischen Ministerien und Abteilungen niederzureißen und den Austausch von Daten zu ermöglichen. Das soll im Namen verbesserter öffentlicher Dienste geschehen, doch der Austausch von Daten soll häufig auch ohne Zustimmung der Betroffenen stattfinden können. Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen haben bereits ernsthafte Bedenken angemeldet.
Ein dem Staatsministerium unterstellter Think Tank, die Performance and Innovation Unit (PIU), veröffentlichte am 11.04.02 einen Bericht mit dem Titel "Privacy and Data-Sharing: The Way Forward for Public Services". Im Zentrum des Papiers steht die Idee, dass nur das Öffnen aller Daten-Schleusen zwischen den verschiedenen Zweigen der Verwaltung adäquate Verbesserungen der öffentlichen Dienstleistungen ermöglicht. Doch für die Bürgerrechtsorganisation Liberty wird damit ein Grundprinzip des Datenschutzes aufs Spiel gesetzt. "Persönliche Daten, die wir für einen bestimmten Zweck geben, sollten nicht ohne unsere Zustimmung für einen anderen Zweck verwendet werden können", sagte ein Sprecher von Liberty gegenüber Telepolis. "Das ist umsomehr der Fall, als dass es bei vielen öffentlichen Stellen verpflichtend ist, persönliche Angaben zu machen", fügte er hinzu.
Die Foundation for Information Policy Research FIPR begrüßt das Erscheinen das Papiers zunächst vorsichtig. Einige der Vorschläge seien "selbst-evident" und nur deshalb bemerkenswert, weil das endlich auch die Regierung anerkannt habe. Bei näherer Betrachtung stelle sich der Bericht jedoch als "zutiefst enttäuschend" heraus. Auch FIPR mahnt an, dass Datenaustausch nur mit dem Konsens der Betroffenen ausgeführt werden sollte, dass der Datenschutz selbst eine der wichtigsten öffentlichen Dienstleistungen ist und dass das Prinzip der Datenvermeidung, der minimalen Eingriffnahme in Privatangelegenheiten, zu wahren sei.
Kritisiert wird auch, dass der gesamte Reform-Prozess viel zu langsam ginge, dass der zwingende Datenaustausch nur von Verordnungen und nicht von Gesetzen reguliert werden solle (wobei die Parlamentarier viel bessere Chancen hätten, Änderungsanträge einzubringen) und dass die obersten Beamten, die den ganzen Prozess leiten, die "Chief Knowledge Officers", zugleich "Jäger und Wilderer" sein würden.
Der Vorsitzende des FIPR-Vorsitzes, Ross Anderson, meint: "Keine Lektionen wurden aus der reichhaltigen Geschichte an Computerisierungs-Debakeln der Regierung gelernt." Seit 10 Jahren werde davon berichtet, warum diese großen Projekte scheitern, meint Anderson, doch scheinbar sei man von der Denkschule, man müsse nur einen weiteren Anlauf nehmen, dann würde es endlich klappen.
Eines dieser Projekte, auf die sich Anderson bezieht, war ein neues Computersystem für die Reisepass-Abteilung. Als dieses endlich eingeführt wurde, brach schnell alles zusammen und zehntausende Briten fürchteten, nicht rechtzeitig vor dem Urlaub ihre Pässe erneuern zu können. Nun will man zur Aktualisierung der Reisepass-Datenbank auf die Datenbank der Führerscheinausgabestelle zugreifen.
Beratungen über Zusammenlegungen von Datenbeständen und die Schaffung von "Gateways" zwischen den Datenbanken verschiedener Abteilungen sind auch im Kontext von Plänen des Home Office zu sehen, eine National ID-Card mit biometrischen Daten (Fingerabdruck, Iris-Scan) einzuführen, die zugleich als Bürgerdienstleistungskarte verkauft wird. An Asylsuchende wird bereits eine ähnliche elektronische "Zugangsberechtigungs-Karte" ausgegeben. Sie enthält einen Mini-Chip, auf dem eine Vielzahl an Informationen gespeichert ist, darunter Fingerabdruck, digitales Foto und Seriennummern.