Vom Wettrüsten zwischen Suchmaschinen und Suchmaschinenoptimierern
Interview mit Optimierer Frank Moll
Der Google-Index ist im kommerziellen Bereich im letzten Jahr stark in Druck geraten. Immer mehr Firmen wie E-Bay, Neckermann oder E-Toys, aber auch Verlage lassen ihre Webseiten von Profis optimieren, um gute Ergebnisse in den Trefferlisten zu erzielen. Suchmaschinenoptimierer (SEO) wenden dafür teilweise umstrittene Maßnahmen an. Umgekehrt führen die Suchmaschinen von Zeit zu Zeit radikale Indexbereinigungen durch. Der DMMV hat vor wenigen Monaten Benimmregeln vorgestellt, die jedoch bei führenden Google-Optimierern als wenig hilfreich gesehen werden. Die dort kritisierten Methoden wie etwa unsichtbarer Text seien längst veraltet.
Frank Moll optimiert für große Unternehmen und behauptet von sich, derzeit den Google-Algorithmus so gut zu kennen, dass er Webseiten gezielt topplatzieren kann. Telepolis sprach mit ihm über das Wettrüsten zwischen Suchmaschinen und Optimierern.
Warum hilft der DMMV-Benimmkatalog nicht weiter?
Moll: Die vom DMMV vorgestellten Benimmregeln bringen keine Vorteile. Nach unserer Meinung entscheidet nicht der Seitenaufbau über Spam oder Nicht-Spam. Letztlich geht es doch darum den Internetnutzer mit einem relevanten Angebot zufrieden zu stellen. Da spielt es weniger eine Rolle ob wir ihn über eine Doorway-Page mit beispielsweise automatischer Weiterleitung und verstecktem Text oder auf andere Art zum Angebot führen. Findet der User das gesuchte Angebot, ist er auch mit der Suchmaschine zufrieden, über die er seine Suche erfolgreich beenden konnte. Insofern sind veraltete Benimmregeln fehl am Platz.
Hat Google ein Spamproblem?
Moll: Da Google seit geraumer Zeit der Marktführer der Suchmaschinen ist und mittlerweile nicht nur SEOs in der Lage sind Toplistungen zu realisieren, sind auch Tausende kleine Webmaster dem Algorithmus ein wenig auf die Schliche gekommen. Somit wird der Index von Google stark beansprucht. Leider verfügen bei weitem nicht alle Webmaster über das Wissen auch gleichzeitig Qualität in den Index zu bringen. Meiner Meinung nach liegt es derzeit an Google allein, ob sie in sechs Monaten deutliche Prozente ihrer derzeitigen Internetnutzer aufgrund einer sinkenden Indexqualität verlieren oder ob sie die Popularität von Google noch weiter deutlich steigern wird.
Warum liegt das an Google allein?
Moll: Google muss erkennen, dass es langsam nötig wird sich über den Algorithmus hinaus systematisch mit dem Index auseinanderzusetzen. Ich denke schon, dass Google immerwährend versucht den Index mit technischen Mitteln zu verbessern, aber das wird auf Dauer nicht ausreichen.
Gefährden Suchmaschinenoptimierer durch Ihre Arbeit den Index einer Suchmaschine?
Moll: Ich denke nicht, obwohl Suchmaschinenoptimierer von vielen Suchmaschinenbetreibern so gesehen werden. Wenn wir als SEOs in der Lage sind relevant zu listen, verhelfen wir auch der Suchmaschine zu einem relevanten Ergebnis und stellen den User zufrieden. Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber da wir von TrafficTime langfristig denken, ist es für uns auch sehr wichtig, dass die Suchmaschine, in der wir Toplistungen realisieren können, ihren hohen Marktanteil behält. Deshalb finde ich es persönlich sehr schade, dass es noch kein Suchmaschinenbetreiber als wichtig erachtet hat, sich mit SEOs an einen Tisch zu setzen. Der Indexqualität könnte das nur zugute kommen.
Säubern die Suchmaschinen Ihrer Erfahrung nach den Index eher willkürlich oder systematisch?
Moll: Wir konnten noch keine Säuberung eines Indexes klar erkennen. Bis jetzt sind Säuberungen am Index für uns eher Vermutungen.
Wie kann Google sein Spamproblem lösen?
Moll: Das Spamproblem zu lösen ist nicht schwierig. Dazu könnte schon die Arbeit eines einzigen fähigen Mannes ausreichen, der sich sehr gut mit den Rankingkriterien und Problematiken der Suchmaschinenoptimierungen auskennt. Es reicht bei weitem nicht aus, permanent Seiten aus dem Index zu verbannen, um die Qualität wieder langfristig zu steigern. Fallen Webseiten durch schlechte Optimierungen auf, sollte er sich deshalb gezielt mit dem Webseitenbesitzer oder Optimierer auseinandersetzen, um das Problem dauerhaft aus dem Weg zu schaffen und nicht nur einfach die Seiten entfernen, damit Sie einige Zeit später wieder durch neue Optimierungen ersetzt wurden. Dabei sollte er das Problem genau analysieren und entsprechende Verbesserungsvorschläge an die Programmierer weitergeben können. Ich finde es verwunderlich, dass noch kein Suchmaschinenbetreiber für die Qualität im Index diesen Weg gegangen ist. Dabei bin ich davon überzeugt, dass damit eine wesentlich höhere Qualität im Index langfristig gesichert wäre und die Suchmaschine ihre Marktanteile somit nochmal deutlich steigern könnte. Leider gibt es aber nur wenige Fachleute auf dem Markt, denen ich diese Aufgabe zutraue. Aber ich bin der Meinung, dass Google von solch einem Spezialisten langfristig stark profitieren könnte.
Gibt es Ihres Wissens nach noch große Unternehmen, die nicht optimieren lassen?
Moll: Das weiß ich nicht. Wir sind ein kleines Optimiererteam und haben uns auf ein paar wenige große Unternehmen bezüglich der gezielten Onlinebewerbung beschränkt.
Wie lange dauert es, eine gute Platzierung bei Google für eine große Produktdatenbank zu erreichen?
Moll: Der Aufbau einer gezielten Onlinewerbung eines größeren Unternehmens beträgt in etwa sechs Monate bis ein Jahr. Wir versuchen nie nur eine gute Platzierung für unsere Kunden zu erreichen, sondern kümmern uns auch darum, deren Gesamtangebot effizient zu bewerben. Deshalb ist nach der Aufbauzeit eine permanente Pflege der erzielten Ergebnisse unabdingbar. Auch macht es für uns mittlerweile keinen Sinn mehr neue Unternehmen zu bewerben. Die Pflege unseres bestehenden Kundenstammes ist inzwischen zu arbeitsintensiv.
Wann wird Suchmaschinenoptimierung zum Spam?
Moll: Suchmaschinenoptimierung wird für mich zu Spam, wenn ein SEO seine Kunden gezielt unter unrelevanten Keywords platziert oder Mehrfachlistungen unter einem Keyword hinnimmt. Diese Mehrfachlistungen sollten nach bestem Wissen und Gewissen vermieden werden. Es ist allerdings sehr viel Arbeit und es gehört eine Menge an Wissen dazu Mehrfachlistungen schon im Vorfeld ausschließen zu können. In erster Linie muss der Internetnutzer zu seinem gesuchten Angebot geführt werden. Stellen wir den Internetnutzer zufrieden, wird auch unser Kunde durch Käufe belohnt und wir haben unsere Arbeit bestmöglich ausgeführt. Von unrelevanten Listungen distanzieren wir uns. Derzeit sind wir auch bei vielen Suchmaschinen in der Lage diese unschönen Mehrfachlistungen gezielt zu umgehen. Leider ist es bei älteren Optimierungen dennoch auch dazu gekommen. Somit müssen wir nicht nur an unseren neuen, sondern auch an den älteren Listungen immer wieder arbeiten und optimieren.
Wenn ein Unternehmen spamt, tut es dies absichtlich oder weil es nicht besser kann?
Moll: Als SEO müssen wir ständig daran arbeiten dem Algorithmus einer Suchmaschine immer näher zu kommen. Je näher man dem Algorithmus einer Suchmaschine kommt, desto gezieltere und bessere Listungen kann man realisieren. Es scheint mir, als ob es derzeit SEOs auf dem Markt gibt, die zwar in der Lage sind die Keywords ihrer Kunden in Suchmaschinen vorne zu platzieren, denen es aber völlig egal ist wieviele Plätze sie unter einem Keyword belegen. Dabei sollte der jeweilige Optimierer in solchen Fällen seinen Wissenstand erweitern um diesen für den User unschönen Umstand bei den darauffolgenden Optimierungen auszuschließen.
Sind die bestehenden Regeln klar genug oder warum sollten Suchmaschinen und Optimierer miteinander reden?
Moll: Die Regeln sind völlig unklar. Kein SEO weiß letzten Endes, wo er bei einer Suchmaschine dran ist, es sei denn er kauft sich bei ihr ein. Ich würde es stark befürworten, wenn Suchmaschinenbetreiber sich mit Optimierern zusammensetzen. Dann könnte man gemeinsam an der Verbesserung des Suchmaschinenindex arbeiten. Den Weg, den der ehemalige Altavista-Geschäftsführer Mathias Schmitz in der Süddeutschen Zeitung vorschlug, "jedem, der Spamming finanziert, sollte die Aussperrung aus dem Index nicht nur angedroht, sondern auch auferlegt werden", halte ich für völlig falsch. Durch solche Maßnahmen läuft eine Suchmaschine unnötig Gefahr das selbe Schicksal wie Altavista zu erleiden.
Das Schicksal des ewigen Wettlaufs?
Moll: Genau, denn das würde nur dazu führen, dass die Optimierer permanent aufrüsten und neue Optimierungen ins Netz stellen, da sie mit den bestehenden entfernt werden. Die Suchmaschinenbetreiber hingegen müssten andauernd technisch aufrüsten um die Optimierungen ausfindig zu machen und wiederum entfernen zu lassen. Es erscheint mir als wenn Herr Schmitz alle SEO's als Feinde des Suchmaschinenindexes sieht. Dabei ist es auch oftmals genau andersherum. Wenn ein SEO seine Arbeit gut ausführt trägt er auch zu einem guten Index bei. Mit denen, die nicht oder noch nicht in der Lage sind qualitativ hochwertig zu listen sollte man Kontakt aufnehmen und Sie darauf hinweisen, dass Sie den Index mit der jeweiligen schlechten Optimierung belasten und das die Seiten entfernt werden müssen. Somit weiß derjenige auch woran er ist und wird sicherlich nicht die gleiche Optimierung auf's Neue aktivieren. Ein Miteinander halte ich immer wesentlich sinnvoller als ein permanentes Gegeneinander.
Was wäre Ihrer Ansicht nach ein Lösungsansatz?
Moll: Google sollte besser uns SEOs mitteilen, wie sie unsere im Index stehenden Optimierungen sieht und was wir noch daran verbessern können. Dabei sollte sie uns nicht etwa den Algorithmus näher bringen, sondern uns lediglich mitteilen, wann für sie eine Optimierung im Index als qualitativ hochwertig steht und was für sie als Spam gilt. Dann könnten wir unsere Optimierungen den Wünschen der Suchmaschinenbetreiber besser anpassen und laufen im Gegenzug nicht Gefahr ohne erkennbare Gründe aus dem Index entfernt zu werden. Auch könnten wir nach Absprache mit den Betreibern gezielt nicht optimal gelungene Optimierungen wieder aus dem Index entfernen, was wiederum zur Qualität der jeweiligen Suchmaschine beitragen würde.
Wäre auch eine automatisierte An- beziehungsweise Abmeldeprozedur für autorisierte SEOs denkbar?
Moll: Natürlich können wir auch ohne persönlichen Kontakt unsere Seiten aus den Suchmaschinen rausnehmen lassen, indem wir sie über ein Formular melden. Aber dabei besteht die Gefahr, dass nicht nur die gemeldeten Seiten, sondern die gesamte Optimierung dem Säubern zum Opfer fällt. In diese Gefahr gibt sich verständlicherweise kein SEO freiwillig. Hätten wir aber eine Kontaktperson bei der jeweiligen Suchmaschine, würden wir keine Sekunde zögern und mit ihr eine Lösung in beiderseitigem Interesse auszuarbeiten.