Von der "Powerfrau", die Europa guttut" bis zur "German EU superstate fanatic"

Ursula von der Leyen. Foto: Mueller / MSC. Lizenz: CC BY-SA

Die Medienlandschaft ist hinsichtlich Ursula von der Leyen gespalten

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Am 16. Juli soll das Europaparlament Ursula von der Leyen als neue EU-Kommissionspräsidentin genehmigen. In einigen deutschen Leitmedien, die sie kurz vorher noch als Verteidigungsministerin kritisierten, hält man das für eine gute Idee. "Mit ihrer Power könnte von der Leyen Europa guttun", meint beispielsweise Margarete van Ackeren im Focus, die der Politikerin aus der Albrecht-Dynastie einen "kreativen Gestaltungswillen" und "Popularität in der Bevölkerung" nachsagt.

In der Welt befindet Ralf-Dieter Brunowsky, die "überzeugte Europäerin" habe "die besten Voraussetzungen für den Job", sei "ein politisches Schwergewicht, das in der Nato und in Europa hohes Ansehen genießt", und könne "eine große Chance für Europa sein".

Unterschiede zwischen Frankreich und England, Deutschland und Österreich

Die Zeit lässt Lucas Guttenberg, den Vizedirektor des Jacques-Delors-Think-Tanks, etwas zurückhaltender urteilen, von der Leyens Ablehnung im EU-Parlament wäre ein Fehler. Für Julia Barth aus dem gebührenfinanzierten ARD-Hauptstadtstudio ist Merkels langjährige Vertraute "nicht die schlechteste Lösung", weil sie "immerhin eine deutsche Kommissions-Chefin" sein wird.

In der französischen Presse wird die Nominierte ebenfalls häufig gelobt. Die katholische Tageszeitung La Croix preist sie wegen ihres Geschlechts als "wichtigen Impuls" und "schönes Signal, das Europa an den Rest der Welt sendet". Der Nouvelle Observateur würdigt eine "von den europäischen Staats- und Regierungschefs gewünschte Gleichheit der Machtpositionen" und Le Monde eine "energische" siebenfache Mutter.

Andere Sichtweisen dazu finden sich nicht nur in der britischen Presse (wo die Politikerin, die 2011 erklärte, ihr "Ziel" seien "die Vereinigten Staaten von Europa") von der Sun als "ultra-federalist" und vom Express als "German EU superstate fanatic" charakterisiert wird, sondern auch in der österreichischen. Dort hat die Kleine Zeitung enthüllt, dass für das geerbte luxuriöse Almchalet in der Steiermark, das der Sechzigjährigen gehört, alleine im letzten Jahr 6380 Euro an europäischer Agrarförderung flossen.

Die Abgeordneten der österreichischen Volkspartei wollen im EU-Parlament am 16. Juli trotzdem für die Deutsche Stimmen. Von der SPÖ möchte dagegen zumindest Andreas Schieder gegen sie votieren, von der deutschen SPD Katarina Barley.

Informelle große Koalition kann auf die Stimmen von mindestens 66 Abgeordneten verzichten

Dass von der Leyen im Europaparlament scheitert, wo ihr (anders als im Rat) eine nicht qualifizierte Mehrheit reicht, ist trotzdem unwahrscheinlich. Denn die österreichischen Sozialdemokraten verfügen nur über fünf Abgeordnete in der insgesamt 154 -köpfigen S&D-Fraktion, die deutschen über 16. Insgesamt kann die informelle Koalition aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalmacronisten aber auf 442 von 751 Abgeordneten zurückgreifen. Für eine absolute Mehrheit benötigt sie theoretisch maximal 376, meist sind es wegen diverser Enthaltungen deutlich weniger (vgl. EU-Parlament: Informelle Koalition aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalmacronisten steht).

In vielen anderen Ländern, in denen man von der Leyen häufig kaum kennt, dürften die sozialdemokratischen Abgeordneten außerdem für sie stimmen, wenn man die Befehlsrichtung in den Fraktionen berücksichtigt: Im Zweifelsfall halten sich die Parteien dort nämlich an das, was ihnen die häufig auch mitregierenden Vorsitzenden in den Mitgliedsländern vorgeben, deren Vertreter von der Leyen im EU-Rat einstimmig kürten. Vorher gefallene Äußerungen, man werde nur jemanden wählen, der vorher einer der Spitzenkandidaten war, dürften dann in den Hintergrund treten.

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