Vorletzte Etappe im Fall Front14.org

Wird der Zugang zu einem US-Naziportal für französische Bürger gesperrt oder nicht?

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Am letzten Dienstag hörte der rührige französische Richter Jean-Jacques Gomez in dem Präzedenzfall für das Internet die abschließenden Plädoyers der Anwälte und einen leicht verwirrten Staatsanwalt. Der Staatsanwalt Pierre Dillange sprach zwar von einer "ethischen Notwendigkeit und Dringlichkeit", suchte aber verzweifelt nach "einer juristischen Grundlage" für das Ansinnen von 7 Anti-Rassismus-Organisationen französische Internetprovider in die Pflicht zu nehmen. Der Provider des US-Hassportals Front14.org, das über 300 Sites beherbergt, befindet sich in Alaska. Die meisten Autoren der White-Power-Propaganda sind anonym, also konnte man nur der französischen Provider habhaft werden, die sich freilich dagegen wehren, für rassistische und antisemitische Inhalte zur Verantwortung gezogen zu werden. Eventuelle Filtermaßnahmen würden technisch gesehen einen zu großen Aufwand bedeuten und zu kostspielig sein, argumentierte der Verband der französischen Internetprovider AFA in den letzten Anhörungen. Richter Gomez will seine Entscheidung am 30.Oktober fällen.

Falls Richter Gomez tatsächlich Filtermaßnahmen erlassen sollte, so wären 13 Internetprovider davon betroffen, u.a. Noos, AOL und Wanadoo, die gemeinsam 87% der französischen Privathaushalte mit dem Internetzugang versorgen. Das würde aber bedeuten, dass 7 Millionen Franzosen mit Internetzugang ohnehin nicht von einer Filterung des US-Portals betroffen wären, erklärte die Anwältin der AFA in ihrem abschließenden Plädoyer. 11 Umgehungsmöglichkeiten wurden aufgezählt - ob nun durch den User selbst, den Autor oder den Provider der inkriminierten Inhalte- , um wieder einmal die Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens zu unterstreichen. Außerdem würden die derzeit geltenden gesetzlichen Regelungen den Providern eine "Pflicht zur Neutralität" auferlegen, die nur ein neues Gesetz ändern könne, bemerkte die AFA-Anwältin. Auch wenn man die moralische Entrüstung der klagenden Anti-Rassismus-Bewegungen durchaus verstehen könne.

Die internationale Aktion für die Gerechtigkeit J'accuse, die ursprünglich die Klage gegen die AFA eingereicht hatte, sieht die Sache naturgemäß ein wenig anderes. Das ständig wiederkehrende Argument der technischen Unmachbarkeit oder Sinnlosigkeit von Filtermaßnahmen schien dem Anwalt von J'accuse schon gehörig auf die Nerven zu gehen. Er zeigte sich "schockiert und sogar angeekelt", mit ansehen zu müssen, wie die Provider mit immer mehr Argumenten aufwarten würden, um sich von ihrer Verantwortung zu befreien. Obwohl sich doch alle einig seien, dass es sich bei front14.org, um ein Portal handle, dass zutiefst menschenverachtende Inhalte verbreite. "Es handelt sich ja nicht a priori um die Kontrolle eines Inhalts, sondern um ein a posteriori erlassenes Verbot der Verbreitung eines Inhalts, von dem man weiß, dass er offenkundig illegal ist", erklärte der Anwalt. Und daher entspreche der Wunsch nach einer Blockierung des Nazi-Portals für französische Bürger sehr wohl den nationalen und europäischen Gesetzen.

Jean-Jacques Gomez wird am 30. Oktober nicht nur entscheiden müssen, ob er den Zugang zu front14.org blockieren lässt oder nicht, sondern auch über das Schicksal einer französischen Site, die vom US-Portal beherbergt wird. J'accuse hatte von Gomez über den Sommer die Aufgabe gestellt bekommen, so viele front14-Autoren wie möglich aufzufinden. Nur in einem Fall war das möglich gewesen. Es handelt sich hierbei um die Homepage des französischen Ablegers der "Weltkirche des Schöpfers". Der Repräsentant der Sekte steht nun unter Anklage. Dessen Anwalt hatte mit einer besonders originellen Unschuldsbehauptung aufzuwarten: Man würde ja auch nicht einen katholischen Priester für die Ideen des Vatikans und der französischen Kirche für verantwortlich halten. Da aber in diesem Fall der Autor bekannt ist, wird es für Richter Gomez hier wahrscheinlich leichter sein ein Urteil zu finden, als in der Angelegenheit gegen die AFA.