Vorschriften verteuern Mieten
Baukosten stiegen in den letzten 15 Jahren um fast 40 Prozent
Der Deutsche Mieterbund (DMB) hat gemeinsam mit der Gewerkschaft IG Bau sowie zwei Vermieter- und drei Bauwirtschaftsverbänden eine Studie erstellen lassen, mit der man herausfinden wollte, wie sehr die Baukosten in den letzten 15 Jahren stiegen und worauf die Kostensteigerungen zurückzuführen sind. Nun liegt die von der Kieler Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen und der Düsseldorfer Filiale der Rechtsanwaltskanzlei HFK erstellte Untersuchung vor - mit einem wenig überraschenden gesamt- und einem überraschenden Teilergebnis.
Das Gesamtergebnis der Studie mit dem Titel Kostentreiber für den Wohnungsbau ist, dass der Bau eines Mehrfamilienhauses in Deutschland innerhalb der letzten 15 Jahre um fast 40 Prozent teurer wurde: Statt 2209 zahlt der Bauherr heute durchschnittlich 3080 Euro pro Quadratmeter. Die bloßen Baupreise verteuerten sich allerdings nur um etwa 27 Prozent, was im Rahmen der allgemeinen Inflation liegt.
Die Überraschung ergibt sich dann, wenn man diese Steigerung aufschlüsselt: Die gestiegenen Grundstückspreise, von denen vor allem seit 2008 immer wieder zu lesen ist, machen mit 115 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nämlich nur einen relativ kleinen Teil der Mehrkosten aus. Für einen sehr viel größeren - nämlich 330 Euro - ist die gewachsene Bürokratie von Bund, Ländern und Kommunen verantwortlich. Diese gestiegenen Bürokratiemehrkosten ließen indirekt auch die Planungs- und Beratungskosten um 77 Euro pro Quadratmeter steigen.
Der größte Brocken unter den 330 Euro Bürokratiemehrkosten sind mit 154 Euro pro Quadratmeter neue Energiesparanforderungen. An zweiter Stelle folgen mit 82 Euro pro Quadratmeter kommunale Auflagen, die der Studie zufolge "insbesondere in Wachstums- Regionen [und] Ballungsgebieten" zunehmen. Viele dieser - vor allem ästhetischen - Vorgaben schützen weder Mieter noch Nachbarn, sondern wirken wie ein Selbstverwirklichungsersatz verhinderter Künstler, die in Amtsstuben gelandet sind.
Neue "technische Baubestimmungen, Normen und Qualitätsstandards" - zum Beispiel zum Lärmschutz - kosteten Bauherrn in den letzten 15 Jahren dagegen lediglich 30 Euro. Die reinen Baugenehmigungsgebühren stiegen sogar nur um drei Euro pro Quadratmeter.
Sehr viel stärker - nämlich mit 61 Euro pro Quadratmeter schlagen dagegen steuerrechtliche Verschlechterungen zu Buche. Konnte man 2000 noch degressiv mit nacheinander 5, 2,5 und 1,25 Prozent abschreiben (was Bauherrn vor allem in den Jahren nach dem Wohnungsbau entlastete), akzeptieren die Finanzämter heute nur noch 2 Prozent auf 50 Jahre. Hinzu kommt, dass sie als nicht abschreibbaren Gebäudewert früher 20 Prozent des Kaufpreises akzeptierten, während sie jetzt regelmäßig über 40 Prozent abziehen. Die Grunderwerbssteuer stieg von damals einheitlich 3,5 auf heute bis zu 6,5 Prozent.
Als besonders groteskes Beispiel baurechtlicher Bürokratie nennt der Baugewerbeverband ZDBE die Verpflichtung, "naturbedingt vorbelasteten" Bodenaushub, wie er zum Beispiel in der Vulkanerde der der Eifel vorkommt, auf Sondermülldeponien zu entsorgen. Durch diese nach Ansicht des Verbandes extrem übertriebene Umweltschutzauflage "steigen die Kosten allein für ein Einfamilienhaus um ca. 20.000 Euro".
Anhand der ermittelten Kostensteigerung und ihrer Ursachen kommen die Autoren der Studie zum Ergebnis, dass die "politische Zielvorgabe" von jährlich 250.000 bis 300.000 Wohnungen in Deutschland nicht zu verwirklichen sein wird, wenn nicht "maßgebliche Kostentreiber begrenzt und die Rahmenbedingungen für das Bauen im Allgemeinen verbessert" werden. Bei Bund, Ländern und Kommunen will man das bislang nicht kommentieren.
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