Wahl im Kolumbien: Anden-Trump mit Hitler-Drall

Seite 2: Deutsche Bundestagsabgeordnete besorgt

Amerika21.de verweist auf einen öffentlich gewordenen Audiomitschnitt in dem ein Anwalt, der Hernández in einem anderen Fall vertritt, den zuständigen Richter unter Druck setzt, damit dieser die Anhörung auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen verschieben. So solle "ein Skandal" gegen den Politiker vermieden werden:

Der Kläger ist ein 81-Jähriger, der im Sterben liegt und keine Rente bekam, weil Hernández als Arbeitgeber den Beitragsanteil vom rentenversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht bezahlt hatte. Da der Richter die Anhörung nicht verschob, haben der Anwalt und "andere Personen" ihm damit gedroht, die Justizorgane zu nutzen, um ihn zu so zu verfolgen, dass er "ein unruhiges Leben" führen würde.

Solche Töne lassen – abgesehen von den intellektuellen und historiografischen Defiziten Hernández' – Schlimmes für Kolumbien erwarten, sollte sich der 77-Jährige bei der Stichwahl am heutigen Sonntag durchsetzen.

"Die Stimmung vor Ort war schon bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl angespannt. Viele meiner Gesprächspartner:innen waren sich unsicher, wie sich Polizei und Armee verhalten, sollte der linksgerichtete Kandidat Gustavo Petro in der ersten Runde die absolute Mehrheit erreichen; ob diese Kräfte das Wahlergebnis dann anerkennen", sagte gegenüber Telepolis der SPD-Abgeordnete Manuel Gava, der die erste Wahlrunde beobachtete:

Rodolfo Hernández kommt mir etwas vor wie ein kolumbianischer Silvio Berlusconi. Denn der wurde in Italien auch lange belächelt und nicht ernstgenommen mit seinen wirren Einlassungen und der Rhetorik gegen das Establishment.",,"Ich glaube, dass es Petro in der Stichwahl ganz, ganz schwer haben wird, weil sich viele andere Parteien und politischen Kräfte hinter Hernández versammeln. Seine Chance besteht darin, dass er junge Leute, Frauen, Indigene und andere hinter sich versammelt.

Als "historisch" bezeichnete der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko den Sieg von Petro in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen: "Der Wahlsieg von Gustavo Petro und seiner Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, Francia Marquez, in der ersten Runde ist historisch.

Gleichwohl setzt die gesamte kolumbianische Elite nun auf den Senkrechtstarter und Anden-Trump Rodolfo Hernandez, der auch massiv von den Medien gepusht wird und das weit verbreitete Bedürfnis nach einem 'Wandel' anspricht", so Hunko auf Telepolis-Anfrage.

Er habe mit vor Ort mehreren Arbeitern gesprochen, die Hernandez gewählt haben, weil sie sich von ihm den Kampf gegen die korrupte Elite versprechen. "Die Frage ist, ob sie es noch tun werden, wenn genau diese Elite auf Hernandez setzt, um einen linken Wahlsieg zu verhindern", so Hunko weiter. Der Ausgang der Stichwahl sei "völlig offen".