Wahl im Kolumbien: Anden-Trump mit Hitler-Drall
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Bei der Stichwahl im südamerikanischen Land heute könnte der Polithasardeur Hernández an die Macht kommen. Das wäre nicht nur für sein Land gefährlich.
Kolumbien entscheidet heute darüber, ob ein rechtsradikaler Populist die nächsten vier Jahre im Präsidialamt sitzt. Die Bedeutung dieser Stichwahl wird in Südamerika, vor allem aber in Europa völlig unterschätzt. Das ist aus zwei Gründen von Relevanz:
Zum einen der 77-jährige Rodolfo Hernández eine Gefahr für die demokratische Stabilisierung Lateinamerikas dar. Zum anderen ist zu erwarten, dass der Polithasardeur angesichts der kolumbianischen Energieressourcen vom Westen hofiert wird.
Nach Habecks Bückling vor den katarischen Diktatoren in Doha wird es spannend zu sehen sein, wie das Grünen-geleitete Außenministerium und die SPD-geführte Bundesregierung mit einem erklärten Verehrer Adolf Hitlers umgehen wird.
Für das Präsidentenamt bewirbt sich neben Hernández der linksgerichtete Kandidat Gustavo Petro. Der 62-Jährige gehörte der linken Guerillagruppe M-19 an und saß dafür fast zwei Jahre im Gefängnis. Petro wird von Mitte-links-Kräften unterstützt und verspricht dem südamerikanischen Erdölstaat lange ausstehende sozialen Reformen. Bei der ersten Runde und vor der Stichwahl heute langen beide Kandidaten gleichauf, letzten Meldungen zufolge soll Hernández in Führung gegangen sein.
Einige Beobachter und Kommentatoren verglichen Hernández in den vergangenen Tagen und Wochen mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Hernández machte sein Vermögen, das sich nach eigenen Angaben auf 100 Millionen US-Dollar beläuft – ebenso im Immobiliengeschäft. Sein Erfolg soll in der Errichtung von Wohnsiedlungen in seiner Heimatstadt Piedecuesta seit den 1970er-Jahren begründet sein.
Hernández wurde 2015 zum Bürgermeister der Stadt Bucaramanga gewählt, unweit seines Heimatortes. Ein wichtiger Aspekt seiner Wahlkampagne war damals das Versprechen von Sozialwohnungen – die allerdings nie in dem anvisierten Ausmaß entstanden.
In deutschen Medien nur wenig Informationen
So ist mutmaßlich auch von seinen aktuellen Versprechen wenig zu erwarten. Trotzdem hat es Hernández Kraft seines Geldes und der Unterstützung der korrupten Oligarchie des südamerikanischen Landes bis kurz vor die Spitze des Staates geschafft. Unterstützt wird er nur von der sogenannten Anti-Korruptions-Liga, die im Unterhaus des Zweikammerparlamentes über nur zwei Sitze verfügt.
In deutschen Leitmedien war von alledem wenig zu erfahren. Sicher, den Trump-Vergleich strengte die Nachrichtenagentur AFP an. Die Tagesschau schrieb, von Hernández kämen "blumige Worte". Gemeinhin wird der Bauunternehmer als "Außenseiter" bezeichnet.
Kaum eine Rolle spielte ein Interview, dass er 2016 dem Radiosender RCN gab. Darin der bemerkenswerte Passus: "Ich bin ein Anhänger eines großen deutschen Denkers. Sein Name ist Adolf Hitler" Er zitierte weiterhin eine angebliche Aussage Hitlers mit den Worten: "Erwarte nicht, dass sich etwas ändert, wenn wir immer dasselbe tun."
Zu Beginn seiner Präsidentschaftskarriere machte er den Versuch einer Schadensbegrenzung: "Was Hitler betrifft, entschuldige ich mich tausendmal, jedem passiert mal ein Versprecher, und ich habe mich geirrt. Der Satz stammt nicht von ihm, sondern von Einstein. Ich entschuldige mich tausendmal bei der jüdischen Gemeinde und dem gesamten kolumbianischen Volk".
Kaum jemand scheint aufgefallen zu sein, dass er sich lediglich für die Zuordnung des Zitats entschuldigte – Im Original übrigens: "Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten" – nicht aber für die Verehrung Adolf Hitlers.
Während von solchen Hintergründen wenig zu erfahren war, verwies das spendenfinanzierte Online-Magazin amerika21.de auf die juristische Akte Hernández. Die Staatsanwaltschaft habe den Multimillionär wegen Verstoßes gegen Arbeitsrechte angeklagt. Hernández muss sich im Juli vor Gericht verantworten, weil er 2016 dutzende Mitarbeitende der Stadt einseitig und willkürlich entließ, um deren Posten an Angestellte seiner eigenen Firmen zu vergeben. Einige der Entlassenen seien Gewerkschaftsmitglieder gewesen.