Wahlen in Polen: Knapper Sieg des nationalkonservativen "Weiter So"
Amtsinhaber Duda hat mit vielen Versprechungen gewonnen, Trzaskowski erklärte, er werde weiter kämpfen
Über 51 Prozent der polnischen Wähler befürwortete am Sonntag in der Stichwahl Staatspräsident Andrzej Duda und somit eine weitere Zusammenarbeit mit der nationalkonservativen Regierung. Mit der Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen im Land gilt das Ergebnis als sicher.
Rafal Trzaskowski, Oberbürgermeister von Warschau, welcher als spät berufener Kandidat Anfang Juni noch Stimmen für die Zulassung zur ersten Tour am 28. Juni gesammelt hatte, erreichte mit rund 48 Prozent einen großen Erfolg gegen den populären Amtsträger und konnte vor allem die jungen Wähler überzeugen.
Dennoch: die Sozialversprechen, die Verteidigung des traditionellen Polens gegen progressive Einflüsse waren überzeugender als die Warnung vor einem Abbau der Demokratie und der Wunsch nach mehr Europa. Gesiegt hatte Duda vor allem im strukturschwachen Osten des Landes und auf dem Land, Trzaskowski sprach mehr das städtische Polen an.
Dass die Wahl als richtungsentscheidend wahrgenommen wurde, zeigte der polnischen Rekordwert mit einer Beteiligung von 69 Prozent, vor vielen Lokalen bildeten sich lange Schlangen aufgrund der durch die Pandemie bedingten Personenbegrenzungen.
Nun kann die Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" unter Premier Mateusz Morawiecki bis zur Parlamentswahl 2023 ihre weiteren Gesetzesveränderungen umsetzen, ohne das Veto eines oppositionellen Präsidenten fürchten zu müssen. Justizminister Zbigniew Ziobro kündigte bereits an, dass die Reform des polnischen Gerichtswesens weiter geführt werde. Aufgrund der Umgestaltung des Justizwesens ist Polen im Konflikt mit der EU-Kommission, die bereits mehrere Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen das Land eingeleitet hat.
Zudem stehe die "Repolonisierung" der Medien an, sagten der Vize-Schatzminister Janusz Kowalski und Jaroslaw Gowin, der Vorsitzende des Juniorpartners "Verständigung" am Montag - ein seit 2015 diskutiertes Projekt der Zwangsenteignung. Vor allem im Markt der regionalen Zeitungen dominieren zwei deutsche Verlage, Medien der schweizerisch-deutschen Gruppe "Ringier Springer" brachten im Wahlkampf Duda-kritische Stories, was von diese als "deutsche Einmischung" verurteilt wurde.
Trzaskowski bleibt Hoffnungsfigur der Opposition
Fest steht auch, dass der 48-jährige Andrzej Duda, der noch im Frühjahr bei der ursprünglichen Kandidatin des Wahlbündnisses "Bürgerkoalition" Malgorzata Kidawa-Blonska in den Umfragen mit 60 Prozent führte, einen charismatischen und nervenstarken Gegner hat. Der gleichaltrige Trzaskowski gilt weiterhin als Hoffnungsfigur der Opposition.
Der Politiker der "Bürgerplattform" gratulierte am Montagnachmittag dem Amtsträger und erklärte gleichzeitig: "Wir werden weiterkämpfen. Das ist nur eine weitere Etappe in unserem Kampf, wir müssen den Staat aus der Hand dieser Partei befreien. Ganz sicher machen wir das." Auch will seine Partei gegen die angeblich hürdenreiche Organisation der Wahlen für die rund eine Million Polen in Großbritannien erleichtern - dort wird die PiS nicht so gern gewählt.
Fair verlief der Wahlkampf nicht, dies stellte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) fest, die dem Staatssender TVP Kampagnen vorwarf. Trzaskowski wurde dort als Vertreter deutscher Interessen, Feind des traditionellen Polens sowie Kindsverderber angeprangert. Minister tourten durchs Land, um Werbung für Duda zu betreiben und auch der Klerus warb versteckt oder offen von der Kanzel für Duda, der die LGBT-Gruppe mit dem Bolschewismus verglich. Rempeleien gab es von beiden Seiten, auch Trzaskowski hatte parteiische Medien auf seiner Seiten, wie die Gazeta Wyborcza, doch wurde dort weniger hetzerisch argumentiert.
Jaroslaw Kaczynski zieht weiterhin hinter Duda die Fäden
Das Land erscheint nun auch aufgrund des hässlichen Wahlkampfes geteilter als zuvor. Aber nicht nur von den politischen Gegnern droht Druck. Auch wenn der Präsident allein Mitsprache in der Außen- und Sicherheitspolitik hat, machte Duda eine Menge innenpolitischer Versprechungen: Ausweitung der Gesundheitspolitik, dreimonatiger Epidemie-Zuschlag für denjenigen, der seine Arbeit verloren hat, Erhalten der Arbeitsplätze, Familienzulagen, ein Urlaubszuschlag, Subventionen der Landwirtschaft sowie das Stützen der laufenden Sozialprogramme der Regierung und ein Megaflugplatz bei Warschau. Dudas Anhänger wollen nun Taten sehen.
Doch über das Geschick des Landes wird nun wie weiterhin der einflussreiche PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski entscheiden. Der oft resolut auftretende Politiker hielt sich während des Wahlkampfes zurück, um die Wähler in der Mitte nicht abzuschrecken, die von dem leutseligen Duda weit mehr angesprochen werden.
Dabei stellt sich die Frage, ob der 71-jährige Stratege angesichts der kommenden Wirtschaftskrise verbunden mit der Pandemie die geplanten Umwälzungen beschleunigt, um so die Macht der Regierung rasch weiter auszubauen, jedoch dabei durch eine mittlerweile aktivere Opposition herausgefordert wird. Oder ob er auf Konsolidierung setzt. Die kommenden Tage werden es zeigen.