Wahlkampf in der Türkei: AKP im Abwärtstrend
Seite 2: Wahlkampfbehinderungen
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Mit allen Mitteln wird derzeit versucht, den Wahlkampf der HDP zu behindern. In Cizre nahm die Polizei elf Frauen fest, darunter mehrere Kandidatinnen für die Kommunalwahl wie z.B. die Bürgermeisterkandidatin Berivan Kutlu. Besonders auf Frauen, die für die HDP kandidieren, haben es die Sicherheitskräfte abgesehen.
Die Gleichberechtigung von Frauen ist der AKP besonders ein Dorn im Auge, die die Frauen eher zuhause an Heim und Herd sehen möchte. Dies schlägt sich auch in der Anzahl der kandierenden Frauen nieder: Bei den Kommunalwahlen im März sind 24 von 1.297 Bürgermeisterkandidaten der AKP bei den kommenden Kommunalwahlen Frauen (1,25%), während bei der HDP 145 von 290 Bürgermeisterkandidaten Frauen (50%) sind.
Auf Anweisung des Innenministeriums wurden in der Osttürkei zahlreiche Orts- und Dorfvorsteher abgesetzt und festgenommen. Sie werden -wie hunderte abgesetzte HDP-Bürgermeister zuvor - durch Zwangsverwalter ersetzt. Am Dienstag wurde in Ceylanpinar an der syrischen Grenze die Eröffnung eines Wahlbüros der Demokratischen Partei der Völker (HDP) verhindert.
Die Polizei schoss mit Tränengas in die Menschenmenge, die zu den Eröffnungsfeierlichkeiten gekommen war und nahm die Bürgermeisterkandidatin Narin Gezgör fest.
In Mardin gab es am Mittwoch mehrere Hausdurchsuchungen bei HDP-Mitgliedern. Der Ko-Vorsitzende der HDP in der Provinz Mardin, Ali Sincar, wurde - wie auch die Mitglieder des Ortsvorstands - festgenommen. In Adana wurde Bêrîtan Önen, Mitglied des Parteirates der DBP (Partei der Demokratischen Regionen), festgenommen. Ihr wurde ein Redebeitrag auf einer DBP-Veranstaltung in Mardin vorgeworfen. Die DBP ist eine lokale Partei in den kurdischen Gebieten der Türkei und ist in einem Bündnis mit der HDP.
Unmut der Bevölkerung wächst
Die Bevölkerung merkt allmählich die Zusammenhänge zwischen der Wirtschaftskrise und der Politik Erdogans. Alle Versuche des Präsidentenschwiegersohns und Finanzministers Berat Albayrak, die Finanzmärkte zu beruhigen, scheiterten bislang. Die Lebensmittelpreise klettern immer weiter in die Höhe. Jüngstes Beispiel sind die Preise für Zwiebeln, die mittlerweile auf den Märkten das Vierfache kosten und zum Sinnbild für die Wirtschaftskrise geworden sind.
Schuld daran seien die Bauern, die die Zwiebeln horten, um die Preise in die Höhe zu treiben, sagt der Präsident: Wer Kartoffeln und Zwiebeln horte, würde seine Strafe dafür bekommen. Unsinn, sagt der Vorsitzende des Istanbuler Berufsverbands für Landwirtschaftsingenieure, Ahmet Atalık . "Zwiebeln sind ein klassisches Lagerprodukt. Es wird nach der Ernte eben in Hallen deponiert, um den Markt über das ganze Jahr zu beliefern. Das ist ganz normal… "
Die beschuldigten Bauern sind ebenfalls von der Wirtschaftskrise betroffen, denn Düngemittel werden beispielsweise aus dem Ausland importiert. Der hohe Wechselkurs, den die Bauern bei Importen zahlen müssen, erhöht zwangsläufig auch die Preise für Agrarprodukte. Laut der Zeit weist der Verbraucherpreisindex im Dezember 2018 eine Preissteigerung um 20,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf. Demnach sind Lebensmittel um 25 Prozent gestiegen, Benzin und Strom um 23 Prozent und die Erzeugerpreise sind 33 Prozent höher als im Vorjahr.
Die Hürriyet Daily News berichtete, dass es nun in Supermärkten in Stadtvierteln, wo Menschen mit niedrigem Einkommen leben, keine Auberginen und Peperoni mehr geben soll, damit es nicht zu weiteren Unmutsbekundungen kommt. Die Zeitung Sözci wirft der AKP vor, vor allem den ärmeren potentiellen Wählern nicht die Wahrheit zu sagen, nämlich, dass die Agrarproduktion rapide abgenommen habe, und deshalb die Gemüsepreise zwangsweise steigen.
Derweil geht auch die Zentralbank auf Konfrontationskurs mit Erdogan. Dieser forderte, die Leitzinsen rasch zu senken. Die Zentralbank hält jedoch an der 24-%igen Erhöhung fest und erwägt gar eine erneute Erhöhung der Zinsen. Bei der Vorstellung des vierteljährlichen Inflationsberichts Ende Januar sagte Notenbankchef Murat Cetinkaya, das Zinsniveau gelte solange, "bis es bei der Teuerung eine 'überzeugende Verbesserung' gebe. Wenn erforderlich, werde die Geldpolitik sogar weiter gestrafft".