Wahrscheinlicher Verlierer Sanders siegt in Oregon

1935 beklagten die Kohlekumpel im Bourbon- und Minenstaat Kentucky noch keine Freihandelsabkommen, sondern die Weltwirtschaftskrise. Foto: Ben Shahn für die US-Bundesregierung

The-Wire-Serienstar und Clinton-Anhänger Wendell Pierce soll im Streit um den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Frau verprügelt haben

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Bei den demokratischen Vorwahlen in Oregon hat gestern Bernie Sanders Hillary Clinton mit 53 zu 47 Prozent Stimmenanteil besiegt. In Kentucky, wo gestern ebenfalls gewählt wurde, liegt dagegen nach bisherigem Auszählungsstand Clinton mit 46,8 zu 46,3 Prozent ganz knapp vor ihm. In diesem Bundesstaat konnten nur registrierte Demokraten wählen - Sanders nicht registrierte Anhänger waren von der Vorwahl ausgeschlossen.

Weil die Delegierten bei den Demokraten proportional verteilt werden bekommen beide Kandidaten jeweils 25 Delegierte aus Kentucky. Aus Oregon nimmt Sanders mit 28 vier mehr mit als die Ex-Außenministerin. Diese vier Delegierten mehr ändern nichts daran, dass er das Gesamtrennen um die Nominierung praktisch verloren hat.

Sanders selbst spricht davon, dass er in den ausstehenden Staaten noch 65 Prozent der Delegierten gewinnen muss. Medienschätzungen sind da teilweise deutlich pessimistischer - vor allem dann, wenn sie Amts- und Mandatsträger einrechnen, von denen der Senator (wahrscheinlich vergeblich) verlangt, dass sie sich an das Vorwählervotum in ihren Heimatstaaten halten. Rechnet man diese Superdelegierten und ihre bisher geäußerten Präferenzen nicht mit ein, ist Clinton noch 582 und Sanders noch 894 Stimmen von einer absoluten Mehrheit entfernt. Inklusive der Superdelegierten fehlen Clinton noch 115 und Sanders noch 853 Stimmen.

Handgreifliche innerdemokratische Auseinandersetzung mit Promi-Anhänger

Dass der Streit darum, wer bei den Demokraten als Präsidentschaftskandidat antreten sollte, nicht nur unter den Kandidaten, sondern auch unter den Wählern trotzdem weitergeht, zeigt ein Vorfall mit dem der aus den Serien The Wire und Treme bekannte Schauspieler Wendell Pierce gestern Schlagzeilen machte: Der Clinton-Anhänger soll sich in einem Hotel in Atlanta so sehr mit einer Sanders-Anhängerin gestritten haben, dass die Polizei wegen Körperverletzung gegen ihn ermittelt. Der Bunk-Moreland-Darsteller schildert die Auseinandersetzung allerdings ganz anders als die Frau und spricht von Selbstverteidigung gegen insgesamt drei Personen.

Auch US-Medien kümmern sich weiterhin um den 74-Jährigen, der den Großteil seiner Karriere als Unabhängiger gegen Mitglieder der Demokratischen Partei antrat und siegte. Politico brachte beispielsweise eine ältere Geschichte über Sanders Ehefrau Jane, die zwischen 2004 und 2011 Präsidentin des Burlington College war. In dieser Position befürwortete sie den Kauf eines Grundstücks vom Bistum Burlington. Als sich ihre Erwartungen zu steigenden Spenden und Einnahmen aus Studiengebühren nicht erfüllten, trat die irischstämmige Katholikin zurück und es kam zu einem Vergleich zwischen dem College und dem Bistum.

Umfrage: 40 Prozent der Sanders-Anhänger in West Virginia würden eher für Trump als für Clinton stimmen

Der Streit geht auch deshalb weiter, weil keineswegs ausgemacht ist, dass Sanders' Anhänger am 8. November für Clinton stimmen werden: In West Virginia ergab eine Umfrage sogar, dass über 40 Prozent zu Donald Trump tendieren, weil sie sich von diesem Überraschungssieger bei den Republikanern eine bessere Vertretung ihrer Interessen erwarten: Trump positioniert sich nämlich - anders als Clinton - als Kritiker von Freihandelsabkommen, Wall-Street-Banken wie Goldman Sachs und einer teuren interventionistischen Außenpolitik. Stattdessen stellt er Steuersenkungen für Normal- und Steuererhöhungen für Großverdiener in Aussicht. Auch seine Einwanderungsbeschränkungspläne kommen gerade bei Geringsverdinern gut an, die die Konkurrenz von Zuzüglern am meisten fürchten.

Hinzu kommen Clintons unterirdische Glaubwürdigkeitswerte, die sich durch ihre Wahlkampfauftritte mit übertrieben theatralischer Mimik und Gestik nicht bessern. Dieser Mangel an Glaubwürdigkeit trägt dazu bei, dass auch Mitglieder des Establishments wie der Glücksspiel-Milliardär Sheldon Adelson öffentlich auf Trump als Sieger setzen. Ob Hillary Clintons Ankündigung, ihren Ehemann Bill (der deutlich beliebter ist als sie) zwar nicht in ihr Kabinett zu berufen, ihm aber die Aufgabe der Wirtschaftsbelegung anzuvertrauen, ist fraglich:

Einerseits entwickelten sich Wirtschaft und Haushalt unter seiner Präsidentschaft deutlich besser als unter denen seines Vorgängers und seines Nachfolgers aus der Bush-Dynastie, andererseits wirft die Berufung eines Ex-Präsidenten, der nicht mehr antreten darf, verfassungsrechtliche Fragen auf, die der Kandidatin eher schaden könnten. Zudem spricht einiges dafür, dass die wirtschaftliche Genesung unter Bill Clinton auch dem damals republikanisch beherrschten Kongress geschuldet war, der dem Präsidenten eine ganz andere Politik abrang, als dieser sie versprochen hatte.

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