Waldbrände in halb Italien: Brandstiftung und Klima

Nationaler Notstand ausgerufen: Dieses Jahr sind es überdurchschnittlich viele hartnäckige Brandstellen, die zur Evakuierung ganzer Landstriche geführt haben

Seit Beginn der Hitze- und Dürrewelle im Juni wurden bereits 37.000 Feuerwehreinsätze durchgeführt, wobei die Situation auf Sizilien, wo im Augenblick über 250 aktive Brände die Region verwüsten, besonders alarmierend ist. Ganze 2.612 Waldbrände konnten bis dato gezählt werden. Das macht einen Durchschnitt von zwölf Waldbränden pro Tag seit Jahresbeginn.

Unentwegt fliegen Löschflugzeuge des Zivilschutzes ihre Einsätze im Kampf gegen die Flammen, doch es sind zu wenige, weshalb Italien um Hilfestellung und um weitere Löschflugzeuge aus anderen EU-Ländern gebeten hat.

Betroffen ist ganz Mittel- und Süditalien: Marken, Latium, Abruzzen, Basilikata, Molise, Apulien, Kalabrien, Sizilien und Sardinien. In Pescara ging der berühmte Park Pineta Dannunziana in Flammen auf, weshalb an die 800 Anwohner ihre Häuser evakuieren mussten. Im Latium haben die Flammen in der Nähe des Flughafens Ciampino zugeschlagen, sodass der Flugverkehr unterbrochen werden musste. Auf Sizilien wurden besonders Ferienanlagen und der Süden der Stadt Catania getroffen. Es lodert aber auch im Hinterland von Enna, Palermo und Ragusa.

Auf Sardinien mussten mehr als 1.500 Menschen ihre Häuser verlassen. Im Umland von Oristano sind bereits 25.000 Hektar Wald und Weideland in Flammen aufgegangen. Laut dem Landwirtschaftsverband Coldiretti wird es mindestens 15 Jahre dauern, bis Wälder und mediterrane Macchia wiederhergestellt sind. In Mitleidenschaft gezogen wurden aber auch Weiden, Olivenhaine, Lagerhäuser und Scheunen mit Futtervorräten und landwirtschaftlichen Maschinen - ein unkalkulierbarer Schaden für die Landwirtschaft sowie für das Image der Insel.

Angaben über die genaue Anzahl der Verletzten gibt es noch nicht. Allein fünf Personen, darunter ein kleines Kind, wurden nach dem Brand in Pescara gemeldet. Eine Tragödie in der Tragödie sind die vielen Tiere (auch Wildtiere), die ums Leben gekommen oder schwer verletzt wurden.

Im Rekordjahr 1981 brannten ganze 225.000 Hektar Wald ab und letztes Jahr wurde insgesamt eine Fläche von 55.000 Hektar Wald durch Brände verwüstet. Dieses Jahr hat die Feuersaison früh angefangen, und die Herbstbrände im September-Oktober könnten noch schwerwiegender ausfallen als die Brände im Sommer.

Vandalismus, Interessen oder Rache

Statistiken des Forstamtes aus dem Jahr 2019 belegen, dass nur ein minimaler Prozentsatz von weniger als zwei Prozent aller Brände spontan entsteht. Natürliche Brandursachen können Blitzschlag, Vulkanaktivität oder Selbstentzündung sein; wohingegen fast sechs von zehn Fällen auf vorsätzliche Brandstiftung zurückzuführen sind.

Früher wurden Waldflächen von Hirten in Brand gesetzt, um Weideland zu gewinnen und immer noch gibt es einen kleinen Prozentsatz fahrlässiger Brandstiftungen, die außer Kontrolle geraten, doch der Großteil der Brände wird vorsätzlich gelegt.

Vermutlich zielen Brandleger auf den wirtschaftlichen Gewinn durch die Wiederaufforstung ab, oder es handelt sich dabei ganz einfach um gestörte Pyromanen. Angesichts der großen Schäden sollte sich die Justiz in Gang setzen, um nach den Verantwortlichen zu suchen.

Schon seit Jahren fordern Forstpersonal und Bevölkerung eine intensivere Kontrolle über das Territorium, präventive Schutzmaßnahmen, Meliorationen und Säuberung der Wälder, mehr Brandschneisen. Generell wünscht man sich weniger Bürokratie und mehr Effizienz. Seit Jahren klagt das Forstamt etwa über Personalmangel, was die Erhaltung und die Pflege der Landschaft sehr erschwert.

Komplizen der Brände sind, neben der Wetterlage und den heftigen Winden, also auch eine nachlässige politische Verwaltung sowie die schlampige Landbewirtschaftung. Würden die alljährlich wieder eintretenden Brände durch einen gezielten Landschaftsplan zur Regeneration der Vegetation eingedämmt, wären die Schäden geringfügiger.

In diesem Zusammenhang hat das Komitee "Salviamo gli ulivi del Salento" (Rettet die Olivenbäume des Salento) eine Petition gestartet und einen offenen Brief an die regionalen Verwaltungen geschrieben.

Unter anderem fordert es die sofortige Aktivierung eines außerordentlichen Plans zur Bewältigung der Brandkatastrophe und finanzielle Anreize für Landbesitzer zur Wiederaufforstung und Anpflanzung von Baumarten, die mit der ökologischen und landschaftlichen Bestimmung des Gebiets vereinbar sind.

Erhöhtes Brandrisiko durch Klimawandel

Es gibt viele Ursachen für Waldbrände. Auch der Klimawandel hat eine Mitschuld. Einerseits verringert er die Widerstandsfähigkeit und Belastbarkeit des Ökosystems Wald gegenüber einem an sich natürlichen Phänomen, dem Feuer - andererseits erhöht der Anstieg der Jahresdurchschnittstemperaturen die Wahrscheinlichkeit der Brandentstehung.

Verschobene Niederschlagsmuster und Extremwetter beeinträchtigen die Integrität und Funktionalität der Wälder, wodurch die Brandgefahr steigt. Wenn die Rekordhitze von bis zu 45 Grad im Schatten weiterhin anhält, könnte das Schlimmste noch bevorstehen.