Wann endet Fracking?

Seite 2: Petro-Staat USA

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es scheint, dass Russland nun vorhat, die amerikanischen "Fracker" implodieren zu lassen. Igor Setschin, der Chef des staatlich kontrollierten Ölkonzerns Rosneft hatte die vor drei Jahren begonnene Zusammenarbeit Russlands mit der OPEC offen kritisiert. Ihretwegen seien die Vereinigten Staaten in dieser Zeit dank der Fracking-Technologie zum weltgrößten Ölförderer aufgestiegen. Russlands aktuelle Strategie scheint diesen Kurs korrigieren zu wollen.

Denn wie Saudi-Arabien sind auch die USA von einem hohen Ölpreis abhängig. Dort ist der Sweet Spot des Ölpreises ein heikles Thema, insbesondere im Wahljahr. Wenn der Ölpreis zu hoch ist, können potentielle Wähler vergrault werden. Wenn er zu niedrig ist, kürzen die Öl-Konzerne ihre Tätigkeit und entlassen Tausende von Arbeitnehmern. Die Anfälligkeit der Fracking-Industrie zeigte sich, als Saudi-Arabien im Jahr 2014 die Ölförderung ankurbelte und die Preise auf dem Weltmarkt fallen ließ. Rund 150 Fracking-Firmen dadurch pleite.

Die, die überlebten, konnten lange Zeit einen Preis zwischen 60 und 70 US-Dollar pro Barrel aushalten. In den letzten Jahren hat die Frackingindustrie so das Land zum weltweit größten Ölproduzenten aufsteigen lassen. Sie ist allerdings auf immensen Schulden gebaut, deren Tilgung wiederum erst ab höheren Barrelpreisen ermöglicht wird. Zudem ist die Gewinnung kostenintensiv, Fracking-Öl daher teuer und abhängig von einem Marktpreis jenseits von 100 US-Dollar, um überhaupt profitabel zu sein.

Ölreiche Länder wie den Iran oder Venezuela haben die USA auch mit diesem Hintergrund vom Weltmarkt ausgeschlossen. Derzeit stocken die USA ihre Öl-Lager auf, was anderes bleibt ihnen auch nicht übrig. Die Analysten von Rystad schätzen, dass weltweit etwa 7,2 Milliarden Barrel Rohöl und Produkte gelagert werden, darunter 1,3 bis 1,4 Milliarden Barrel an Bord von Öltankern auf See. Auch Saudi-Arabien soll derzeit viele Öl-Tanker geleast haben, um Öl zu lagern.

"Big Oil"-Firmen wie Exxon oder Chevron erwägen Ausgabenkürzungen und Kosteneinsparungen. Die nächsten Monate dürften für die ganze Branche turbulent werden. Der Hedge-Fonds-Manager Kyle Bass forderte die Trump-Administration am Mittwoch auf, Vergeltungsmaßnahmen gegen Russland und Saudi-Arabien zu ergreifen, indem sie einen Zoll von 10 Dollar pro Barrel auf importiertes Rohöl erhebt.

US-Außenminister Michael Pompeo soll am Dienstag mit Mohammed bin Salman gesprochen haben, berichtet Arab News. Laut Morgan Ortagus, Sprecherin des Außenministeriums, habe Pompeo bin Salman aufgefordert, "die globalen Energie- und Finanzmärkte zu beruhigen, da die Welt mit ernsthafter wirtschaftlicher Unsicherheit konfrontiert ist."

Aktuelle Tiefstpreise führen derzeit dazu, dass China Rekordmengen russisches Öls aufkauft und damit Moskau vorübergehend den Rücken stärkt. Auch Autofahrer in Europa erfreuen sich an den derzeitigen Spritpreisen. Doch Grund zur Freude gäbe es erst, wenn die Tage der Frackingindustrie gezählt wären. Das Konjunkturpaket wurde jedenfalls nicht dafür genutzt, um Investitionen und Vertrauen in Erneuerbare Energien zu fördern.