War der Rechtsterrorist Brevik das Vorbild?
Der rassistische Mordversuch in Wächtersbach wirft Fragen auf
Nun hat auch ein Sprecher der Bundesregierung den Mordversuch am Montag in der hessischen Stadt Wächtersbach als "abscheuliche Tat" verurteilt. Am 22. Juli hatte der 55jährige Roland K. in der Industriestraße am Rande von Wächtersbach auf einen Mann aus Eritrea geschossen.
Er überlebte nach einer Notoperation schwer verletzt und ist mittlerweile außer Lebensgefahr. Wenige Stunden später fand die Polizei den Täter tot in seinem Auto. Dort fanden sich auch weitere Waffen und ein Abschiedsschreiben.
Bisher gibt die Polizei den Brief nicht frei und so wachsen die Spekulationen. Mittlerweile vermelden Medien, dass darin rassistische Motive zu finden seien. Zudem habe der Täter darin erklärt, dass er schon mit seinen Leben abgeschlossen habe. Das würde die Vermutung stärken, dass der Täter bewusst den 22. Juli für seine Tat wählte.
Am 22. Juli genau vor acht Jahren ermordete der Neonazi Anders Breivik 77 Menschen in Oslo und auf der Insel Utøya. Am 22. Juli 2016 erschoss der vermutliche Neonazi David Sonboly neun Menschen in einem Münchener Einkaufszentrum. In einen vor der Tat verfassten Manifest hatte sich Sonboly positiv auf Brevik bezogen.
Wollte auch der Täter von Wächtersbach am 22. Juli ein faschistisches Fanal setzen? Und wird dieser Tag zu einer besonderen Markierung für sogenannte einsame Wölfe unter der internationalen Rechten, an dem sie ein mörderisches Zeichen setzen? Müssen wir uns also jetzt womöglich vor jeden 22. Juli fürchten, dass die Rechten irgendwo auf der Welt in Gedenken an Brevik wieder zuschlagen?
Keine rechte Gesinnung des Täters?
Die Taz-Kolumnistin Doris Akrap hat wohl bereits vor dem Mordversuch in Wächtersbach ihre Kolumne begonnen, die mit folgenden Sätzen endete:
Wenn diese Kolumne erscheint, haben wir den 23. Juli. Es wäre gut, wenn es bald einen 23. Juli gibt, an dem die Welt sagen kann, dass sie das mit dem rechtsradikalen Terrorismus erfolgreich verdrängt hat - und es sitzt währenddessen keine rechtspopulistische Partei in einer Regierung und sorgt dafür, dass die Einwanderungsgesetze verschärft werden. Ob der rechtsradikale Täter von Wächtersbach sich den 22. Juli zufällig ausgesucht hat?
Doris Akrap, taz
Die Antwort auf die Frage wäre deshalb schon interessant, weil nun, wo schon das rassistische Motiv der Tat nicht mehr angezweifelt werden kann, von den Ermittlungsbehörden betont wird, dass eine rechtsradikale Gesinnung des Täters reine Spekulation ist. Da sucht sich ein Mann bewusst einen ihm völlig unbekannten nichtweißen Mann als Opfer aus und trotzdem wollen die Ermittlungsbehörden keine rechte Gesinnung sehen.
Hätte er erst ein großes Hakenkreuz auf sein Auto sprühen müssen, damit man ihn eine rechte Gesinnung bescheinigt? Diejenigen, die in Wächtersbach und Umgebung schon seit Jahren gegen rechte Aktivitäten tätig sind, lassen sich davon nicht beeindrucken.
"Utøya 2011, München 2016, Wächtersbach 2019??" Diese alarmierende Überschrift trägt eine Presseerklärung der Kreistagsfraktion der Linken im hessischen Städtchen Wächtersbach. Es gibt Anzeichen für eine rechte Szene in Wächtersbach und Umgehung.
Der SPD-Landrat des Rhein-Kinzig-Kreises, Erich Pipa, wurde wegen seines Bekenntnisses zu einer Willkommenskultur für Geflüchtete im Herbst 2015 auch nach seiner Pensionierung noch mit Drohbriefen verfolgt. Erst nach dem Nazi-Mord an Walter Lübcke wegen seiner flüchtlingsfreundlichen Äußerungen wurde Pipas Bedrohung ernster genommen.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Inhalt geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.