Warum LNG-Projekte Joe Biden zu Fall bringen könnten

Im Wahlkampf steht Joe Biden vor einem Dilemma. Der Grund sind LNG-Projekte, die seine Wiederwahl gefährden könnten. Das sind die Hintergründe.

Die USA sind in den vergangenen zwei Jahren zum weltweit größten Exporteur von verflüssigtem Erdgas (LNG) aufgestiegen. Nach der russischen Invasion in der Ukraine liefen die US-Exporte auf Hochtouren, schreibt das Wall Street Journal (WSJ).

Deutschlands wachsende Abhängigkeit von US-Erdgas

Seit März 2022 haben US-Unternehmen demnach 57 Lieferverträge mit einem jährlichen Gesamtvolumen von rund 73 Millionen Tonnen LNG abgeschlossen. Das ist mehr als viermal so viel wie zwischen 2020 und 2021.

Auch Deutschland gehört zu den Kunden, die in großem Umfang LNG aus den USA beziehen. Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden 2023 rund 85 Prozent der deutschen LNG-Importe aus den USA kommen.

Sefe und EnBW: Lobbyarbeit zur LNG-Beschaffung

In den kommenden Jahren soll die Menge weiter steigen. Der deutsche Staatskonzern Sefe (ehemals Gazprom Deutschland) und der Energiekonzern EnBW setzten sich in Washington sogar für die Genehmigung des umstrittenen Projekts Calcasieu Pass 2 (CP2) ein.

Das US-Unternehmen Venture Global LNG will CP2 im Süden Louisianas bauen. Die Anlage soll 2026 in Betrieb gehen. Venture Global LNG rechnet mit einer Jahresproduktion von 28 Millionen Tonnen LNG.

Ein Teil davon soll nach Deutschland fließen. Sefe hat über seine Tochter Wingas im vergangenen Sommer einen Liefervertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren unterzeichnet. Von dort sollen jährlich 2,25 Millionen Tonnen LNG bezogen werden.

Politische Kontroversen um LNG-Projekte in den USA

Doch CP2 und andere LNG-Projekte werden für Joe Biden im US-Wahlkampf zur Belastung, schreibt das Wall Street Journal. Klimaaktivisten und demokratische Abgeordnete fordern ihn zunehmend auf, weitere LNG-Projekte zu stoppen.

Sie argumentieren, die US-Regierung habe es im Genehmigungsverfahren versäumt, die schädlichen Auswirkungen der Gasexporte auf das Klima, die US-Wirtschaft und die lokalen Gemeinden zu berücksichtigen.

Im November hatten 65 demokratische Senatoren und Abgeordnete des Repräsentantenhauses einen Brief mit entsprechenden Forderungen an Energieministerin Jennifer Granholm geschickt. Und im Dezember forderten mehr als 230 Klimagruppen die Ministerin auf, CP2 nicht zu genehmigen.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, riefen die Umweltschützer zu Aktionen auf. Mit dreitägigen Sitzblockaden vor dem Energieministerium wollen sie ein Ende des LNG-Booms erreichen.

Biden im Spannungsfeld: Umweltversprechen gegen Energiebedarf

Dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden kommt der Widerstand ungelegen. Seine erneute Kandidatur ist ohnehin umstritten – im Wahlkampf muss er aber auch junge, klimabewusste Wähler für sich gewinnen.

Das dürfte nicht einfach werden: Biden hat in seiner bisherigen Amtszeit zahlreiche Energieprojekte abgesegnet, die seine Umweltbilanz durchwachsen erscheinen lassen.

Andererseits steht Biden unter Druck. Verbündete wie die Europäer sind auf die Energielieferungen der USA angewiesen. Ohne diese Sicherheit hätte man sich wohl kaum auf einen Wirtschaftskrieg mit dem bisherigen Hauptgaslieferanten Russland eingelassen.

Die Zukunft der US-Energiepolitik unter Biden

Im letzten Wahlkampf hatte Biden versprochen, das Land aus der Öl- und Gasindustrie herauszuführen. In seiner Amtszeit hat er die Branche jedoch weitgehend von staatlicher Regulierung ausgenommen.

Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine unterstützte er die Branche, indem er die Europäer davon überzeugte, Erdgas nicht mehr aus Russland, sondern aus den USA zu beziehen. US-Beamte und Analysten gehen dem Bericht zufolge davon aus, dass Biden Energieprojekten auch in Zukunft keine Steine in den Weg legen wird.

Das Dilemma der US-Energieexporte: Innenpolitische Herausforderungen

Biden befindet sich somit in einem Dilemma: Schränkt er die Gasförderung nicht ein, könnte er einen Teil seiner Wählerschaft und seiner Partei gegen sich aufbringen. Schränkt er sie aber ein, dann steigen in den USA die Energiepreise, wenn weiterhin LNG exportiert wird. Das würde ihn nicht nur im Land unbeliebt machen, sondern auch die Verbündeten vor den Kopf stoßen.

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