Warum Wasserstoff als Erdgas-Ersatz ein Märchen ist

Seite 2: Warum Wasserstoff keine Lösung für die Heizung zuhause ist

Wasserstoff mittels Strom aus fossilen Kraftwerken herzustellen und dann zur Wohnungsheizung zu verbrennen, ist ein ziemlich unglücklicher Rettungsversuch, der zudem Jahrzehnte Vorlauf benötigen würde, wie oben aufgezeigt wurde.

Erst wenn die Stromerzeugung aus Erneuerbaren einen massiven Überschuss liefern würde, könnte man überhaupt an die Erzeugung von grünem Wasserstoff denken.

Gerade am vergangenen Dienstag wurde im Wissenschaftsjournal Joule eine Studie veröffentlicht, die der Frage nachgegangen ist, ob sich Wasserstoff zum Heizen von Häusern eignet oder ob es sich dabei nur um einen "Wunschtraum" handelt.

Analysiert wurden mehr als 30 Studien, die sich mit Wasserstoff als Brennstoff für Heizung befasst haben. Das Ergebnis dieser Auswertung ist eindeutig. Eine verbreitete Nutzung von Wasserstoff für Heizzwecke wird "von keiner der 32 Studien unterstützt, die in dieser Analyse untersucht wurden".

"Die Verwendung von Wasserstoff zum Heizen mag auf den ersten Blick attraktiv klingen", sagt Rosenow. Der Europa-Direktor der Energie-Denkfabrik The Regulatory Assistance Project hat an der Studie mitgearbeitet. Er kommt zu dem Ergebnis:

Heizen mit Wasserstoff ist weit weniger effizient und teurer als Alternativen wie Wärmepumpen, Fernwärme und Solarthermie.

Jan Rosenow

Der Einsatz von Wasserstoff zum Heizen von Privathaushalten ist im Vergleich dazu weniger wirtschaftlich, weniger effizient, ressourcenintensiver und zudem mit größeren Umweltauswirkungen verbunden, argumentiert Rosenow.

So "grün", wie der Wasserstoff gerne genannt wird, ist die Alternative dann aber real nicht. Verwiesen wird unter anderem darauf, dass auch bei den Haushalten erhebliche technische Änderungen erforderlich werden würden, einschließlich der Rohrleitungen in den Häusern unter anderem wegen der Versprödung. Das würde auch die Haushalte enorm viel Geld kosten.

Zudem ist es reichlich ineffizient, Strom aus erneuerbaren Quellen für eine Elektrolyse von Wasser zu verwenden, um dafür Wasserstoff herzustellen. "In Großbritannien würde das Heizen von Häusern mit grünem Wasserstoff etwa sechsmal mehr erneuerbaren Strom verbrauchen als Wärmepumpen", erklärt David Cebon von der Hydrogen Science Coalition und Professor für Maschinenbau an der Universität Cambridge gegenüber der BBC.

Man habe weder die Zeit noch die Mittel, um die Rolle des Wasserstoffs beim Heizen von Häusern weiter zu untersuchen, vor allem dann, wenn die Gesetze der Thermodynamik beachtet würden, fügte er an.

Die Studie kommt letztlich zu dem Ergebnis, dass man es mit einem Wunschtraum zu tun hat, der zudem große "Gefahren" birgt. Die Umwandlung des Stroms aus Wind- oder Sonnenenergie in Wasserstoff und seine anschließende Verbrennung zu Hause verbrauche deutlich mehr Energie, als den Strom direkt zur Beheizung eines Hauses über eine Wärmepumpe zu benutzen.

Die Debatte über Wasserstoff für Heizzwecke könne "zu einer Verzögerung bei der Einführung alternativer, sauberer Heiztechnologien führt, die schon heute verfügbar sind und die Treibhausgasemissionen bereits jetzt reduzieren, einschließlich energieeffizienter Wärmepumpen, Fernwärme, Solarthermie und anderer".

Was die Politik anders machen müsste

In Anbetracht der Dringlichkeit, die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren, sollten sich Politik und Regulierung auf die verstärkte Einführung heute verfügbarer Technologien konzentrieren, anstatt die breite Verfügbarkeit von Wasserstoff zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten.

Extra ein eigenes Wasserstoffdistributionsnetz aufzubauen, wird schwerlich finanzierbar sein, weil die Versorger aktuell durch die Erdgasbeschaffung ausgeblutet werden und keine Mittel für Investitionen in ein Wasserstoffnetz verfügbar haben. Wasserstoff als Heizgas ist somit klar als "Märchen" zu bezeichnen.

Eine konsequente Wärmedämmung wird dagegen zudem den Heizgasbedarf weiter schrumpfen lassen, so dass sich Gasnetzinvestitionen aus dem laufenden Betrieb nicht mehr finanzieren lassen.

Für den kontinuierlich sinkenden Wärmebedarf werden Wärmepumpen, Solarthermie und die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen wie Hackschnitzel und Pellets in Nahwärmenetzen deutlich wichtiger werden.