Fragen und Antworten zur Fernwärme – und wie sie grüner werden soll

Ein Heizkraftwerk speist die Fernwärmesysteme.

Heizkraftwerk in Berlin. Hier wird Wärme erzeugt, die über das Fernwärmesystem in die Häuser gelangt. Bild: Georg Slickers, CC BY-SA 2.5 via Wikimedia Commons

Auch im Wärmesektor soll weniger Kohlendioxid produziert werden. Fernwärme spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Herausforderungen.

Die Bundesregierung treibt die Wärmewende voran. Heizen soll klimaneutral werden und die Fernwärme spielt in den Plänen eine zentrale Rolle. Am Dienstag hatte etwa Berlins Wirtschaftssenatorin, Franziska Giffey (SPD), die bedeutende Rolle der Fernwärme betont. In der Hauptstadt sollen deshalb mehr Haushalte an das Heizsystem angeschlossen werden.

Die Pläne der Bundesregierung sind ehrgeizig. "Das Ziel ist erst mal, 100.000 Haushalte pro Jahr zusätzlich anzuschließen", hatte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kürzlich gesagt. Mit einer Gesetzesreform sollen Länder und Kommunen verpflichtet werden, entsprechende Pläne zu entwickeln.

Zweifel am Ausbau der Fernwärme äußerte am Montag die Leiterin der Wirtschaftsredaktion der Rheinischen Post, Antje Höning. Fernwärme sei eine grüne Gaukelei, schrieb sie. Denn solange die Wärme mit Kohle- oder Ölkraftwerken erzeugt werde, sei daran gar nichts grün. Ergrünen lassen könnten sie wasserstofffähige Kraftwerke; aber ob sie rechtzeitig kämen, sei noch völlig offen.

Höning sieht in der Fernwärme das letzte natürliche Monopol, welches zerschlagen gehöre. Mit anderen Worten: Beheizt werden soll ein Haus so, wie es dem Eigentümer beliebt. Um die Klimaziele zu erreichen, müssten sie dann vermutlich alle mit Wärmepumpen ausgerüstet werden. Dabei übersieht Höning die Vorteile der Fernwärme, die sie bislang auszeichnen.

Fragen und Antworten zum Thema Fernwärme

Die Idee der Fernwärme ist alt und in Deutschland ist sie seit Jahrzehnten großflächig im Einsatz. Mit der Wärmewende soll die Bedeutung von Fernwärmenetzen noch deutlich steigen. Vom Ausbau der Netze bis zur Dekarbonisierung der Wärmeproduktion gibt es aber noch eine Reihe von Baustellen.

Wie funktioniert Fernwärme?

Bei der Fernwärme wird die Wärme nicht im Wohnhaus erzeugt, sondern in einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung. Oftmals basieren die Heizwerke auf der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK): Sie produzieren sowohl Strom als auch Wärme.

Die Wärme kann aber auch aus Müllverbrennungsanlagen stammen, aus Geothermie sowie Solarthermie – und seit einiger Zeit ist auch der Einsatz von Großwärmepumpen im Gespräch.

In den Kraftwerken wird meistens Wasser erhitzt, das dann durch isolierte Rohre in die Häuser geliefert wird. Etwa jeder siebente Haushalt wird auf diese Weise mit Wärme versorgt, hauptsächlich in den Ballungszentren. Und rund 40 Prozent der erzeugten Wärme wird von der Industrie verbraucht.

Was sind die Vorteile der Fernwärme?

Fernwärme hat viele Vorteile für die Umwelt und die Gesellschaft. Die KWK-Anlagen sind besonders effizient, weil sie gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen. Allein durch die Nutzung von Abwärme helfen sie heute schon dabei, CO₂-Emissionen zu verringern.

Die Fernwärme bringt aber auch eine finanzielle Entlastung mit sich: Die Investitions- und Wartungskosten der individuellen Heizungsanlagen entfallen.

Ein Nachteil ist dagegen, dass beim Transport des Warmwassers stetig Wärme verloren geht. Deshalb eignen sich Fernwärmenetze in erster Linie für dicht besiedelte Regionen. Moniert wird auch, dass der Markt faktisch ein regionales Monopol ist: Die angeschlossenen Verbraucher sind von einem Versorger abhängig.

Welche Probleme gibt es beim Ausbau der Fernwärmenetze?

Die Fernwärme steht aber auch vor einigen Herausforderungen. Eine davon ist der Ausbau des Netzes. Um mehr Verbraucher an das Fernwärmenetz anzuschließen, müssen neue Leitungen verlegt werden.

Dies erfordert hohe Investitionen und eine gute Planung. Die Startinvestitionen sind wesentlich höher als beim Einbau klassischer Heizanlagen für einzelne Häuser. Und auf die Planung der Netze kommt es letztlich an, wie effizient sie sind; denn, je mehr Gebäude angeschlossen sind, desto effizienter ist das Netz.

Die bestehenden Netze müssen zudem modernisiert werden, um den Anforderungen an Effizienz und Flexibilität gerecht zu werden.

Wie kann die Fernwärme dekarbonisiert werden?

Die Fernwärme wird heute noch in Deutschland überwiegend aus fossilen Energiequellen gewonnen. Der Anteil von Erdgas beträgt dabei 44 Prozent, Kohle macht 21 Prozent aus. Erneuerbare Energien wie Biomasse machen bislang nur 22 Prozent aus. Mit Strom betriebene Großwärmepumpen spielen noch keine Rolle.

Letztere dürften in Zukunft aber deutlich an Bedeutung gewinnen, denn auch die Wärme in den Netzen soll künftig zu mindestens 65 Prozent aus klimaneutralen Quellen stammen. Ab kommendem Jahr soll das schon für neue Fernwärmenetze gelten. Im Jahr 2030 soll diese Regelung dann auch für bestehende Netze gelten.

Potenzial der Großwärmepumpen

Ein möglicher Lösungsansatz für die Dekarbonisierung der Fernwärme ist der Einsatz von Großwärmepumpen, die Umweltwärme aus Luft, Wasser oder Erde nutzen und auf ein höheres Temperaturniveau bringen. Großwärmepumpen können sowohl als alleinige Wärmequelle als auch in Kombination mit anderen Quellen eingesetzt werden.

Agora Energiewende sieht ein großes Potenzial in den Großwärmepumpen. Deutschland verfüge über mehr Umwelt- und Abwärmequellen als benötigt werden, um den gesamten Wärmebedarf im Temperaturbereich bis 200 Grad Celsius decken zu können, erklärte kürzlich Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende. Mit Großwärmepumpen würden diese Wärmequellen großflächig für Industrie und Fernwärme nutzbar.

Mit einer Leistung von 60 Megawatt ist die Bedeutung der Großwärmepumpen für die Wärmeerzeugung in Deutschland verschwindende gering. Doch bei Agora Energiewende geht man davon aus, dass bis 2045 über 70 Prozent der Fernwärme in Deutschland durch Großwärmepumpen bereitgestellt werden könnten.

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