Warum das einheitliche USB-C-Ladekabel eine Illusion ist
Anstelle gerätespezifischer Ladekabel will die EU jetzt USB-C als Standard für alle durchsetzen. Warum diese Idee nicht zu Ende gedacht ist.
Vor bald 20 Jahren hatten chinesische Smartphone-Hersteller erkannt, dass ihre Ladegeräte eine höhere Lebenserwartung hatten, als ihre Smartphones. Dies war nicht zuletzt durch die rasante technische Entwicklung und die Technikverliebtheit der Nutzer bedingt. Als Standard für den Ladekabelanschluss einigte man sich in China damals auf Micro-USB.
Diesen Standard wollte die EU-Kommission keinesfalls übernehmen, weil man eine eigene Lösung suchte, um nicht von China abhängig zu sein. Dabei hatte man vollständig ausgeblendet, dass praktisch alle Smartphones, die in der EU verkauft werden, von chinesischen Herstellern produziert werden.
Einzig die auf Siemens zurückgehende Firma Gigaset Communications produziert in Deutschland, befand sich aber schon damals mehrheitlich in chinesischem Besitz. Auch der neue Eigentümer, der das deutsche Werk und die Marke übernommen hat, kommt aus Fernost.
Was versteht man unter USB?
USB Implementers Forum ist eine non-profit-Organisation, die 1995 von mehreren Herstellern gegründet wurde, um die Spezifikationen für den sogenannten Universal Serial Bus als Standard für die Datenübertragung festzulegen. Später kam dann noch die Ladefunktion bei mobilen Geräten dazu.
Unter dem Namen USB sind heute zahlreiche unterschiedliche Standards verfügbar, die für den gemeinen Nutzer kaum überschaubar sind.
Inzwischen findet man unter dem Begriff USB zahlreiche Definitionen von kompatiblen Kabeln und Steckern sowie über USB-Ladegeräte USB Power Delivery. Da sich USB als dynamischer Standard versteht, ändert sich die Ausgestaltung im Laufe der Zeit.
Selbstverpflichtung der Industrie ist gescheitert
Im Jahre 2009 einigten sich 14 Hersteller in einer Selbstverpflichtung auf einen einheitlichen Standard für Smartphone- und Tablet-Netzteile. Von etwa 30 Ladebuchsen-Typen reduzierte sich die Zahl der unterschiedlichen Anschlüsse auf die drei USB-C, Apples Lightning sowie den inzwischen kaum noch genutzten Micro-USB-Anschluss, der nur als Sonderausführung wendefähig ist. Die Vereinbarung trat 2011 in Kraft, lief jedoch nach zehn Jahren schon wieder aus.
In den Jahren 2013 und 2014 erneuerten einige Hersteller die Vereinbarungen mit der EU. Dies galt jedoch nur für die mechanische Form des Steckers. Elektrisch unterschieden sich die Ladekabel, weil damals übliche USB-Standard 2.0 mit 2,5 Watt für viele Geräte nicht genügte, um sie schnell aufzuladen.
Daher nutzen zahlreiche Hersteller proprietäre Aushandlungsmechanismen zwischen Ladegerät und Smartphone, um mehr Strom über das Kabel zu schicken. Einige Ladegeräte, primär für größere Handys, erreichten Werte um die 10 Watt und verletzten damit den Standard.
Die EU startet einen neuen Versuch als Vorschrift
Nachdem die freiwilligen Vereinbarungen mit den Smartphone-Herstellern nicht zu einer dauerhaften Standardisierung geführt hatte, hat man in Brüssel inzwischen einen erneuten Anlauf unternommen, eine Vereinheitlichung der Ladekabel zu erreichen. Der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder vermerkte dazu schon 2022:
Die politische Festlegung auf einen technischen Standard wird vor allem Innovationen bremsen und läuft dem wichtigen Grundsatz der Technologieoffenheit massiv zuwider. Weil wohl kein Hersteller allein für den europäischen Markt eine Sonderlösung produziert, heißt der faktisch weltweite Standard für Ladekabel ab 2024 USB-C. Innovationen etwa bei Ladedauer oder Datenübertragung werden damit politisch ausgebremst – zum Nachteil der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die aktuelle Situation ist jedoch deutlich komplizierter, weil für Laien nicht deutlich erkennbar. Es gibt steckerkompatible Verbindungen, die unterschiedlich beschaltet sind.
Manche können nur zum Laden der Geräte genutzt werden, andere nur zur Datenübertragung und eine dritte Gruppe für beide Funktionen. Außerdem können sich Kabel darin unterscheiden, wie schnell sie laden oder übertragen können. Das schlägt sich auch im Preis nieder, den die Verbraucher zahlen müssen.
Der Deutsche Bundestag stimmte nun Mitte März für eine Anpassung des Funkanlagengesetzes und adaptierte die Vorgaben der EU-Kommission. Ab 2026 gilt der USB-C-Standard auch für Laptops. Die benötigen jedoch deutlich mehr Leistung als die Smartphones und sind sichtbar größer als ihre inzwischen immer weiter geschrumpften Smartphone-Geschwister.
Zudem hat das aktuell beschlossene Gesetz einen Schönheitsfehler der freiwilligen Vereinbarungen von vor gut zehn Jahren geerbt. Wie Ralph Lenkert (Die Linke) feststellte, sind die Hersteller zwar zu einheitlichen Ladekabeln verpflichtet, aber Variationen bei Ladeleistung und Ladesoftware bleiben weiter erlaubt.
Somit hat man den Wettbewerb nur vom Stecker auf die Software verlagert. Da die Kabel nicht entsprechend gekennzeichnet sein müssen, werden Fehlkäufe für Frust und auch für ungewollten Elektroschrott sorgen.