Warum die Opec+ keineswegs gescheitert ist

Russische Außenminister Sergej Lawrow mit saudischem Amtskollegen Faisal bin Farhan

Saudi-Außenminister ist mit russischen Amtskollegen zusammengekommen. Treffen spielt in der westlichen Presse kaum eine Rolle. Sollte es aber

Der Umstand allein, dass die Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates (GCC) in der aktuellen weltpolitischen Lage mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow zusammengekommen sind, ist an sich schon eine starke Botschaft.

Um dieser Botschaft Nachdruck zu verleihen, erklärte der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al Saud auf einer Pressekonferenz im Anschluss an das Ministertreffen in der saudischen Hauptstadt Riad am Mittwoch, die Mitgliedsländer des GCC in Bezug nehmen auf die Krise in der Ukraine eine gemeinsame Haltung ein. Die Pressekonferenz wurde vom Fernsehsender Al Arabiya live übertragen. Al Saud sagte:

Die Länder des Persischen Golfs haben eine gemeinsame Haltung gegenüber der Ukraine-Krise und ihren negativen Folgen, insbesondere im Hinblick auf die Ernährungssicherheit anderer Länder.

Lawrow zeigte sich seinerseits gegenüber den anwesenden Pressevertretern davon überzeugt, dass "die GCC-Länder die Natur des Konflikts zwischen Russland und dem Westen verstehen".

Zuvor hatte Al Saud bei einem bilateralen Treffen mit Lawrow, der zu einem zweitägigen Besuch in Riad weilte, erklärt, die Position des Königreichs zur Krise in der Ukraine basiere auf den Grundsätzen des Völkerrechts und der Unterstützung der Bemühungen um eine politische Lösung der Krise.

M. K. Bhadrakumar ist ein ehemaliger indischer Diplomat. Seine Artikel erscheinen in dem Blog Indian Punchline.

Nach dem Treffen bekräftigte Lawrow, die GCC-Länder würden sich dem Westen bei der Verhängung von Sanktionen gegen Moskau wegen des Konflikts in der Ukraine nicht anschließen: "Unsere Partner aus der Gruppe der Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrates haben großes Verständnis für die internationalen politischen Aspekte, die mit den vom Westen verursachten Ereignissen um die Ukraine zusammenhängen."

Lawrow fügte hinzu: "Wir schätzen und bekräftigen heute noch einmal die ausgewogene Position, die sie zu diesem Thema in internationalen Foren und in der Praxis einnehmen, indem sie sich weigern, sich den illegitimen, einseitigen westlichen Sanktionen gegen Russland anzuschließen."

Nach Angaben des russischen Außenministers beabsichtigen Moskau und die Golfstaaten, ihre Partnerschaft weiter auszubauen. Das steht in scharfem Gegensatz zu den wachsenden Spannungen zwischen Russland einerseits und den USA sowie deren europäischen Verbündeten andererseits.

Nach einem Treffen mit den Spitzendiplomaten der Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwaits, Katars, Bahrains und Omans in Riad sagte Lawrow: "Wir haben unseren Fokus auf die umfassende Entwicklung unserer Partnerschaft betont, auch unter den neuen Bedingungen, die aus der Politik unserer westlichen Kollegen für die Weltwirtschaft erwachsen."

Der Zeitpunkt des GCC-Russland-Ministertreffens und des Besuchs von Lawrow in Riad ist vor allem angesichts der Vorgeschichte von großer Bedeutung Die Beziehungen zwischen der US-Regierung von Präsident Biden und Saudi-Arabien sind nach wie vor zerrüttet, seit Biden das Königreich – noch als Präsidentschaftskandidat – als "Paria-Staat" bezeichnete und das Washingtoner Establishment eine konzertierte Kampagne startete, um den Kronprinzen Mohammed bin Salman für die Ermordung des ehemaligen CIA-Beraters Jamal Khashoggi verantwortlich zu machen.

Jüngsten Berichten in den US-Medien zufolge ist Biden daran interessiert, sich bei einem Besuch in Riad persönlich mit dem saudischen Prinzen zu versöhnen. Und das, nachdem Biden sich bisher geweigert hatte, mit dem Prinzen auch nur zu sprechen oder mit ihm in irgendeiner Form Kontakt zu haben.

Die Kehrtwende in Bidens Annäherung an Saudi-Arabien ist auf die Einsicht in Washington zurückzuführen, dass es zur Isolierung Russlands und zur dauerhaften Schwächung dieses Landes unbedingt notwendig ist, die Kontrolle über den Weltölmarkt zu erlangen. Das wiederum macht die Auflösung des russisch-saudischen Abkommens zur Regelung der weltweiten Ölförderung in den letzten Jahren erforderlich.

Kurzum: Saudi-Arabien ist über Nacht zu einem "Swing State" im Kalkül der USA geworden. Die Haltung Riads zum Ukraine-Konflikt ist in der Strategie der Regierung Biden zur Schwächung Russlands von entscheidender Bedeutung.

Das Potenzial Saudi-Arabiens als "Swing State" hat sich seit 2006 abgezeichnet, als der inzwischen verstorbene König Abdullah seine erste Reise außerhalb des Nahen Ostens seit seiner Ernennung zum saudischen Herrscher nutzte, um China und Indien zu besuchen.

Es war der erste Besuch eines saudischen Königs in China seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern im Jahr 1990 und der erste derartige Besuch in Indien seit 1955.

Aufmerksame Beobachter sahen in der Reise des saudischen Monarchen die Vorboten einer Ära, in deren Verlauf der Einfluss der Vereinigten Staaten in Riad abnimmt und sich die saudische Freundschaft mit einem breiteren Spektrum von Nationen in Asien verfestigt.

Dieser Wandel basiert auf dem Wunsch zur Diversifizierung in verschiedenen Bereichen, weg von dem einem engen Freund USA, dem einen Produkt, Erdöl, der einen Staatsidee, der islamischen Idee. Doch diese Entwicklung ging im folgenden Jahrzehnt nur schleppend voran, bis Prinz Mohammed bin Salman im Juni 2017 zum Kronprinzen ernannt und damit zum präsumtiven Thronfolger wurde.

Unter der Führung von Prinz Mohammed beschleunigte sich der Wandel des Königreichs und wurde ideologisch im saudischen Nationalismus verankert.

Die Stärkung der Beziehungen zu Russland und die Unterzeichnung eines Abkommens im Jahr 2016, um mit Russland auf den globalen Ölmärkten in einer Struktur zu kooperieren, die später als OPEC+ bekannt wurde, war ein früher Ausdruck dieses Wandels.

Sie fiel mit der Veröffentlichung der Vision 2030 zusammen, die vom Kronprinzen unterzeichnet wurde und die strategische Ausrichtung des Landes für die nächsten 15 Jahre verkörpert. Aus historischer Sicht kann die Vision 2030 als Zeichen für die Abkehr von der saudischen Rentenökonomie betrachtet werden. In der Außenpolitik fiel die wiederkehrende Betonung der strategischen Autonomie des Königreichs auf.

Vor diesem dynamischen geopolitischen Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Saudi-Arabien in der Konfrontation der USA mit Russland im Auge des Sturms steht. Lawrows Reise nach Saudi-Arabien ließ in Washington die Alarmglocken läuten.

Am Vorabend von Lawrows Ankunft in Riad führte US-Außenminister Antony Blinken ein Telefonat mit Al Saud, angeblich um den Jemen und andere regionale Fragen zu besprechen. In einer Mitteilung des Außenministeriums heißt es unter anderem:

Der Minister (Blinken, d.A.) unterstrich die Bedeutung der internationalen Unterstützung für die Ukraine, die ihre Souveränität und territoriale Integrität verteidigt, und betonte die Notwendigkeit einer globalen Reaktion auf die Krise der Ernährungssicherheit infolge des brutalen Krieges von Präsident Putin.

Im Klartext: Blinken warb um die Unterstützung der Golfstaaten für die von den USA angeführte "globale Antwort" auf die vorübergehende Nahrungsmittelkrise, die darauf abzielt, die Schuld für die derzeitige Weizenknappheit Russland anzulasten. Offensichtlich ist die saudische Führung darauf nicht eingegangen.

Jedenfalls haben Russland und die Türkei unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen eine Initiative gestartet, humanitäre Korridore durch die von der Ukraine verminten Gewässer des Schwarzen Meeres zu schaffen. Der UN-Generalsekretär Antonio Gutérres hat indes an die USA appelliert, die Sanktionen zu lockern, um russische Getreideexporte auf den Weltmarkt zu ermöglichen.

Um von Lawrows erfolgreicher Reise nach Riad abzulenken, wurde im Zuge eines von den USA angeführten "Informationskriegs" die Falschmeldung in Umlauf gebracht, Saudi-Arabien erwäge einen Ausschluss Russlands aus der OPEC+.

Die Gespräche Lawrows in Riad bestätigen, dass Russland und Saudi-Arabien im Gegenteil eine starke OPEC+ anstreben. Diese Botschaft sollte in Washington gehört werden.