Warum tut sich das Smart Home so schwer?
Welchen Nutzen der private Endverbraucher von dieser Technik haben könnte, erschließt sich der Mehrzahl der erhofften Kunden jedoch bislang nicht
Auch bei der diesjährigen IFA in Berlin blieb der Befreiungsschlag aus, obwohl hallenweise Smart Home-Geräte präsentiert wurden. Noch immer ist keine Anwendung in Sicht, die der Verbraucher haben muss, weil sie ihm entweder das Leben erleichtert oder Dinge ermöglicht, die zuvor nicht möglich waren. Im Gegensatz zum neuen Auto oder dem neuesten Smartphone versteckt sich das Smart Home in den heimischen Gefilden, in welche man die meisten potentiellen Bewunderer nicht willkommen heißen will. My home is my castle und die digitale Zugbrücke will der Kunde Fremden gegenüber lieber nicht offenlegen.
Das Smart Home sollte beim Energiesparen helfen
Die Hoffnung, dass sich mit dieser Technik Energie einsparen lassen könnte, hat sich für den privaten Endverbraucher bislang nicht erfüllt. Nicht mal eine Reduzierung der Stromrechnung ist bislang mit dieser Technik möglich. Wer beim Stromverbrauch Geld sparen will, kann dies leichter, wenn er von Stromhändler zu Stromhändler springt und jeweils darauf achtet, die gegebenen Fristen für den Wechsel einzuhalten. Und wer alte Geräte mit zu hohem Stromverbrauch ausfindig machen will, nutzt einen Zwischenstecker mit Messgerät und hat den Stromverschwender im Nu entdeckt.
Auch bei so manchem versprochenen Sicherheitsfeature war die Geräteentwicklung schneller als die Smart Home-Technik. So stellen moderne Bügeleisen inzwischen von selbst fest, wenn sie auf dem Bügeltisch vergessen wurden und schalten sich aus, wenn sie nicht bewegt werden und die Temperatur der Bügelsohle zu hoch steigt.
Welchen Sinn die Ausrüstung einen Kühlschranks mit Kameras hat, die es ermöglichen, den Kühlschrankinhalt aus der Ferne per Smartphone zu überprüfen, kann auch nur derjenige abschätzen, dessen Kühlschrank nie wirklich voll ist. Im vollen Kühlschrank scheitert die Fernüberwachung. Und dass der Lautsprecher in der Kühlschranktür, der sich über Bluetooth mit dem Smartphone verbinden lässt und so die Möglichkeit bietet, die Lieblingsmusik auch in der Küche abzuspielen, den Aufpreis für dieses Feature wert ist, erscheint bislang auch eher ungewiss.
Sprachsassistenten mit Einbindung in die Cloud
Derzeit werden große Hoffnungen auf die Sprachassistenten wie Alexa von Amazon, Siri von Apple, Assistant von Google und Cortana von Microsoft gesetzt. Auch die Deutsche Telekom will mit einem Assistenten, der auf den Zuruf Hallo Magenta verschiedene Dienste miteinander vernetzen soll. Jetzt folgen der Fernseher und der Staubsauger aufs Wort und selbst die Kaffeemaschine reagiert auf den Sprachbefehl.
Wenn man solche dienstbaren Geister im Haus installiert, sollte man jedoch die entsprechenden Sprachbefehle in der täglichen Konversation möglichst vermeiden. Es könnte sein, dass sich die Kaffeemaschine angesprochen fühlt und mit der Arbeit beginnt. Die Sprachsteuerung ist in erster Linie für den Hersteller interessant, denn damit kann er auf eine Menge Schalter und Knöpfe verzichten, also bei der Hardware Kosten sparen. Die Tatsache, dass Spracherkennung nicht mehr im Gerät erfolgt, sondern in der Cloud, bringt ebenfalls deutliche Vorteile, weil die Geräte selbst nicht mehr nachgerüstet werden müssen, sondern jede Aktualisierung in der Cloud erfolgt.
Dass mit den cloudbasierten Lösungen alle Daten auch vom Systemanbieter verfolgt werden können, verraten die Anbieter nicht so gerne. Und für den Fall, dass die Netzanbindung ausfallen sollte, muss der Kunde auf die Annehmlichkeiten des Smart Home verzichten. Am sichersten funktioniert die Datenübertragung dabei über das häusliche Wlan und das Festnetz, denn die Datenübertragung über die Mobilfunknetze leidet inzwischen unter der energetischen Sanierung viele Gebäude, wodurch nicht nur die Wärmedämmung erhöht wird, sondern auch die Funkwellen gedämpft werden.
Verbesserte Wlan-Abdeckung im Haus
Smart Home-Anwendungen richten sich in erster Linie an Nutzer von Einfamilienhäusern. Da jedoch bei den wenigsten vor dem Bau an die Wlan-Nutzung gedacht wurde, reicht das hauseigene vom Router ausgehende Wlan zumeist nicht alle Räume, in welchen Smart Home-Anwendungen vorgesehen werden. Als Alternative zu den bislang in diesem Fall zur Anwendung kommenden Repeatern wollen mehrere Hardwareanbieter jetzt Meshs, also vermaschte Netze anbieten. Hierbei arbeiten mehrere miteinander verbundene Geräte jeweils wie ein Router. Zu den Vorteilen dieser Meshs zählt der höhere Datendurchsatz. Der Nachteil ist bislang der höhere Preis für die Hardware.
Insellösungen statt Standard
Was die Hersteller bislang anbieten, kann zumeist nur als Spielzeug für Erwachsene durchgehen. Es sind in der großen Mehrheit Insellösungen, die mit dem Angebot anderer Hersteller nicht kompatibel sind. Obwohl es seit einigen Jahren mit dem EEBUS, bei welchem die jährliche Mitgliedschaft mit 10.000 Euro zu Buche schlägt, eine Initiative zur Standardisierung der vernetzten Smart Home-Anwendungen gibt und sowohl der TÜV Rheinland als auch der TÜV Süd ihre Dienstleistungen in diesem Bereich anbieten, ist die Standardisierung bislang im Markt noch nicht angekommen.
Auch die Bemühungen des VDE gemeinsam mit der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) in DIN und VDE sowie dem VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut dem Smart Home mit Interoperationalitäts- und Informationssicherheitsprüfungen auf die Sprünge zu helfen, waren bislang nicht von durchschlagendem Erfolg gekennzeichnet. So wurden für das für ein Jahr gültige Label für Informationssicherheit für 15 Firmen insgesamt 90 Produktprüfungen durchgeführt, von welchen 30 aktuell noch gültig sind.
Bei der Interoperabilität ist das Ergebnis noch trauriger: Da gibt es gerade mal zwei Zertifikate für zwei Firmen. Da es keine öffentlich zugänglichen Verzeichnisse mit den jeweiligen Zertifikatsinhaber gibt, kann der Endverbraucher sich bislang nicht neutral darüber informieren, welche Smart Home-Systeme miteinander kompatibel und zudem auch sicher sind.
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