Warum wachsen die Ostermärsche nicht in Zeiten erhöhter Kriegsgefahr?

Eugen Drewermann auf der Abschlußkundgebung des Berliner Ostermarsches 2018. Bild: Bernd.Brincken/CC BY-SA-4.0

Die Haltung zu Russland scheint eine entscheidende Rolle zu spielen

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Auch in diesem Jahr haben sich bundesweit wieder tausende Menschen in verschiedenen Städten des Bundesgebietes an den Ostermärschen der Friedensbewegung beteiligt. Die Organisatoren zeigten sich zufrieden. In manchen Orten habe die Teilnehmerzahl zugenommen und auch junge Menschen hätten sich an einigen Orten an den Ostermärschen beteiligt, die just in diesem Jahr ihr 60tes Jubiläum hatten.

Dass besonders die Beteiligung junger Leute betont wird, hat einen Grund. Schließlich wird den Ostermärschen Überalterung vorgeworfen. Es sei nicht gelungen, die junge Generation mit dieser Protestform anzusprechen, lautete die nicht unberechtigte Kritik. Diese Beobachtungen werden nicht deshalb obsolet, weil in einigen Orten der Kreis der Teilnehmer größer geworden ist und sich verjüngt hat.

Warum wenig Protest gegen wachsende Kriegsgefahr?

Die Frage müsste doch lauten, warum die Zahl der Ostermarchteilnehmer nicht in einer Zeit zunimmt, in der nicht wenige eine Erhöhung der Kriegsgefahr sehen. Der damalige Bundesaußenminister Gabriel sah in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz gar die Welt am Abgrund. Vielleicht war es ja bei Gabriel eher der Verlust seines Amtes, der ihn zur Panik trieb. Doch auch andere Stimmen haben in den letzten Monaten vor dem Anwachsen der Kriegsgefahr gewarnt.

Schauplätze gibt es in der ganzen Welt genug und erstmals seit über 70 Jahren gab es in Hawaii wieder einen Raketenalarm, der sich zum Glück als falsch herausstellte (Wenn ein roter Knopf versehentlich gedrückt wird) . Das müsste eigentlich der Friedensbewegung einen Auftrieb geben, die ja immer sehr stark von der Angst vor einen Atomkrieg motiviert war.

Vor diesem Hintergrund können sich die Organisatoren der Proteste eben nicht mit einem regionalen Zulauf beruhigen. Auch die Protest- und Bewegungsforschung hat sich schon Gedanken darüber gemacht, warum es nicht eine Neuauflage der Friedensbewegung in Deutschland gibt. Dabei fällt die Antwort von Protestforscher Simon Teune doch sehr konventionell aus.

Die Märsche haben gut funktioniert, als es mit dem Kalten Krieg eine Systemauseinandersetzung gab, die sich über Jahre verfestigt hat. Das Format ist aber ziemlich unflexibel, um aktuelle Ereignisse wie zum Beispiel Afrin auf die Tagesordnung zu setzen. Da muss man von der Bundesregierung von einem Tag auf den anderen eine Position verlangen und kann nicht jedes Jahr bis Ostern warten.

Simon Teune, Taz

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