Was darf die Amtskirche?

Bild: W. Aswestopoulos

Gibt es Grenzen der religiösen Meinungsfreiheit?

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In Griechenland muss der Bischof von Kalawrita und Egialia, Amvrosios, erneut vor den weltlichen Richter treten. Amvrosios ist seit Jahren für seine kritischen, im weltlichen Sinn beleidigenden Äußerungen gegenüber Homosexuellen bekannt. Er bezeichnet sie regelmäßig als Abschaum und spricht ihnen die Zugehörigkeit zur Menschheit ab.

"Nun denn, diese Ehrlosen, spuckt sie an! Verdammt sie! Schwärzt sie an! Es sind keine Menschen! Es sind abartige Ausgeburten der Natur! Geistig und geistlich sind sie krank! Es sind Personen mit menschlichen Störungen! Leider sind sie um vieles schlimmer und gefährlicher als einige, die in Irrenhäusern leben", hatte der Kirchenfürst unter anderen in einer Predigt geschrieben und veröffentlicht. Amvrosios, der aus seiner Sympathie für die Goldene Morgenröte keinen Hehl macht und sich gern mit Parteigrößen ablichten lässt, begründet seine von Hass bestimmte Predigt mit Bibelzitaten, viele davon von Apostel Paulus, aber auch mit einem Spruch Lech Walesas: "Ein Mensch ohne Gott ist gefährlich."

Amvrosios rät seinen Gläubigen - immer mit Ausrufezeichen: "Nähert euch ihnen nicht! Hört sie nicht! Vertraut ihnen nicht! Sie sind die verteufelten der Gesellschaft! Es ist sicher ihr Recht, privat und geheim zu leben, wie sie wollen! Aber einige Ehrlose können doch nicht öffentlich die Leidenschaften ihrer Seele verteidigen! Unser Griechenland wird heute von gottlosen Menschen regiert!"

Amvrosios hatte, nachdem er zum Priester geworden war, nie vergessen, was seine Kollegen der Gendarmerie während der Militärdiktatur von 1967-74 taten, nicht um sie zu verurteilen, sondern um ihnen beizustehen. Obwohl Amvrosios für seine Ansichten seit Jahren bekannt ist und diese regelmäßig äußert, sahen Kritiker eine Gelegenheit, den ehemaligen Gendarmerie Offizier anzuzeigen. Sie benutzten dafür den Antirassismusparagraphen, über den Griechenland seit wenigen Jahren verfügt.

Vor Gericht setzte Amvrosios seine Strategie fort. Er zog über Homosexualität her, bekannte sich dazu, dass er Vertreter der entsprechenden sozialen Gruppe gern töten würde und ergänzte, dass der Aufruf zum Spucken nicht gegen Homosexuelle, sondern vielmehr gegen Politiker gerichtet sei. Diese hätten mit der "Ehe für Alle" und weiteren Rechten für die Homosexuellen gegen Gottes Gebote verstoßen, belehrte der Geistliche den weltlichen Richter. Das Christentum ist in der griechischen Verfassung verankert. Die Richter sprachen Amvrosios, der von zahlreichen Bürgern und sogar dem Bürgermeister offen unterstützt wurde, frei. Sogar der vor Gericht anwesende Staatsanwalt plädierte auf Freispruch.

Justizminister Stavros Kontonis schaltete sich ein. Er möchte die Urteilsbegründung lesen. Bischof Amvrosios vermutet dahinter einen Versuch der Beeinflussung der Justiz. Er pocht auf Redefreiheit und auf die Bibel. Am Dienstagvor einer Woche reichte die Staatsanwaltschaft von Egio Revision gegen das Urteil ein. Eine neue Verhandlung des Themas, was Vertreter der Amtskirche in Berufung auf die Bibel sagen dürfen, und was nicht, wird in einem Jahr erwartet. Als Reaktion auf die erneute Verhandlung vor dem weltlichen Richter weitete Amvrosios seine Kritik an der gottlosen Gesellschaft auch auf diejenigen aus, die nur standesamtlich geheiratet haben.