Was nach Drohnenangriff auf Putins Amtssitz zu erwarten ist
Seite 2: Zahlreiche Aufnahmen des Drohnenangriffs und der Spuren
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Die erste genauere Untersuchung der Drohnenaufnahmen und übrigen verfügbaren Daten präsentierte Meduza binnen Tagesfrist.
Die meisten Videos stammen demnach von der ersten Drohne, die um 2:27 Uhr abgeschossen wurde, da danach die Beleuchtung über dem Kreml abgeschaltet wurde und die zweite Drohne um 2:43 Uhr bei völliger Dunkelheit ankam.
Beide seien direkt über dem Fahnenmast des Senatspalastes explodiert, der als Putins offizieller Amtssitz fungiert und deswegen vom übrigen Kremlgelände abgeschirmt ist. Im Gebäude befinden sich Putins Büroräume.
Auch die regimekritische Onlinezeitung beschäftigt sich ausführlich mit einer potenziellen Urheberschaft des Angriffs aus der Ukraine. Trotz des langen Anmarsches seien kleine Drohnen von der Luftverteidigung schwer zu erfassen. Es habe sich beim Angriff, anders als bei anderen ukrainischen Langstreckenangriffen, nicht um eine schnell fliegende "Strisch"-Drohne ("Mauersegler") mit Strahltriebwerken gehandelt.
Jedoch verfüge das ukrainische Militär auch langsamere Modelle mit großer Reichweite, etwa das Modell UJ-22 mit einer Reichweite von 800 Kilometern – ausreichend für die Distanz von der ukrainischen Grenze nach Moskau. Gegen den Einsatz einer örtlich in der Region Moskau gestarteten Drohne spreche deren Größe, die einen mobilen Transport in die Region erschwert hätte.
Der von Meduza befragte russische Politologe Kiril Schamijew hält eine ukrainische Täterschaft für plausibel. Die Kiewer Regierung habe sich auch in früheren Fällen nicht zu solchen Angriffen bekannt, die auf ihre Truppen zurückgegangen seien.
Fraglich sei laut Meduza, warum bei einem so langen Anflug existente russische Störelektronik versagt habe. Diese werde an der Front aktuell erfolgreich eingesetzt, um satellitengesteuerte Waffen in ihrer Funktion zu beeinträchtigen.
Ging es um Putin, das Symbol – oder ist alles ein Fake?
Meduza glaubt nicht an einen wirklichen Anschlag auf das Leben von Putin, der bekanntermaßen den Kreml aktuell nur selten, und wenn, dann tagsüber besuche. Auch am 3. Mai sei er in seinem Bunker in Nowo-Ogarjowo gewesen, wie Aufnahmen von einem dortigen Treffen mit einem Gebietsgouverneur beweisen.
Kiril Schamijew glaubt, dass die Ukrainer den Senatspalast wegen seiner großen Symbolkraft als Ziel ausgewählt haben. Ziel solcher Angriffe sei nach seiner Auffassung die Destabilisierung der innenpolitischen Situation in Russland.
Die Anschlagstheorie hätten russische Behörden nach Meinung von Meduza vor allem deswegen ins Spiel gebracht, da ein solches Attentat internationalem Recht massiv widerspreche. Das gilt trotz des aktuell bestehenden Haftbefehls gegen Putin durch den Internationalen Strafgerichtshof.
Schamijew glaubt, dass durch die Konzentration auf Putin selbst als Ziel die russische Regierung die patriotischen Teile der Gesellschaft um das Zentrum der Macht solidarisch versammeln will.
Eine viel diskutierte Frage um den Angriff ist die nach seinem Eskalationspotential. Hier ist die Antwort nicht einfach, denn rein verbal lässt sich im Umfeld der russischen Regierung kaum noch etwas eskalieren. Möglich wären bei Taten tatsächlich analoge Anschläge auf Orte mit Symbolwirkung in Kiew, eine spiegelbildliche Reaktion entspräche einer Tradition der russischen Außenpolitik.
Eine Verurteilung des Angriffs etwa im UN-Sicherheitsrat dürfte aber an dem Veto des Westens scheitern. Aus den USA gibt es bereits Stimmen, die den Angriff als Fake bezeichnen.
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