Was rechten Willkommensgegnern zu sagen wäre
Seite 2: Logik eigener Art
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Natürlich wissen die Schreiber und Leser solcher Klagen, dass die Kanzlerin keine "hunderte Millionen Flüchtlinge" nach Deutschland oder Europa lockt; so viele hat der globale Siegeszug der westlichen Werte noch gar nicht geschaffen. Ihnen ist auch nicht unbekannt, dass die Einbürgerung nach Gesetz und nicht bei Grenzübertritt erfolgt, dass die Familie die vorherrschende Lebensform bleibt und dass die Bundeswehr die Landesverteidigung nicht zugunsten von Klempner-Einsätzen schleifen lässt.
Nach der Seite ihrer Dissonanz hin sind die zitierten Befunde vom Untergang des Abendlandes durchaus eine Herausforderung an den Verstand. Sie unterliegen aber einer Logik eigener Art, die nicht in der betrachteten Sache, sondern ganz im patriotischen Auge des Betrachters liegt, der passende Bilder sucht, findet und erfindet. Diese zeugen daher von einem politischen Krisenbewusstsein, das ziemlich ernst zu nehmen ist.
In seinen Überzeichnungen missdeutet es die politische Räson, mit der die "Altparteien" die diversen nationalen Zwecke verfolgen - und mehr noch: deren moralische und diplomatische Einkleidung. Die politisch Zuständigen schicken natürlich keine Soldaten in die Welt, "um fremden Interessen zu dienen", sondern wissen, wenn sie von ihrer ‚globalen Friedensverantwortung" reden bis hin zu den Grünen, wie und mit welchen Waffen und Geschäften ein Exportweltmeister hierfür zu agieren hat.
Migrationspolitik betreiben sie weder aus falsch verstandener "Humanität" noch zwecks "Umvolkung", sondern als Mitregler von Staats- und Gewaltaffären in "unserer Nachbarschaft", die sie noch weit hinter der Türkei verorten. Das "Gemeinschaftswerk" namens EU ist kein Ausverkauf der Vaterländer, kein "seelenloser, technokratischer Apparat in der Hand von Globalisten" (ebd.), sondern (samt Arbeitnehmer-Freizügigkeit) ein unter deutscher Führung initiiertes Konkurrenz-Projekt gegenüber den anderen Weltmächten, für das sich Deutschland mit seiner D-Mark für zu klein befand.
All das kann man zwar, wie gesagt, in den Zeitungen mühelos nach- bzw. mit ein wenig Mühe aus ihnen herauslesen. Auf die Täuschungsabsichten der "Lügenpresse", die mit den undeutschen Machenschaften im Bunde steht, fallen die neurechten Willkommensgegner aber nicht mehr herein und bevorzugen die Leitmedien ihrer Filterblase. Insofern frisst sich der politische Diskurs mit ihnen leicht fest.
Lesen Sie in Teil 5: Haben die Arbeiter ein Vaterland?