Was spukt denn hier?

Amy Haven kam vom Spielen nicht mehr nach Hause… (Screenshots: Magdans)

Auf der Suche nach einem vermissten Mädchen: Dark Fall - Lost Souls

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Gruselige Computer- und Videospiele widersprechen eigentlich der menschlichen Logik: In vielen Situationen würde man doch viel lieber die Beine unter die Arme nehmen und davon rennen, als sich dem Ekel zu stellen. Aber wenn es sowieso keinen Ausweg gibt? Darauf setzen die meisten Entwickler. Auch Darkling Room, der Macher der Reihe Dark Fall. Vor kurzem ist der dritte Teil Lost Souls (PC) erschienen.

Eben war noch alles dunkel. Jetzt sehe ich aber dank meines Mobiltelefons, wo sich meine Figur befindet. Jedoch erblicke ich eine Umgebung, in der sich bestimmt nicht nur meine Wenigkeit unwohl fühlt: einen ollen, finsteren S-Bahn-Schacht. Oder ist es vielleicht ein Zugtunnel? Schwer zu sagen. Ich komme nicht vom Fleck. Ich bin quasi umzingelt: Zum einen stehen drei ausrangierte, mit Teilen von Schaufensterpuppen gefüllte Einkaufswagen herum. Zum anderen hat eine Person auf einem Ölfass einen Schrein für ein vermisstes Mädchen errichtet.

Ihr Gesicht auf den Fahndungsplakaten hat jemand mit einem schwarzen Malstift überkritzelt - deutet wohl auf eine gestörte Persönlichkeit hin. Links neben dem Schrein liegen zwei Matratzen, auf denen mehrere Exemplare eines Lokalblatts verteilt sind. Schaue ich mir eines davon genauer an, erfahre ich, dass es sich bei dem Mädchen um Amy Haven handelt. Sie verschwand vor fünf Jahren spurlos, so der Zeitungsbericht. Ferner finde ich einen Brief, in dem jemand beschuldigt wird, er habe alle Hoffnungen zunichte gemacht, Amy wiederzufinden.

Was, wenn jetzt die Kiste plötzlich runterfällt?

Das Dumme an der Sache: Es ist meine Figur, die für diese Misere verantwortlich sein soll. Ich stecke nämlich in der Haut des Inspektors, der vor fünf Jahren in einem gewissen Mr. Bones den Kidnapper gesehen haben will. Dabei waren jedoch sämtliche Beweise, die ihn überführen sollten, fingiert. So wurde der Inspektor bald darauf vom Dienst suspendiert. Irgendwie scheint er jetzt dennoch in diese Sache verwickelt zu sein. Wieso sonst sollte er sich nun in dieser misslichen Lage befinden?

Als nächstes stellt sich für mich die Frage, wie ich wieder aus der finsteren Umgebung herauskomme. Ganz so einfach ist das leider nicht. Bis ich schließlich auf die Idee komme, den Minisarg zu öffnen und die beiden gefundenen Plastikbeine an die darinliegende Puppe zu schrauben. Kurz darauf ertönt Lärm und ein Lachen. Irgendjemand stand wohl plötzlich hinter mir und lief davon. Dabei ist einer der Einkaufswagen nämlich umgekippt. Ich kann also endlich weg. Zu allem Überfluss kommt wenige Sekunden später ein Zug auf mich zugerast. Einen Ausweg gibt’s aber nicht…

Myst lässt grüßen: Lesen, um Rätsel zu lösen.

Ich erwache bald wieder, weshalb auch immer. Dann erkunde ich einen heruntergekommenen Bahnhof, in dem ich mir Zugang zu diversen Räumen verschaffen muss, etwa um das Gebäude wieder mit Strom zu versorgen. Irgendwann zieht es mich auch aufs Damenklo, nicht aber, um zu spannen, sondern weil mich die Mutter Amys ruft. Die ist aber merkwürdigerweise gar nicht zu sehen. Und wenn ich einen Blick ins Waschbecken wage, dann frage ich mich sowieso, was der ganze Spuk hier soll. Da liegt irgendein entartetes, blutendes, schwabbeliges Etwas - igitt, igitt!

Dark Fall: Lost Souls sollte man unbedingt mit dem Kopfhörer spielen, ohne die spannungserzeugende Klangkulisse würde das Grusel-Adventure eh nicht funktionieren. Spaß hat an dem Game außerdem niemand, der Zahlen- und Mechanikrätsel hasst. Hinweise, wie man vorankommt, präsentiert einem Darkling Room schließlich in altbewährter Myst-Manier; soll heißen: Einige der Rätsel stellen den Spieler auf die Geduldsprobe. Doch wer alles aufmerksam liest und die Fakten miteinander kombiniert, der lüftet so manches Geheimnis. Und ob ich mich oft erschrocken habe? Nein, eher selten. Mit Ende 30 haut einen eben nicht mehr alles vom Hocker - Silent Hill anno 1999 auf der PlayStation, das waren noch Zeiten!