Washingtons Putschplan wiederholt gescheitert
Seite 2: Coup 5: Der Puschplan am 30. April
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Einen kleinen Einblick in die Putschpläne des Weißen Hauses gab Bolton in einem Interview nach dem gescheiterten Putschversuch, nachdem auch klar war, dass die Proteste vom 1. Mai keinen Erfolg haben werden. Nach Bolton war der Putschversuch vom 30. April eine von den Massendemonstrationen am 1. Mai unabhängige Aktion, die nur zufällig zusammengekommen seien. Das dürfte man ihm aber kaum abnehmen wollen. Die offene Frage sei gewesen, "ob Kubaner und die Russen und das Regime bereit waren, Gewalt gegen unschuldige Zivilisten einzusetzen, die auf die Straßen und ihre Opposition demonstrieren wollten".
In Venezuela befinden sich 100 russische Soldaten, was die US-Regierung gleich dazu nutzte, die Monroe-Doktrin wieder in Kraft zu setzen, da im Hinterhof der USA - natürlich im Unterschied zu Russland - keine ausländische Macht geduldet wird. Nach amerikanischer Darstellung sollen 20.000 kubanische "Söldner" in Venezuela sein, die mehr oder weniger allein Maduro stützen. Kuba streitet dies ab, in Erscheinung getreten sind sie nicht. Wie "unschuldig" manche Demonstranten sind, ist auch Ansichtssache, beispielsweise wenn Steine und Molotowcocktails geworfen oder Fahrzeuge in Brand gesetzt werden. Für das Weiße Haus waren nur friedliche Demonstranten am 30. April unterwegs, wozu dann auch bewaffnete Soldaten gehören: "The regime showed its true colors again as it met peaceful protestors with tear gas, gunfire, water cannons, and armored cars deployed as lethal weapons." Ein Coup soll es selbstverständlich nicht gewesen sein.
Bolton wiederholt den Vorwurf an Kuba, der auch zeigen soll, dass eigentlich keine Venezolaner, abgesehen von ein paar Kriminellen und Drogenschmugglern, hinter Maduro stehen: " think our view is if the 20-25,000 Cuban security forces left today, Maduro would fall by midnight. That’s what’s keeping him in power. There’s no popular support for him." Dass am 1. Mai die Maduro-Regierung auch wieder Tausende Menschen mobilisieren konnte, sagt Bolton lieber nicht.
Er betont auch sicherheitshalber, dass die USA am Putschversuch nicht direkt beteiligt gewesen seien. Man habe sich aber mit dem Verteidigungsminister, dem Kommandeur des SouthCommand und den Geheimdienstchefs abgesprochen. Schuld waren also die blöden Venezolaner. Bolton wiederholt die Geschichte, dass hohe Vertreter der Maduro-Regierung zugestimmt hätten, dass Maduro gehen müsse. Es seien schon Dokumente zum Unterschreiben für beide Seiten vorbereitet worden. Das oberste Gericht hätte die verfassungsgebende Versammlung für illegitim erklären sollen, damit wäre die Legitimität der von Guaidó geführten Nationalversammlung für jeden kenntlich geworden. Das hätte auch dem Militär gestattet, sich so zurückzuhalten, dass der Verteidigungsminister und andere hätten handeln können: "Aus Gründen, die noch nicht klar sind, entwickelte sich das gestern nicht so."
Er kam dann gleich zu der anderen Story, die Außenminister Pompeo verbreitet hatte, nämlich dass die US-Regierung wusste, dass Maduro nach Kuba flüchten wollte, was die Russen ihm aber ausgeredet hätten. Irgendwelche Belege dafür gibt es nicht, Kuba, die Maduro-Regierung und Moskau stritten dies ab, was natürlich erst einmal auch nichts heißt. Um das Scheitern schön zu reden und Unsicherheit zu verbreiten, behauptet Bolton: "Ich glaube, dass die Unzufriedenheit mit Maduro und dem Regime und auch ehrlicherweise mit den Kubanern und Russen tief verwurzelt ist. Wir wissen nicht, was die nächsten Tage geschehen wird. Aber niemand sollte denken, dass … die Menschen im venezolanischen Militär mit Maduros Regime sehr glücklich sind. Sie sind es absolut nicht. Sie sind heute unglücklicher, als sie es gestern waren."
Vertuschung der Interessen
So also glaubt der Sicherheitsberater des US-Präsidenten, erfolgreich Politik machen zu können. Darauf angesprochen, dass er zuvor behauptet hatte, dass neben dem Verteidigungsminister auch der Vorsitzende Richter des Obersten Gerichts und der Kommandeur der Präsidentengarde mit der Opposition vereinbart hätten, die Seite zu wechseln, blieb Bolton lediglich bei dem Versuch, die Maduro-Regierung spalten zu wollen. Eine Rückkehr zur Normalität werde es nicht mehr geben, erklärte Bolton: "Man hat jetzt in der höchsten Regimeführung klare Hinweise, dass sie sich gegenseitig nicht trauen, sie sprechen nicht miteinander." Dass sie miteinander sprechen, hatte Maduro allerdings schon am Abend des 30. April vorgeführt, als er das Scheitern des Putsches verkündete.
Bolton scheint darauf zu setzen, dass die fortwährende Beschwörung des Niedergangs, wie das auch Guaidó betreibt, auch letztlich zu diesem führen wird, wobei er gegen die offizielle Sprachregelung des Weißen Hauses doch von einem Coup spricht: "Wie kann Maduro noch Padrino, den Verteidigungsminister, anschauen und nicht denken, dass vielleicht dieser erste Coup nicht funktioniert hat, aber dass der nächste kommen wird? Deswegen ist es unmöglich, dass diese Menschen zusammenarbeiten. Die Situation ist nicht nachhaltig. Und normalerweise wird eine Situation nicht bestehen, wenn sie nicht nachhaltig ist."
So ähnlich hätte er auch die Situation im Weißen Haus unter Trump schildern können. Hier wie in Caracas sind Regierungen keine Gruppe aus Freunden, sondern instabile Gebilde von Personen mit konfligierenden Interessen. So lange die Führungsriege in Caracas davon ausgeht, dass sie gemeinsam ihre einzelnen Interessen wahren können, wird die Regierung auch Bestand haben. Man kann auch vermuten, dass auf mehr oder weniger geheimen Kanälen Gespräche zwischen Vertretern der Regierung und der Opposition laufen. Das ist realistisch, schließlich will jeder sich darauf vorbereiten und seine Interessen sichern, wenn die Dinge absehbar anders laufen. Geopfert würden Maduro oder Guaidó, möglicherweise auch Bolton, mitsamt dem Fußvolk.
Wenn Bolton in einem Video auf Englisch die venezolanischen "Patrioten" am 30. April zum Putsch hin auffordert, mit den drei wichtigen Figuren zu sprechen, die etwas bewirken können, um die Freiheit zu unterstützen, dann geht es nicht um Interessen, selbstverständlich auch nicht um die der US-Regierung und der amerikanischen Wirtschaft, sondern nur um Moral. So funktioniert Desinformation. Und dies zeigt auch, dass die amerikanische Regierung direkt in den Coup verwickelt war und ihn wahrscheinlich gesteuert hat.