Weltnaturgipfel "Montréal 2022": Das große Sterben und das Klima

Seite 2: Definition von "Schutz" notwendig

Weniger bekannt als das Pariser Klimaschutzabkommen existiert seit 1992 ein rechtlich verbindliches Rahmenabkommen zwischen 196 Staaten: das Übereinkommen über die Biologische Vielfalt (auch Biodiversitätskonvention, CBD).

Wenn es den Staaten in Montreal gelingt, könnte aus der Konferenz ein weit konkreteres Weltnaturabkommen hervorgehen. Eines der Hauptziele in Montreal ist es, 30 Prozent der Land- und Meeresfläche weltweit bis zum Jahr 2030 unter Schutz zu stellen, und die Chancen für die Umsetzung sind Medienberichten zufolge nicht so schlecht. Das wäre zwar ein Durchbruch.

Ähnlich wie bei der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad lägen die wahren Herausforderungen in der Umsetzung. Zu definieren wäre, was "Schutz" bedeutet, das heißt, welche menschlichen Aktivitäten in den Schutzgebieten erlaubt wären, wer den Schutz überwacht und wie er finanziert wird.

Auch hier werden Ausgleichsmechanismen zwischen den Industrieländern und den armen Ländern, von denen einige einen weit größeren Teil der Biodiversität beherbergen, diskutiert werden müssen. Eine essenzielle Rolle spielen dabei indigene Bevölkerungen.

Laut Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) findet sich 80 Prozent der weltweiten Artenvielfalt in Gebieten, die von den mehr als 370 Millionen Indigenen bewohnt werden: "Der 30-Prozent-Naturschutz-Ansatz dürfte Gebiete von indigenen und lokalen Gemeinschaften also besonders betreffen – und ihnen Armut, Menschenrechtsverletzungen, Landkonflikte und -verlust bringen."

Um Vertreibung und Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden, sollten die Schutzgebiete also nicht zur Verbannung der Bewohner daraus führen, sondern ihre Lebensweise als in Einklang mit den Ökosystemen anerkennen.

"Die Bewirtschaftung durch die indigene Bevölkerung erhält und fördert die lokale Biodiversität; die Kontrolle durch Indigene, die Gebiete aktiv nutzen, ist nachweisbar effizienter beim Schutz natürlicher Ökosysteme als Schutzmaßnahmen, die Indigene ausschließen", so die GfbV.

Amnesty International, Survival International und andere forderten im Vorfeld der Biodiversitätskonferenz, das 30-Prozent-Ziel zu überdenken. In der Erklärung der NGOs heißt es:

Im April 2021 kamen 250 indigene Organisationen, NGOs und Wissenschaftler zusammen, um ihre Besorgnis über die vorgeschlagene Verdoppelung der Schutzgebiete im Rahmen des Post- 2020 Global Biodiversity Frameworks (GBF) der Vereinten Nationen auszudrücken. Naturschutzgebiete, die den Eckpfeiler typischer, westlich dominierter Naturschutzbemühungen darstellen, haben in vielen Teilen Afrikas und Asiens zu Vertreibungen, Hunger, Krankheiten und Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Tötungen, Vergewaltigungen und Folter geführt.

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