Wem gehört das Bonner Prestigezentrum?
Der Rohbau des Konferenzzentrums der Vereinten Nationen ist schon verpfändet, die ganze Angelegenheit eine Posse
Bonn wurde im Rahmen des Bonn-Berlin-Gesetzes zum UNO-Standort. Dafür braucht die Bundesstadt ein entsprechendes Konferenzzentrum. Bauen und Betreiben sollte das die koreanische Firma SMI Hyundai. Doch die war plötzlich pleite und lieh sich neues Geld bei einer anderen Korea-Firma namens Honua mit Sitz in Hawaii. Doch auch der scheint der Bonner Rohbau gar nicht mehr zu gehören, sondern einem Dritten, der Arazim Investment Ltd. - So jedenfalls heißt es in einem Urteil des Bonner Landgerichts. Das führt zu Chaostage in Bonn.
Ungeliebte UNO-Stadt
Alles hatte so schön angefangen. Rund um die Gebäude des ehemaligen Deutschen Bundestags sollte ein riesiges Konferenzzentrum entstehen, „World Conference Center“ genannt. Schließlich residiert in unmittelbarer Nähe, im ehemaligen Abgeordnetenhochhaus, auch „Langer Eugen“ genannt, die UNO mit mehreren ihrer Sekretariate.
Doch von den großen Konferenz- und Hotelbetreibern hatte niemand so richtig Lust auf das Bonner Konferenzzentrum. Vielleicht auch deshalb, weil auch das UNO-Personal kein wirklich großes Interesse an der zwar beschaulichen, aber im Vergleich mit anderen UNO-Standorten wie New York, Paris, Genf oder Wien etwas provinziellen „Bundesstadt Bonn“ hat. Die UNO spult in Bonn nur so viele große Konferenzen ab, wie vertraglich vereinbart.
Die meisten UN-Mitarbeiter haben in Bonn nicht unbedingt ihren persönlichen Lebensmittelpunkt, sitzen sozusagen geistig auf gepackten Koffern - stets bereit zur Abreise in eine der Weltmetropolen. Darin sind sie nicht anders als viele jüngere Bundesbeamte, die wegen des Bonn-Berlin-Gesetzes eigentlich in Bonn sein müssen, aber das Partyleben und die Beförderungschancen in Berlin irgendwie lustiger finden als beispielsweise die Beethoven-Festspielwoche in Bonn. Dabei gibt sich Bonn viel Mühe, tut alles damit sich das internationale Personal wohlfühlen kann in der ja wirklich schönen Stadt am Rhein.
Weil das nun mal alles so ist, fand sich kein Kempinski oder ein ähnlicher Betreiber, der das Bonner Kongresszentrum bauen und betreiben mochte. Solche Einrichtungen sind oft, wie auch viele Messehallen, Zuschussbetriebe. Für die Stadt besteht der Anreiz im insgesamt höheren Gewerbesteueraufkommen, weil eine große Konferenz ja auch der übrigen Gastronomie in der Stadt nützt und somit insgesamt die Einnahmen erhöht. Doch das interessiert die Konferenz-Betreiber nicht wirklich.
Koreanische Pleitefirma als Großinvestor
Also musste Bonn die Partnersuche weltweit betreiben und wurde im fernen Korea fündig. Alles schien ganz toll. SMI-Hyundai Corporation hieß die Auserwählte, mit Sitz in Delaware. Nach eigener Darstellung „ein Joint Venture zwischen SMI Global Corporation und Hyundai Remodeling, Korea“. Auf ihrer Homepage bezeichnet sie sich heute noch als ein „weltweit tätiges Unternehmen“, konzentriert vor allem auf Bauprojekte in den USA, Asien, Europa und den Mittleren Osten.
Doch um einige dieser Bauprojekte, u.a. ein großes in Libyen, stand es auch bereits vor der allgemeinen Finanzkrise scheinbar nicht allzu gut. Bereits im vergangenen Jahr beklagten sich Manager bei SMI Hyundai über schleppende Gehaltszahlungen. Manche bekamen über ein halbes Jahr keinen Cent. Wie erst jetzt bekannt wurde, lieh sich SMI Hyundai bereits 2007 in großem Stil Bares bei Firmen wie der Arazim Investment Ltd. mit Sitz in Israel und in den Steuerparadiesen Zypern und Gibraltar. Als Pfand diente die Bonner Baustelle. Aber nicht nur gegenüber Arazim bot SMI Hyundai das Bonner Projekt als Pfand, sondern auch gegenüber der in Honolulu residierenden koreanischen Firma Honua Investment Management, Inc..
Als nun SMI Hyundai mit lediglich noch 6 und Honua mit 94 Prozent Anteilen im Bonner Handelsregister als die Gesellschafter des Bonner Bauprojekts UNCC (UN-Conference Center) eingetragen werden sollten, erhob Arazim gegen diesen Eintrag Klage. Arazim erhielt am 5. August vor der 13. Zivilkammer des Bonner Landgerichts in einem Verfahren über eine Einstweilige Verfügung Recht. Der Vorsitzende Richter Gerald Meyers verkündete, dass Arazim und nicht Honua Eigentümer von 94 Prozent an der UNCC GmbH – dem Bauherrn des World Conference Center Bonn (WCCB) sei. Ein Schock für die Bonner Verwaltung, schließlich hatte man im Rathaus ganz auf Honua gesetzt, schließlich erwarten die Bürokraten von dort schon bald weitere 30 Mio. Euro, die dringend für die Fortführung des Bauprojekts benötigt werden..
Den Bonner Rohbau verpfändet
Für das Gericht stellt sich der Fall so dar: Ursprünglich war SMI Hyundai alleiniger Gesellschafter der UNCC, bis im Februar 2007 SMI sich bei Arazim Ltd. in großem Stil Geld lieh und als Gegenleistung der Arazim eine Erwerbsoption über 49 Prozent und ein Vorkaufsrecht über 51 Prozent der Anteile am UNCC übertrug. Gleichzeitig wurde die UNCC vollständig an Arazim verpfändet, für einen Kredit über lediglich 10 Mio. Euro plus Zinsen.
Die Zinsvereinbarung hatte es in sich, bei einer Rückzahlung des Darlehns innerhalb von drei Monaten wurden 1,5 Mio. Euro an Zinsen fällig, bei einer Tilgung innerhalb von sechs Monaten sogar drei Mio. Euro. Doch SMI Hyundai war weiterhin klamm und zahlte nicht zurück, sondern schloss dem Gericht zufolge am 15. August 2007 mit Arazim einen neuen Vertrag in dem Arazim 94 Prozent Anteile an der Bonner UNCC übertragen wurden. In diesem Vertrag behielt sich SMI Hyundai ein Rückkaufsrecht bis zum 15. Februar 2008 vor, wenn bis dahin das Darlehn zurückgezahlt sei. Doch gezahlt wurde erst im Mai 2008, als Honua als neuer Geldgeber für SMI Hyuandai ins Spiel kam. Vertragsgemäß sah sich Arazim fortan mit 94 Prozent als Hauptgesellschafter der UNCC GmbH und erwirkte am 19. Mai 2009 eine Einstweilige Verfügung gegen den Eintrag ins Bonner Handelsregister dem zufolge Honua mit 94 und SMI Hyandai mit 6 Prozent die Gesellschafter der UNCC seien. Es handelt sich wohl gemerkt im eine Entscheidung mit einstweiliger Wirkung.
Bis zum 15. Oktober 2009 hat Arazim nun Zeit eine Klage im Hauptsache-Verfahren einzureichen und somit den Fall entgültig zu klären. Das Projekt gerät durch dieses Urteil in eine Hängepartie. Niemand - außer der Bonner Stadtverwaltung - rechnet damit, dass in dieser Situation die Firma Honua vor dem 15. Oktober weiteres Geld in das Bauprojekt investiert. Die Bonner Verwaltung gibt den coolen und lässt ihren Presssprecher Friedel Frechen verbreiten: „1. Das Urteil des Landgerichtes liegt der Stadt Bonn nicht vor.“
Für Nichtrheinländer eine erklärungsbedürftige Feststellung. Der Stadtsprecher möchte damit zum Ausdruck bringen, wie wenig ein Urteil, das man weder hat noch kennt, die Stadt interessiert. Diese angesichts der Wichtigkeit des Projekts erstaunliche Unkenntnis wurde absichtlich herbeigeführt. Wie? Ganz einfach, in dem niemand aus der Stadtverwaltung und den derzeit im Bonner Stadtrat bestimmenden Parteien – SPD und CDU - die enorme Strapaze eines Fußwegs von mindestens sieben bis möglicherweise sogar acht Minuten Dauer vom Alten Rathaus bis ins Landgericht Bonn auf sich nahm. So kam es, dass nur ein Kommunalpolitiker der mündlichen Urteilsverkündung beiwohnte – der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Tom Schmidt. Der reklamierte denn auch Klärungsbedarf und verlangte – mitten im Sommer und mitten im Wahlkampf – sogar eine schnelle Information des zuständigen Ratsgremiums.
Dabei hatte doch der Stadtsprecher doch bereits erklärt, dass weiterhin alles klar sei. Da, nämlich „nach den bisherigen Informationen aus Kreisen der Verfahrensbeteiligten“ das Gericht keine abschließende Entscheidung über die Gesellschaftereigenschaft von Arazim getroffen, sondern auf ein Hauptsacheverfahren verwiesen habe – bleibe alles wie es war: „Damit hat sich aus Sicht der Stadt Bonn an den Rechtsverhältnissen nichts geändert. Honua ist der im Handelsregister eingetragene Mehrheitsgesellschafter der UNCC. Die UNCC bleibt rechtlich und tatsächlich handlungsfähig. UNCC ist wie bisher Eigentümerin des Grundstücks und der darauf stehenden Gebäude.“
Außerdem so der Stadtsprecher, habe der Vertreter von Honua in Bonn, ein Züricher „Finanzberater“ namens Christoph Penderok gegenüber dem Bonner Stadtkämmerer Prof. Ludger Sander erklärt, auch aus Sicht von Honua gebe es keine sachliche Veränderung. Nach den Worten Penderoks gehörten weiterhin 94 % der Gesellschaftsanteile an der UNCC Honua. Das südkoreanisch-amerikanische Unternehmen habe in Kenntnis des möglicherweise mehrere Jahre dauernden Rechtsstreits über die Auswirkungen des Verkaufs von Gesellschaftsanteilen durch SMI Hyundai wiederholt sein Engagement für den pünktlichen Weiterbau und die termingerechte Fertigstellung des World Conference Centers Bonn erklärt. Penderok ließ die Stadt Bonn wissen, an dieser Haltung habe sich durch die Entscheidung im Eilverfahren nichts geändert. Honua und die südkoreanischen Kapitalgeber ständen unverändert zum Investment von 30 Mio. Euro für das Bonner Projekt.“
Ein ganz schlauer Professor
Nun gut, hätte der Stadtkämmerer auch mit dem gerichtlich festgestellten Mehrheitseigner, also der Arazim Investment Ltd., gesprochen, hätte er wahrscheinlich Gegenteiliges erfahren. Das hat er aber nicht, der Bonner Stadtkämmerer ist ja nicht dumm, sondern ganz schlau und sogar ein richtiger Professor. Und deshalb redet er nicht mit jedem Verfahrensbeteiligten, sondern nur mit dem, der ihm das sagt, was er hören will.
Diesem Professor und vor allem der noch im Urlaub befindlichen und nach den Wahlen am 30. August ausscheidenden Bonner Oberbürgermeisterin wollen Grüne und auch CDU nun ganz viele Fragen stellen. Die CDU regiert regiert erst seit einigen Monaten in der Bonner Ratspolitik wieder irgendwie mit, deshalb stellt sie manchmal auch kritische Fragen. Sie möchte u.a. wissen, warum die (vor ihrer Mitverantwortung) ausgehandelten Verträge ein solches Verhalten (seitens der SMI Hyundai) offensichtlich zugelassen haben. Auch stelle sich die Frage, wie seriös die seinerzeitige Prüfung der Sparkasse hinsichtlich der Finanzkraft und Seriosität des Investors war.
Außer Zweifel steht für die CDU, dass der Geschäftsführer der SMI Hyundai Kim in hohem Maße unseriös gehandelt und das ganze Projekt ins Trudeln gebracht habe. „Seine 'Machenschaften' mit dem Finanzinvestor Arazim waren offensichtlich nicht mit der Stadt Bonn und der Sparkasse abgesprochen“ schreibt die Bonner CDU.
Die Grünen stellen in einem Antrag für die von ihnen beantragte Sondersitzung des „Unterausschusses Zukunft Bonn“ fest: „Die Entscheidung des Landgerichtes Bonn vom 5.8.09 hat deutlich gemacht, dass die bisher von der Verwaltung immer wieder vorgetragene Einschätzung, die Besitzansprüche von Arazim entbehrten jeder Grundlage eher auf Wunschdenken als auf juristischen Fakten beruht. Deswegen muss jetzt endlich eine Plan B entwickelt werden, der die Fertigstellung des WCCBs auch dann sicherstellt, wenn Arazim seine Ansprüche endgültig durchsetzt.“