Wenig Aufwand, hohe Leistung
Max-Planck-Forschern entwickeln eine Quelle für Extrem-UV-Licht
Lasergeräte produzieren Lichtwellen auf einer einzigen Frequenz, die sich perfekt überlappen. Bislang ist es der Wissenschaft jedoch noch nicht gelungen, Laser zu bauen, die effizient auf bestimmten wichtigen Frequenzen, wie dem extrem ultravioletten Licht, arbeiten. Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik in Garching sind dabei nun einen wichtigen Schritt vorangekommen, wie sie in der aktuellen Nature berichten.
Die Arbeiten im Grenzgebiet zwischen hochauflösender Präzisionsspektroskopie und Ultrakurzpulsphysik haben gezeigt, wie sich zwei Forschungsrichtungen mit scheinbar entgegengesetzten Zielrichtungen gegenseitig beflügeln können, so dass neue Werkzeuge entstehen. Die Entwicklung optischer Frequenzkämme z. B., mit denen man die Wellenlänge sichtbaren Lichtes mit enormer Genauigkeit messen kann, hat die Messung optischer Frequenzen revolutioniert. Nun berichten Christoph Gohle und Kollegen vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching von einer weiteren produktiven Zusammenarbeit: Der Physikergruppe ist es gelungen, eine Lichtquelle zu erschließen, die einen solchen Frequenzkamm im extrem ultravioletten (XUV) Spektralbereich erzeugt.
1000-fache Verbesserung
Optische Frequenzkämme haben es erstmals möglich gemacht, zuverlässige Atomuhren zu konstruieren, die als Taktgeber einen atomaren Übergang mit optischer Frequenz einsetzen. Die Zeitbestimmung wird damit um ein Vielfaches präziser: Während dar Taktgeber in klassischen Pendeluhren ein Mal pro Sekunde schwingt, ist er in optischen Atomuhren hunderttausend Mal schneller. Diese Taktgeberfrequenz durch die Verwendung einer Atomkernschwingung anstelle einer Schwingung der Elektronenhülle des Atoms weiter zu steigern, scheiterte bislang daran, dass eine solche Schwingung nicht präzise genug zu detektieren und zu zählen war. Diesem Ziel sind die Garchinger Wissenschaftler mit ihrer neu entwickelten Lichtquelle ein gutes Stück näher gerückt.
Wir haben infrarotes Licht genommen. Und es mit einem so genannten harmonischen Erzeugungsprozess in extrem ultraviolettes Licht umgewandelt. Das ist eine Sache, die man schon sehr lange tut. Das Besondere an unserem Experiment war, dass wir das mit einer hohen Wiederholfrequenz taten. Um Harmonische zu erzeugen, benutzt man extrem kurze Lichtpulse, so dass Extrem-UV-Licht entsteht. Es hat einige 10 Nanometer Wellenlänge. Um ausgehend von Infrarotlicht in diesen Wellenlängenbereich vom Infrarotlicht vorzudringen, braucht man sehr große Spitzenleistungen in den Lichtpulsen und um diese zu erreichen, muss man wiederum sehr kurze Pulse nehmen und viel Energie in diesen Pulsen haben. Normalerweise wurde diese hohen Harmonischen bis jetzt immer produziert, in dem man wenige Pulse pro Zeit produziert hat, um im Mittel nicht zu viel Leistung zu brauchen. Wir schaffen nun das, was alle schon vorher konnten mit einer Wiederholrate von mehr als 100 Megahertz, das ist eine 1000-fache Verbesserung gegenüber bisherigen Experimenten.
Christoph Gohle im Gespräch mit Telepolis
Schlichte Versuchsanordnung
Um dieses Ziel zu erreichen benutzten die Forscher ein relative einfache Anordnung: eine Spiegelanordnung. Dort wurden die Pulse aus einem Laser mit einer hohen Wiederholrate hineingefüttert und gespeichert und immer wieder hin und her reflektiert.
Jedes Mal, wenn ein neuer Puls in den Laser kommt, ist der Puls, der zwischen den Spiegeln gespeichert ist, auch wieder da und kann sich mit dem Puls des Lasers überlagern, so dass sich viele Pulse, in unserem Fall bis zu 100, aufeinander stapeln. Auf diese Weise entstehen die hohen Spitzenleistungen, die erforderlich sind, ohne dass man die Pulswiederholrate reduziert. Dann kann man innerhalb der Spiegelanordnung ein Medium installieren, das die Harmonischen erzeugt. Der Vorteil einer so hohen Wiederholrate ist zum einen, dass man mehr Pulse des Extrem-UV-Lichtes pro Zeiteinheit bekommt, und das bedeutet, dass man zumindest potenziell auch mehr mittlere extrem UV-Lichtleistung erhält. Das haben wir in diesem Experiment noch nicht gezeigt, aber das Potenzial ist da.
Christoph Gohle
Außerdem produziert die Quelle der Garchinger Physiker dadurch auch einen optischen Frequenzkamm im Extrem-UV-Bereich, mit dem man Frequenzen im Extrem-UV-Spektralbereich genau bestimmen kann.
Extreme UV-Quelle
Für Gohle und Kollegen ist die jetzt entwickelte Versuchsanordnung eher Mittel zum Zweck. Die Gruppe konzentriert sich auf extrem genaue Frequenzmessungen an fundamentalen atomaren Systemen, z. B. an einer bestimmten Übergangsfrequenz von Wasserstoff. Dabei geht es ihnen darum, die fundamentalphysikalischen Theorien, die der Dynamik der Wasserstoffatoms und anderen Atomen zugrunde liegen, zu testen und zu prüfen, wie gut die Beschreibung von dem, was in dem Atom passiert, tatsächlich ist.
Wir vermessen eine Frequenz des Wasserstoffatoms, das ein relativ einfaches System ist und das die Theoretiker leicht berechnen können, und vergleichen das Ergebnis mit dem, was in der Theorie ausgerechnet wird. Auf diese Weise erhalten wir Aufschluss darüber, wie gut das theoretische Modell zu dem passt, was wir messen. Die XUV-Quelle, die wir jetzt gebaut haben, soll eigentlich ein anderes System untersuchen, und zwar Helium, dem man ein Elektron weggenommen hat. Dann hat es wie Wasserstoff nur ein Elektron, aber sein Kern hat eine größere Ladung. Da braucht man eben eine extreme UV-Quelle, um es untersuchen zu können.
Christoph Gohle
Auch im täglichen Leben könnte die in Garching entwickelte Extrem-UV-Quelle Anwendung finden, da sie einfach ist und relativ wenig materiellen Aufwand erfordert, dabei aber ziemlich hohe Leistungen produziert. Einsetzbar wäre sie laut Gohle in der hochdichten holographischen Datenspeicherung oder in der Halbleiterherstellung. Da die Lichtquelle nahezu punktförmig ist, bietet sie sich auch für die Materialbeschaffung auf einer Größenskala von einem Nanometer an. Hochpräzise Atomuhren werden u. a. in der Satellitennavigation benötigt.