Wenn Lokführer oder Piloten streiken

Seite 2: "Deutliche Parallelen zu den Pressemitteilungen der Arbeitgeberverbände"

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Man könnte nun vermuten, dass die Gewerkschaften bessere Pressearbeit machen müssten. Doch die ist laut Köhler und Jost gar nicht so schlecht: Beide attestieren den Gewerkschaften, den Journalisten mehr Angebote zu machen als die Arbeitgeber. Sie liefern Zitate und stellen den Konflikt emotional und personalisiert dar. Die Arbeitgeber würden ihre Pressearbeit erst während des Streiks intensivieren.

Allerdings wirkt die Pressearbeit der Gewerkschaften nicht so, wie diese es gerne hätten, mussten die beiden Forscher feststellen: Zwar gelänge es den Gewerkschaften "mit medienwirksamen Aktionen erfolgreicher darin zu sein, Medienberichterstattung zu initiieren". Auch als Personen tauchten sie in den Medienberichten öfter auf als ihre Gegenspieler.

Wenn in den Medien aber die Folgen des Tarifkonflikts diskutiert würden, dann zeigten sich "deutliche Parallelen zu den Pressemitteilungen der Arbeitgeberverbände", kritisiert die Studie. Außerdem würden dort die Angebote der Arbeitgeberseite tendenziell wohlwollender bewertet als die Forderungen der Gewerkschaften. "Vermutlich ist diese Parallele kein Ausdruck der kommunikativen Dominanz der Arbeitgeberverbände, sondern spiegelt vielmehr mediale Relevanzkriterien wider", so das Wissenschaftler-Duo. Allerdings schaffe es letztlich keine Seite, die Medien komplett zu vereinnahmen, "da die Journalisten vor allem auf eigene Recherche bauen".

Politische Ausrichtung

Wenn von "den Medien" die Rede ist, muss natürlich beachtet werden, dass es sich um Durchschnittswerte handelt. Von den sogenannten Leitmedien sind manche eher linksliberal einzuordnen, andere sind rechts und konservativ. Entsprechend unterschiedlich dürfte auch die Berichterstattung über Tarifkonflikte ausfallen: Wer politisch links ist, wird wohl eher die Arbeitnehmer in ihrem Tarifkampf unterstützen. Neoliberal und konservative eingestellte Menschen lehnen Arbeitskämpfe dagegen ab und sorgen sich eher um den Standort Deutschland, den sie durch hohe Löhne in Gefahr sehen.

Diese grundsätzlichen politischen Unterschiede schlagen sich nicht nur in der Parteienlandschaft, sondern auch in der Medienwelt nieder: Wie Christina Köhler und Pablo Jost bestätigen können, sehen liberale Medien (Frankfurter Rundschau, Süddeutsche Zeitung, taz) eher die Arbeitgeber in der Verantwortung, den Tarifkonflikt zu beenden und thematisieren die Folgen für die Arbeitnehmer.

Bei konservativen Zeitungen (FAZ, Handelsblatt, Welt) sei es umgekehrt, diese betrachteten die Folgen für die Arbeitgeber:"Allerdings wird das Arbeitnehmerlager selbst sowie dessen Forderungen sowohl von den Konservativen als auch von den Liberalen deutlich negativer bewertet als die Arbeitgeberseite." Grund dafür sei, dass es meistens um Konflikte mit hoher Betroffenheit geht, bei denen die Arbeitnehmerseite immer schlechter wegkomme. "Die redaktionelle Linie verliert also an Einfluss, wenn die eigene Leserschaft von den Streikmaßnahmen potenziell betroffen ist", folgern die Autoren.