Wenn die CIA nicht involviert war, was hat sie stattdessen getan?
The WTC Conspiracy XXI
Eine der Gefahren des Verschwörungsdenkens ist die Überschätzung der Kausalität, des direkten und allumfassenden Einflusses der Verschwörer, des linearen Ablaufs von Ursache-Wirkungs-Ketten. Aus der Quantenphysik und der Chaosforschung wissen wir aber, dass es Wirkungen ohne Ursache gibt und dass gewaltige Wirkungen durch das Aufschaukeln winziger, scheinbar unbedeutender Schmetterlingsflügel entstehen können. In offenen Systemen - also in der Realität, im Leben und auch bei der WTC-Conspiracy - geht es nichtlinearer, fuzzyhafter, chaotischer zu, als der kriminalistischen Logik lieb sein kann.
Einer meiner ersten Gedanken, als ich den zweiten Flieger in den Turm rasen sah, war: "Wer so etwas tut, muss furchtbar verletzt worden sein." Mit einer normalen Eskalation von Aggression, wie sie sich vom Spielplatz über die Konkurrenzsituationen der Arbeitswelt bis auf die Schlachtfelder und Kriegsschauplätze fortsetzt, hatte dieser grenzüberschreitende Gewaltakt nichts mehr zu tun. Hier trat nicht nur ein ungeliebtes, verängstigtes, wütendes Kind einem anderen die schöne Sandburg kaputt, es entlud sich vielmehr eine Aggression, die den ganzen Sandkasten in Schutt und Asche legte. Bei der Erforschung der Hintergründe der Tat müsste irgendwo dieses zutiefst verletzte, maßlos enttäuschte "Kind" zu finden sein. Da es von Emotionen gesteuert wird, kann man sich es allerdings nur schwer als planenden Aktivisten in einer abgebrühten, coolen Verschwörung vorstellen.
Auf der Suche welches der Kinder, die "Onkel Sam" großgezogen hat, so enttäuscht worden ist, dass es seinem Übervater so etwas Schreckliches antun kann, stoßen wir schnell auf jene etwa 100.000 jungen Männer, die seit Anfang der 80er Jahre durch die Gehirnwäsche- und Guerilla-Lager in Pakistan geschleust wurden, um im heiligen Krieg gegen den Kommunismus zu kämpfen (siehe Jihad Inc.-Made in USA). Wie schmählich sie sich im Stich gelassen fühlten, als die Sowjets aus Afghanistan abgezogen waren, geht aus einem aufschlussreichen Interview hervor, das der damalige Direktor der pakistanischen Geheimdiensts, General Hameed Gul, Ende September der Agentur UPI gab. Als jahrzehntelanger enger Verbündeter der CIA sowie als geheimer Chef der Mujaheddin und Usama Bin Ladins kennt Gul sich auf beiden Seiten der derzeitigen Fronten gut aus: "Als ISI-Direktor hatte ich die Fäden der gesamten Mujaheddin-Bewegung in der Hand. Wir waren alle pro-amerikanisch. Aber die Amerikaner haben uns im Stich gelassen, und alles fiel in Stücke - auch Afghanistan". Als Urheber des Anschlags vom 11. September kommt für den General nur der israelische Mossad in Frage:
"Die Juden stimmten weder mit Bush 41 noch mit Bush 43 (W. ist der 43. Präsident) überein. Sie sorgten dafür, das Bush 41 nicht wiedergewählt wurde - sein Druck für ein "Land-for-Peace"-Programm passte Israel nicht. Genauso wenig wie der junge Bush, der ihnen zu eng mit den Ölinteressen der Golfstaaten verbunden ist. Bush senior und James Baker haben 150 Millionen Dollar Wahlkampfspenden für den Junior eingesammelt, vieles davon aus dem Mittleren Osten und ihren amerikanischen Mittelsmännern. Bush 41 und Baker haben darüber hinaus, als Privatleute, neue strategische Verbindungen zwischen Saudi-Arabien und Iran eingefädelt. Das weiß ich aus Quellen in beiden Ländern. So stellte sich die Aussicht auf Bush 43 für Israel klar als eine Gefahr dar. Die Juden waren verblüfft, wie er sich in Florida die Wahl stahl. Sie hatten viel Geld in Al Gore gesteckt. (..)
Jetzt hat Israel der Bush-Familie die lang erwartete Gelegenheit geliefert, Amerikas imperialen Griff auf die Golfstaaten zu verstärken und seine militärische Präsenz auf das Kaspische Meer und Zentralasien auszuweiten. (...)
Die Destabilisierung Pakistans ist Teil des US- Plans, da es ein moslemischer Nuklear-Staat ist. Im Zuge der Containment-Politik soll Pakistan von China isoliert werden - schon in Präsident Nixons Buch "The Real War" steht, dass China die Supermacht des 21. Jahrhunderts würde. Die USA schüren auch Feindschaft zwischen Afghanistan und Pakistan, um die Wahrnehmung umzudrehen, dass die islamische Welt über ihre eigenen Nuklearwaffen verfügt. Bush 43 realisiert nicht, dass er von Leuten manipuliert wird, die etwas von Geopolitik verstehen - er führt nicht, er wird geführt....
Irak wurde in die Kuwait-Falle gelockt, nachdem die USA Saddam zu verstehen gaben, sie seien nicht an seinen innerarabischen Streitigkeiten interessiert. Zwei Tage später marschierte er nach Kuwait, das immer eine irakische Provinz war, bevor es das Britische Empire anders festlegte. Roosevelt stellte für die Japaner die Pearl Harbour Falle auf, die den Grund zum Einstieg in den 2. Weltkrieg lieferte. Und jetzt haben die Israelis den USA den Grund dafür geliefert, sich in die Regionen auszudehnen, die in den nächsten 25 Jahren entscheidend sind - das kaspische Becken."
Soweit die Verschwörungstheorie des Generals Gul, der als Anti-Demokrat, Jihad-Hardliner und Ex-Chef eines gestapo-ähnlichen, heroin-pushenden Geheimdiensts nicht gerade als objektive Quelle gelten kann, doch andererseits als Top-Insider und Experte des schmutzigen Geschäfts auch nicht von vornherein unglaubwürdiger ist als etwa ein Ex-CIA-Direktor. Gul liefert nicht mehr konkrete Beweise für seine Mossad-Spekulation, als der Westen sie für die Al Qaida"-Verschwörung vorweisen kann. Aber dass sein alter Bekannter Bin Ladin diese Operation aus seiner Höhle ferngesteuert haben soll, das scheint ihm völlig unvorstellbar. Wie freilich der Mossad das ganze Schurkenstück eingefädelt haben soll - schließlich soll die Überweisung an den Terrorpiloten Atta von Guls Nachfolger bei der ISI gekommen sein -, darüber lässt der General uns geflissentlich im Dunkeln. So wie CIA und FBI 10 Minuten nach dem Anschlag mit dem Schrei "Bin Ladin!" von ihrer offenbar gewordenen Untätigkeit ablenkten, lenkt er uns mit dem Hinweis "Mossad!" von den Schlampereien und Schurkereien seines eigenen Geheimdiensts ab.
Die geopolitischen Motive und Strategien, die er anführt sind aber dennoch nicht einfach von der Hand zu weisen - wie Seymour Hersh, einer der bestinformierten US-Auslandsjournalisten, im Magazin New Yorker berichtet, planen Pentagon, CIA, Israel und Indien aktuell die Zerstörung von Pakistans Nukleararsenal. An einer solchen Destabilisierung kann das Pakistan kein Interesse haben - und doch ist die Einflußachse CIA-ISI-Usama-Taliban unübersehbar. Wie paßt das alles zusammen ?
Solange wir Begriffe wie "Einflußachse" und lineare Ursache-Wirkungs-Ketten wie "CIA-ISI-Usama-Taliban" nicht stets in Anführungszeichen benutzen, droht immer die eingangs erwähnte Kausalitäts- Falle. Denn auch innerhalb der CIA, der ISI, der Taliban können wiederum Fraktionen bestehen können, die unterschiedliche Strategien verfolgen, und es gibt möglicherweise noch weitere Einflussachsen, die selbst aktiv werden oder die eine oder andere Fraktion für ihre Zwecke instrumentalisieren. So müßte nach der Mossad-Theorie von General Gul der israelische Geheimdienst die ISI unterwandert und Atta & Co. zu der Aktion instrumentalisiert haben - in der islamischen Welt, wo der Mossad ohnehin als Sündenbock Nr. 1 gilt, mag diese Theorie für völlig plausibel gehalten werden, im Westen scheint sie dagegen ziemlich unwahrscheinlich
BBC World, wo anders als bei CNN statt purer Propaganda bisweilen noch das betrieben wird, was man in Friedenzeiten "Journalismus" nennt, hat in den letzten Wochen mehrfach auf die konspirative Gemengelage in Afghanistan aufmerksam gemacht: für 100 Dollar oder eine Ziege wechseln die Verschwörer das Lager. Heute Kämpfer für die Taliban, morgen für die Nordallianz, übermorgen für einen autonomen Patschunen-Clan: "Sie wechseln so häufig die Seiten, dass es schwierig ist, einen wirklichen Unterschied zwischen Nordallianz und Taliban zu erkennen", so der Chef-Reporter. Zumindest optisch wird die Unterscheidung künftig etwas leichter fallen: die Nordallianzler wurden mit nagelneuen amerikanischen Kampfanzügen ausgerüstet. Da die auf das Ursprungsland verweisenden Etiketten allerdings laut BBC herausgetrennt wurden, eignen sich die Uniformen freilich gut für Tauschgeschäfte mit den Taliban, weshalb auch die "Bösen" alsbald in den Uniformen der "Guten" auflaufen werden.
Wo an der Basis derartiges Chaos herrscht, wäre es vermessen, im Überbau der Verwaltung und Führung klare Strukturen und feste Loyalitäten anzunehmen. Dass die pakistanische ISI einerseits die Taliban und Bin Ladin stützt und auch die Ermordung des Nordallianz-Chef Massud inszenierte, scheint offensichtlich; dass die CIA nicht nur Kontakte mit ihrem ehemaligen Söldnerführer Bin Ladin hielt sondern bis vor kurzem auch noch "Pro Taliban" war, scheint ebenso klar. Doch welches Kalkül hat diese Fraktionen dazu gebracht, den WTC-Anschlag auszuführen? Sicher haben Präsident Bush und die CIA als Trittbrettfahrer von dem Anschlag profitiert, sicher hat auch Israel ein Interesse, die USA in einen Krieg gegen Irak und die arabische Welt hineinzuziehen, sicher gibt es mächtige Interessen von UNOCAL, Halliburton und "Wall Street" an einer Pipeline durch Afghanistan, sicher haßt Bin Ladin das US-gestützte Feudalregime seiner Heimat, wo er ohne die Amerikaner als Milliardärssohn heute genauso Präsident sein könnte wie sein Widersacher Bush in den USA - aber sollen wir uns das wirklich so vorstellen, dass eine dieser Fraktionen, von denen jede ein 1a Motiv für den Anschlag hat, im Frühjahr bei Herrn Atta angerufen und den WTC-Job in Auftrag gab ?
Vielleicht bin ich ja immer noch zu sehr Gutmensch, aber soviel Bosheit traue ich weder dem etablierten Herrn Bush noch dem etablierten Herrn Laden noch den anderen Genannten zu - psychologisch scheint mir da die emotionale Eskalation, die maßlose Wut, das enttäuschte Kind zu fehlen. Bei dem von Bush sen. nach dem Motto "Der Mohr kann gehen" auf einen Provinzposten abservierten General Gul, dem ehemaligen geheimen Ober-Chef aller Mujaheddins und Bin Ladins und Heroinfabriken und besten Freund Amerikas, finde ich dagegen diese Enttäuschung. Und da er sicher nicht der einzige ist, und als ehemaliger Pate nach wie vor über professionelle Terror-Verbindungen verfügen dürfte, wäre die WTC-Eskalation auch als purer Racheakt enttäuschter Ex-Generäle vorstellbar.
Jenseits aller offiziellen CIA-ISI-Bin Ladin-Einflussachsen, aber gleichwohl mit deren professionellen Mitteln. Ausgeheckt von alten, enttäuschten Füchsen, erniedrigten Mächtigen, fundamentalistischen Machos, ohne Rücksicht auf Verluste - mit Tätern, rekrutiert aus jener Truppe von "Jihad"-Robots, die von der CIA einst gezüchtet, und in den 90er Jahren Schicksal überlassen wurden. In gewisser Weise wäre dieser Anschlag als Fallout des Kalten Kriegs einzustufen, jener Zeit, in der im heiligen Krieg gegen "Kommunismus" jedes Mittel Recht war, auch Terror und Drogengeschäfte im großen Stil. Und nette Hurensöhne wie General Gul, die man mit ihren marodierenden Terrorkämpfern danach nicht einfach im Regen stehen lassen kann.
Wie auch immer, - auch wenn solche inoffiziellen Querschläger wie etwa ein verletzter Geheimdienstchef die eigentliche Ursache sein sollte und die Vorbereitungen über seine alten Kanäle liefen: sie blieben nicht verborgen. Der Zeitplan des Vorauswissens, den der CIA-Forscher Mike Ruppert auf seiner Seite zusammengestellt hat läßt in Sachen US-Geheimdienste in der Tat nur den Schluss zu: Wenn sie nicht selbst involviert waren, was haben sie währenddessen eigentlich gemacht ?