Wenn schwerreiche Populisten in die Politik streben
Seite 3: "Fragen Sie mal meinen Wachmann"
- Wenn schwerreiche Populisten in die Politik streben
- "Wir, die Leute, die Gas geben, (...) wir sind der Staat"
- "Fragen Sie mal meinen Wachmann"
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Was einkommensschwache Menschen von einer Gröner-Partei zu erwarten hätten, erfahren sie auch en passant, wenn er berichtet, dass er immer im Dienst ist.
Ich bin seit 30 Jahren drei Tage nicht zur Arbeit erschienen wegen Krankheit, fragen Sie mal meinen Wachmann, wie oft der wegen Krankheit nicht da war. Wenn meine Frau mit mir Krach macht und mich die Nacht nicht schlafen lässt, bin ich bei der Arbeit. Fragen Sie mal meinen Wachmann.
Christoph Gröner, Hart aber fair
Hier steckt eine doppelte Drohung für alle Menschen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Es ist die Botschaft, dass man sich notfalls auch krank zur Arbeit schleppen und möglich Tag und Nacht Leistung zeigen sollte. Der bei Gröner mehrmals zitierte Wachmann wäre im Falle der Lohnabhängigen das Wachpersonal, der Aufseher oder auch die Überwachungs-App, die auf die Sekunde genau die Leistung misst.
Amazon-Beschäftigte sprechen davon, dass sie schon angesprochen werden, wenn sie mal zwei Minuten nicht arbeiten. So ist Gröner hier durchaus nicht der besonders egozentrische Neureiche, der nicht nur seine Macht und seinen Einfluss ausübt, sondern das auch propagiert.
Er ist gleichzeitig der prototypische Vertreter eines Kapitalismus, der möglichst rund um die Uhr die Menschen auspressen will, der es zur Tugend erklärt, in dreißig Jahren nur 3 Tage krank geschrieben gewesen zu sein und auch nachts am Arbeitsplatz zu erscheinen.
Die Gefahr, die von Mächtigen wie Gröner ausgeht, liegt vor allem darin, dass solche Bekenntnisse auch bei Menschen auf Zustimmung stoßen, die von ihrer sozialen Lage eigentlich vehement dagegen protestieren müssten. Denn sie haben die Hoffnung, dass die Knute nicht sie, sondern die Menschen trifft, denen es vielleicht noch schlechter als ihnen geht und die das angeblich verdient haben.
Wie eine solche sozialchauvinistische Ideologie funktioniert, haben Julia Frank und Sebastian Dörfler in ihren hörenswerten Radio Feature "Warum unsere Gesellschaft die Armen verachtet" thematisiert.
Hier liegt auch ein Grund dafür, weshalb rechter Millionärspopulismus von Trump, Berlusconi und Macron Erfolg hat. Ob man Gröner in diese Reihe stellen kann, ist noch nicht ausgemacht. Denn einstweilen kann der seine Investorenwünsche auch noch ganz gut mit dem aktuellen politischen Personal durchsetzen.
Roter Teppich für Investor Gröner
Das zeigte sich bei dem Projekt der CG-Gruppe im Friedrichshainer Nordkiez. Da wurde schnell mal der Denkmalschutz Makulatur, damit der millionenschwere Investor nicht ungnädig wird.
Eine der Linkspartei angehörende Senatorin hatte dann angeblich auch keine Möglichkeit, Gröner die Baugenehmigung zu verweigern. Da hatte es Gröner nicht schwer, gegen das CG-Projekt protestierenden Nachbarn zuzurufen: "Glaubt Ihr, ich baue nicht, wenn Ihr hier schreit?" "Seid ihr wirklich so blöd?"
Schon vor 2 Jahren erklärte Gröner im Tagesspiegel-Interview: "Wir Unternehmer wissen uns selbst zu helfen." Daher wäre es wirklich eine Bedrohung für große Teile der Bevölkerung, wenn er nicht nur die Politik für sich arbeiten lässt, sondern selber in die Politik geht.
So könnte der ARD-Beitrag auch der Anlass für eine Diskussion über den Klassenkampf von oben sein. Und es könnte darüber diskutiert werden, warum Teile der Subalternen ideologisch so zugerichtet werden, dass sie mächtigen Männern, die die Knute zeigen, applaudieren.
Mit einer Diskussion allein über Ungleichheit kommt man dem Phänomen der Millionen schweren Populisten nicht bei. Das zeigte sich bei Berlusconi und Trump und das wird sich auch bei Gröner zeigen.