Wer wird Vizepräsidentschaftskandidat?
Seite 2: Quotendenken vergangener Jahrzehnte
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Für John Kasich als Trumps Vizepräsidenten würde sprechen, dass der Gouverneur von Ohio den Republikanern in seiner Heimat einen wichtigen Swing State sichern könnte und dass er es in vergangenen Wahlen schaffte, auch traditionell demokratische Wähler von sich zu überzeugen. Dass Kasich Trump im Vorwahlkampf schärfer angriff als andere Mitbewerber, muss kein Ausschlussgrund sein. Schon im auf den Stand der Zeit gebrachten Sprichwort heißt es: Politik schlägt sich, Politik verträgt sich.
Will Trump mit seinem Vizepräsidentschaftskandidaten vor allem demokratischen Wähler anziehen, könnte er sich aber auch jemanden aussuchen, mit dem er in der Vergangenheit weniger über Kreuz lag. Dass er einen Politiker der Gegenpartei nominieren wird, schloss der Milliardär jedoch aus (obwohl sein Helfer Ben Carson meinte, wenn man ihm einen Demokraten zeige, der Trumps Ziele zureichend unterstütze, dann werde man auch diesen in Betracht ziehen).
Marco Rubio wird von manchen Medien als möglicher Vizepräsidentschaftskandidat gehandelt, weil sie glauben, dass er Trump Stimmen von Wählern lateinamerikanischer Herkunft sichern könnte. Ob der Milliardär den von ihm als "Little Marco" verspotteten Mitbewerber tatsächlich ernsthaft in Betracht zieht, ist jedoch insofern fraglich, als die Art und Weise, wie Trump seinen bisherigen Wahlkampf führte, darauf hindeutet, dass er sich nicht am Quotendenken vergangener Jahrzehnte orientiert und nicht in erster Linie daran interessiert ist, mit einem Latino oder einer Frau wie der ehemaligen Arizona-Gouverneurin Jan Brewer einen identitätspolitischen Gegenpol zu sich selbst zu setzen - was nicht ausschließt, dass ein "Running Mate", den er für geeignet hält, aus einer dieser Gruppen kommen kann.
Schert sich Trump nicht um Identitätspolitik, könnte er beispielsweise den ehemaligen republikanischen Repräsentantenhaussprecher Newt Gingrich nominieren: Der technologiebegeisterte 72-jährige, der Telepolis 1998 ein Exklusivinterview gab, bekundete auf Fox News bereits grundsätzliches Interesse.
Demokraten: Elizabeth Warren beschädigt
Hillary Clinton, die praktisch sichere Kandidatin der Demokraten, ist diesem identitätspolitischen Quotendenken viel stärker verhaftet als ihr republikanischer Konkurrent. Sie müsste dieser Ideologie nach als ältere weiße Frau einen jüngeren Mann aus einer ethnischen Minderheit als Vizepräsidentschaftskandidaten nominieren. In Frage dafür kämen beispielsweise Obamas 1974 geborener Wohnungsbau- und Stadtentwicklungsminister Julian Castro oder der 1961 geborene stellvertretende Justizminister Thomas Perez. Der von der New York Times ins Spiel gebrachte 1958 geborene Tim Kaine wäre zwar nur hinsichtlich des Geschlechts ein Gegenpol, könnte Clinton aber als ehemaliger Gouverneur von Virginia helfen, in diesem bedeutenden Swing State zu siegen.
Will Clinton keinen identitätspolitischen, sondern einen inhaltlich-politischen Gegenpol setzen, müsste sie eigentlich ihren Mitbewerber Bernie Sanders nominieren. Das gilt jedoch alleine deshalb als wenig wahrscheinlich, weil der 74-jährige als unabhängig bekannte Senator die Position kaum als Austragsposten ausfüllen, sondern vermutlich versuchen würde, eigene politische Ziele durchzusetzen, die denen Clintons häufig entgegengesetzt sind.
Ähnliches gilt für die bekannte Senatorin Elizabeth Warren. Die 1948 geborene blonde, blauäugige und hellhäutige Juristin aus dem ehemaligen Indianerreservat Oklahoma gilt zudem als politisch beschädigt, weil sie ihre Behauptung, von Ureinwohnern abzustammen, offenbar nicht nachweisen kann. Seit Donald Trump sie "Pocahontas" nannte und twitterte: "Die alberne Elizabeth Warren, Hillary Clintons Hofschranze, hat ihre Karriere vollständig auf einer Lüge aufgebaut" verbreiteten sich unter dem Hashtag #elizabethwarrenindiannames täglich neue Spottnamen für sie. Der Versuch, Trump deswegen als "rassistisch" anzugreifen, ging insofern nach hinten los, als sich dazu befragte Berufsbeleidigte auch über die Wortwahl anderer Kandidaten erregten und beispielsweise einem Wahlkampfmanager von Bernie Sanders vorwarfen, dass er von einem "Powwow" sprach.
Senator Sherrod Brown, der ebenfalls als Kritiker der von Clinton geförderten Freihandelsabkommen gilt, hat bereits angekündigt, er sei nicht bereit, Vizepräsidentschaftskandidat der ehemaligen Außenministerin zu werden. Nähme er den Posten an, hätten die Demokraten zudem das Problem, dass ihm im Senat ein Republikaner nachfolgen könnte.
Da sich bislang kein Kandidat als offensichtlich aufdrängt, wird Clinton wahrscheinlich warten, bis Trump seine Wahl getroffen hat. Legt er in den Umfragen weiter zu, könnte sie den Mutmaßungen des Fernsehsenders CBS nach auf eine "riskantere Option" setzen.
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