Westliche Sanktionen untergraben Stellung des US-Dollars im Finanzsystem
Das zeigt eine Analyse des Ölhandels zwischen Indien und Russland. Händler weichen auf andere Währungen aus und Staaten bauen direkte Zahlungssysteme mit Russland auf.
Der US-Dollar gilt als Weltleitwährung, doch seine Stellung im internationalen Finanzsystem beginnt zu erodieren. Ein Grund dafür sind die westlichen Sanktionen gegen Russland, wie eine aktuelle Analyse der Nachrichtenagentur Reuters zeigt.
Die Sanktionen führen dazu, dass Staaten, die mit Russland Handel treiben, ihre Geschäfte zunehmend in anderen Währungen abwickeln. In der Analyse betrachtet Reuters den Ölhandel zwischen Indien und Russland. Indien ist inzwischen Russlands wichtigster Absatzmarkt für Rohöl auf dem Seeweg.
Experten wie Gita Gopinath, stellvertretende geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), hatten diesen Effekt bereits im vergangenen Jahr vorausgesagt. Etwa einen Monat nach Beginn des Krieges in der Ukraine sagte sie der Financial Times: "Die Sanktionen gegen Russland könnten die Vormachtstellung des US-Dollars untergraben, indem sie kleinere Handelsblöcke ermutigen, andere Währungen zu verwenden.
Im Ölhandel zwischen Indien und Russland sieht Reuters den bisher stärksten Beweis dafür, dass sich der Handel auf andere Währungen verlagert – und zwar möglicherweise nicht nur kurzfristig, sondern dauerhaft.
Indien ist der drittgrößte Erdölimporteur der Welt, und Russland ist sein größter Hauptlieferant geworden, nachdem Europa begonnen hat, sich von russischen Erdöl zu trennen. Anfang Dezember haben die Europäische Union und andere Staaten zudem eine Obergrenze für den Ölpreis verhängt.
Die Folge: Indische Kunden bezahlten einen Großteil ihrer Importe aus Russland in anderen Währungen als dem US-Dollar. Dazu gehören der Dirham der Vereinigten Arabischen Emirate und der Rubel. Die so bezahlten Transaktionen der letzten drei Monate sollen einen Gegenwert von mehreren hundert Millionen US-Dollar gehabt haben.
Einige Händler mit Sitz in Dubai sowie die russischen Energiekonzerne Gazprom und Rosneft lehnen inzwischen für bestimmte Nischensorten Zahlungen in US-Dollar ab. Diese Lieferungen machen aber nur einen kleinen Teil der Lieferungen nach Indien aus.
Die Regierungen in Washington und London versuchen, das Ausweichen auf andere Währungen zu verhindern. Im Februar verhängten sie Sanktionen gegen die russische Bank MTS mit Sitz in Abu Dhabi. MTS hatte einen Teil des indischen Zahlungsverkehrs in anderen Währungen als dem US-Dollar abgewickelt.
Russlands Versuche, den US-Dollar zu umgehen, sind nach Ansicht von Experten aber nicht das Hauptproblem. Die Gefahr für das westliche Finanzsystem liege in den Sanktionen, sagt Daniel Ahn, ehemaliger Chefökonom des US-Außenministeriums und jetzt Global Fellow am Woodrow Wilson International Center for Scholars.
Der Westen schwäche "die Wettbewerbsfähigkeit seiner eigenen Finanzdienstleistungen, indem er eine weitere Verwaltungsebene hinzufügt", so Ahn gegenüber Reuters.
Die Folge sei der Versuch, eine direkte Infrastruktur für die Abwicklung von Zahlungen zwischen Russland und anderen Ländern aufzubauen. Um den Handel zu erleichtern, hätten inzwischen nicht nur indische Banken Konten bei russischen Instituten eröffnet, sondern auch umgekehrt.
So unterhält die State Bank of India ein Fremdwährungskonto in Russland. Dieses wird laut Reuters inzwischen von indischen Raffinerien genutzt, um Öleinkäufe in Rubel abzuwickeln.
Für den Fall, dass die Rubel-Transaktionen durch weitere Sanktionen unterbrochen werden, hat man vorgesorgt. Es seien Vorbereitungen getroffen worden, um in diesem Fall den Handel in indischen Rupien abzuwickeln.
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