Widerspricht das Kohlegesetz EU-Recht?
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Die Energie- und Klimawochenschau: Von fortschreitender Erwärmung, Eisschwund, Kohlestreit und anhaltender Trockenheit
Während Ostasien weiter von extremen Niederschlägen heimgesucht wird, zeichnet sich ab, dass 2020 eines der bisher wärmsten Jahre werden wird. Zur Monatsmitte haben nun auch die verschiedenen Gruppen, die die Daten des internationalen Netzwerks von Klima- und Wetterstationen auswerten, ihre Berechnungen vorgelegt.
In der Auswertung des japanischen Wetterdienstes war der Juni 2020 zum Beispiel knapp hinter dem Vorjahresmonat der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Der Unterschied beträgt nur wenige Hundertstel Grad ist damit innerhalb der Messgenauigkeit.
Nun stellen die Juni-Daten natürlich nur eine Momentaufnahme da. Der vom Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF) im Auftrag der EU-Kommission betriebene Copernicus Climate Change Service hat einen Blick auf die letzten zwölf Monate geworfen.
Genauer: Er bildet jeweils den Mittelwert des aktuellen Monats und der elf vorhergehenden, wobei ihm die seit Ende der 1970er Jahre für die ECMWF-Wettervorhersagemodelle gesammelten Daten als Grundlage dienen.
Das Ergebnis: Die zurückliegende zwölf Monate von Juli 2019 bis Juni 2020 sind rekordverdächtig und liegen in etwa gleichauf mit einer Periode zwölfmonatigen Periode 2015/2016.
Unten stehende Grafik zeigt das anschaulich. Außerdem ist ihr zu entnehmen, dass die vergangenen zwölf Monate für Europa sogar die wärmsten waren. Am Goddard Institut for Space Studies (GISS) der NASA kommt man zu einem ähnlichen Ergebnis.
Die dortige Auswertung der langen Zeitreihen des Global Historical Climatology Network und eines umfangreichen Datensatzes der Meeresoberflächentemperaturen zeigt, dass die letzten zwölf Monate um weniger als zwei Hundertstel hinter der Periode Oktober 2015 bis September 2016 lag, was innerhalb der Messgenauigkeit ist.
Der Unterschied zwischen den beiden Perioden ist allerdings, dass der Winter 2015/2016 und das Frühjahr 2016 im Gegensatz zu den letzten zwölf Monaten durch eines der bisher stärksten El-Niño-Ereignisse geprägt war. Während dieser erwärmt sich das Wasser des tropischen Pazifik ungewöhnlich, was in den umliegenden Regionen das Wetter gründlich durcheinander bringt. In der globalen Temperaturstatistik führt ein El Niño regelmäßig zu Ausschlägen nach oben.
Bedrohte Arktis
Oder mit anderen Worten, was vor vier Jahren noch ein außergewöhnlich war, ist inzwischen normales Klima. Dabei ist die Erwärmung nicht gleichmäßig verteilt, wie unten stehende Abbildung beispielhaft für den zurückliegenden Juni zeigt. Vielmehr erwärmt sich vor allem die Arktis mehr als doppelt so schnell wie der Rest des Planeten.
Entsprechend zieht sich derzeit das Meereis auf dem arktischen Ozean rasant zurück. Das macht es zwar jedes Jahr, allerdings in den vergangenen beiden Jahrzehnten immer schneller und weiter. Aktuell ist seine Ausdehnung so gering wie selten zuvor zu dieser Jahreszeit, und es ist voraussichtlich nur noch eine Frage von wenigen Wochen, dass sich entlang der Küsten die Seewege zwischen Atlantik und Pazifik öffnen.
Früher einmal war das eine große Seltenheit und eine reibungslose Passage auch während der Sommermonate praktisch unmöglich. Doch heute sind Nordwest- und Nordostpassage fast jährlich offen - mal die eine, mal die andere und gelegentlich auch beide. Schon im nächsten Jahrzehnt könnte das Meereis im Sommer ganz verschwinden.
Die Konsequenzen für das globale Klima werden dramatisch sein. Offenes Wasser nördlich des Polarkreis bedeutet, dass die dort im Hochsommer rund um die Uhr scheinende Sonne das Meer erwärmen kann und weniger Strahlung direkt ins Weltall zurückreflektiert wird. Mit dem Meer erwärmen sich auch die umliegenden Küstenregionen, in denen der permanent gefrorene Boden (Permafrost) taut und weitere Treibhausgase freisetzt.
Als sei das alles noch nicht genug, wird die Arktis auch noch durch allerlei industrielle Aktivitäten belastet. Da muss man schon von Glück reden, dass der Ölpreis derzeit im Keller ist. Das mindert zumindest für den Augenblick die Attraktivität der noch vor wenigen Jahren mit Hochdruck betriebenen Ölprojekte vor den Küsten Grönlands und Alaskas.
Im russischen Sibirien kam es hingegen erneut zu einer schweren Umweltverschmutzung, wie der Spiegel berichtet. Demnach seien bei der vom Nickelabbau lebenden, unweit der Nordküste gelegenen Stadt Norilsk, 44,5 Tonnen Kerosin aus einer Pipeline ausgelaufen.
Erst vor wenigen Wochen hatten 21.000 Tonnen Heizöl für Schlagzeilen gesorgt, das dort ausgelaufen und in die zum nahen Meer führenden Flüsse gelaufen war. Zudem seien, so der Spiegel mit Schwermetallen und Säure belastete "flüssige Abfälle" in die Flüsse geleitet worden.
Kohlestreit geht weiter
Der Streit um das neue Kohleausstiegsgesetz ist derweil noch lange nicht ausgestanden. Unter anderem gibt es einen Appell an den Bundespräsidenten, von der Unterzeichnung abzusehen. Diese wird für die nächsten Tage erwartet.
Dann wäre da noch ein Beschwerde gegen das Gesetz bei der EU-Kommission mit dem interessanten Hinweis auf das in den EU-Verträgen geregelte Verbot staatlicher Beihilfen die "bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige" in einer Art begünstigen, dass der Wettbewerb verfälscht wird.
Insbesondere sei die geplante Entschädigung "rechtlich nicht zwingend und zu hoch". Unter anderem seien die den Entschädigungen zu Grunde gelegten Braunkohlefördermengen zu hoch angesetzt worden. Das Gesetz bevorteile die Braunkohleindustrie gegenüber den Unternehmen der erneuerbaren Energie.
"Der Entwurf des öffentlich-rechtlichen Vertrages (BMWi 2020a) sieht in Artikel 14 vor, dass die Entschädigung dafür genutzt wird, die Tagebaufolgekosten rechtzeitig abzudecken. Dabei liegt gemäß Bundesberggesetz die Verantwortung für die Wiedernutzbarmachung der Tagebaue, für Bergschäden sowie für die Rekultivierung, die Wasserhaltung sowie eine etwaige Nachsorge eindeutig bei den Tagebaubetreibern. Aus dem laufenden Betrieb müssen dafür Rückstellungen gebildet werden und die Kosten dann auf den Strompreis aufgeschlagen werden. Wir bitten die EU zu prüfen, ob dies erfolgt ist."
Kölle for Future, Begründung der Beschwerde gegen das Kohlegesetz
Außerdem wird die Bundesregierung für ihre Intransparenz kritisiert und die EU-Kommission aufgefordert, diese zu rügen. Trotz mehrfacher Anfragen habe das Bundeswirtschaftsministerium bisher keine Berechnungen oder Gutachten vorgelegt, die die Höhe der beschlossenen Entschädigungen erklären könnten.
Des Weiteren stellt die Beschwerde fest, dass es keine energiewirtschaftliche Notwendigkeit für weitere Zwangsumsiedlungen gibt. Von solchen sind allerdings weiter einige Dörfer am Rande des Tagebaus Garzweiler II sowie in Sachsen bedroht.
Die könnten sich durchaus zum nächsten Brennpunkt der Klimaumweltbewegung entwickeln. Das Bündnis Alle Dörfer bleiben, in dem sich die Gegner der Enteignungen und Umsiedlungen zusammengeschlossen haben, kündigt Proteste an und bitte die ganze Klimaschutzbewegung um Unterstützung.