Wie ein antifaschistisches Festival aus Brandenburg vergrault wird

Seite 2: Auch Fusion drohte Verbot

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Dass die Schikanen nicht allein auf das Konto auf den als CDU-Rechtsaußen bekannten Kremmener Bürgermeister gehen, zeigt der Versuch, auch das kulturell breiter aufgestellte Festival Fusion in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr zu verhindern. Der Polizeipräsident von Neubrandenburg wollte eine Polizeiwache mitten auf das Festivalgelände einrichten, obwohl es dafür überhaupt keinen Grund gab.

Für eine Gefahrenprognose gab der Polizeipräsident Daten der Festivalorganisatoren an den Dozenten der Polizei-Fachhochschule Güstrow, Ulf Theodor Claasen, weiter, der laut Ostsee-Zeitung als früherer AfD-Politiker wegen Körperverletzung zum Nachteil von Gegnern der Partei verurteilt wurde. Das drohende Fusion-Verbot sorgte bundesweit für Protest, und auch ein Großteil der Gemeinde Lärz, in der das Festival stattfindet, setzte sich für den Verbleib ein.

Ein so großes Event ist ein Standortfaktor in der strukturschwachen Gegend. So konnte das Festival schließlich Ende Juni ohne Polizeiwache auf dem Gelände, aber mit verschärften Sicherheitsbestimmungen stattfinden. Bei "resist to exist" reichte der Druck in diesem Jahr nicht aus, um die nationalistische Front von Kremmen aufzuweichen.

Es muss sich zeigen, ob es gelingt, genügend Druck in und außerhalb der Region zu entfalten, damit das Festival im nächsten Jahr wieder nach Kremmen zurückkehrt, wie es die Organisatoren wünschen. Interessant ist, dass dort die Behörden ihre politische Ablehnung des Festivals hinter angeblichen Behördenanforderungen verbergen.

Kremmen kein Modell gegen Rechtsrock

Nun sollte man aber nicht Versuchung kommen zu fordern, dass nach den Modell Kremmen jetzt auch gegen Rechtsrock-Konzerte wie im thüringischen Themar vorgegangen wird. Nicht mit Behördentricks, sondern mit politischen Druck sollten gegen solche Events vorgegangen werden.

Tatsächlich ist in den letzten Jahren in Themar und Umgebung der politische Druck gegen das Rechtsrockfestival gewachsen. Konzerte der linken türkischen Band Grup Yorum wurden schon immer mit allerlei Schikanen deutscher Behörden bedacht. So durfte kein Eintritt verlangt, keine Spenden gesammelt und keine Band-Artikel verkauft werden.

Nur hat man im Fall von Grup Yorum wenigstens ehrlich argumentiert, dass die politische Einstellung und nicht das Baurecht die Behörden stört. In Kremmen gehen die Behörden dagegen so vor wie in Russland oder der Türkei, wo auch schon mal Hallen für missliebige Veranstaltungen kurzfristig aus baurechtlichen Gründen geschlossen werden.

Übrigens kann an diesem Wochenende im polnischen Kostryzn wie in den letzten Jahren das Festival Haltestelle Woodstock ohne größere behördlichen Probleme stattfinden. Allerdings könnte der neue Name Pol' and Rock, der für ein solch transnationales Event nun völlig deplatziert ist, eine Konzession an die nationalistische Regierung, aber auch ein Anzeichen dafür sein, dass auch ein Teil der Festivalbesucher in nationalistischen Kategorien gefangen ist.

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