Wie kann Griechenlands Nachbar in der deutschen Presse genannt werden?

Seite 2: Es gibt keine von allen akzeptierte Benennung

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Niemand kann mehr eine von allen akzeptierte Benennung der Nachbarrepublik verwenden, weil sich immer jemand - ob objektiv im Recht oder Unrecht - auf den Fuß getreten fühlt und laut aufschreit. Subjektiv können aber alle auf ein wie auch immer geartetes Recht - Historie oder Gewohnheitsrecht - verweisen. Je länger der Konflikt dauert, umso mehr Gewohnheitsrechte ergeben sich aus dem Status quo.

Was ich als Autor selbst über den Konflikt denke, ist ein anderes Thema. Sicher lässt sich eine Tendenz in der Beschreibung eines Themas nie komplett vermeiden. Darum schreiben schließlich immer noch menschliche Autoren und nicht Roboter die Artikel.

Ich vermeide jedoch nach schlechten Erfahrungen zum Beispiel in Amsterdam den Gebrauch der niederländischen Sprache, weil ich diese, in Aachen aufgewachsen, rudimentär mit Akzent aus der Limburger Region spreche. Persönlich antworte ich mir unbekannten Niederländern, besonders in Amsterdam, auf Englisch, während ich diese weiter in der Landessprache reden lasse.

Es hat sich bislang noch niemand darüber gewundert. Vielmehr akzeptieren die Niederländer, dass ich in ihrem "Limburg"-Disput lieber nicht eingreife und auch nicht darüber diskutieren möchte. So typisch "griechisch oder makedonisch oder mazedonisch oder südslawisch oder nordmazedonisch" sind derartige Animositäten, siehe auch Bretagne und Großbritannien, also nicht.

Stichwort Namen: Wenn in griechischen Nachnamen, die zum großen Teil von den osmanischen Besatzern vergeben wurden, die türkischen, absichtlich vergebenen abschätzigen Bezeichnungen herausgefiltert werden, wird sich wohl kaum noch jemand Delis oder Deligiannis nennen. Denn dies wäre übersetzt "verrückt" oder der "verrückte Yannis".

Weil aber kaum jemand etymologisch die Nachnamen untersucht, stört es nicht. Als Autor kann ich nur hoffen, dass ein zufällig lesender Deligiannis die etymologische Erklärung seines Nachnamens nicht als ungewollte Beleidigung auffasst. Sie ist keineswegs so gemeint und dient nur pars pro toto zur Verdeutlichung.

Gebietsansprüche und Sprache

Kompliziert wird es bei den Namen immer erst, wenn die eine oder andere Seite damit Gebietsansprüche unterstreicht. Und genau dies sieht die griechische Seite in der Verwendung des hellenischen Namens bei der Nachbarrepublik. Diese hingegen möchte endlich als einheitlicher, unabhängiger und international anerkannter Staat firmieren und die im Land befindlichen Minderheiten unter einem Nenner vereinen.

Stichwort Sprache: Mit dem Vertrag von Prespes wurde eine mazedonische Sprache anerkannt, die bislang auf dem Balkan, insbesondere in Bulgarien und Griechenland als Dialekt bezeichnet wird. Denn auch Bulgarien hat in der Vergangenheit Ansprüche in Richtung "EJRM, FYROM, Mazedonien, Skopje, Nord-Mazedonien" erhoben.

Stichwort Politiker: Griechische amtierende Politiker neigen dazu, im Amt immer das zu vergessen, was sie vor ihrer Wahl versprochen haben. Diese weltweit übliche Vorgehensweise hat im konkreten Fall die Nebenwirkung, dass die Griechen zunächst zu Oppositionszeiten zum Widerstand gegen die Namensnennung "Mazedonien" aufgestachelt werden, im Amt jedoch pragmatische internationale Diplomatie betrieben werden muss.

In den Neunzigern gehörte der Synaspismos, aus dem Syriza hervorging, zu den Gegnern der Namensverwendung, die die Nea Dimokratia stürzte, weil sie den Namen akzeptieren wollte. Für Korrespondenten bedeutet dies, dass sie von jemandem, der selbst vorher "Mazedonien" sagte, nun mit "du Verräter hast Mazedonien geschrieben" angesprochen werden können. Herr K, Kafkas Held lässt grüßen!

Fettnäpfchen sind nicht zu vermeiden

Eigentlich könnte die Behandlung des Namensstreits mit diesem Beitrag abgeschlossen sein. Die Mazedonienfrage ist allerdings auch ein Thema, bei dem weitere Staaten mit ihren geopolitischen Interessen mitmischen. Bei der Berichterstattung darüber sind eine Benennung des Staats, und damit das eine oder andere Fettnäpfchen nicht zu vermeiden.

Beim nächsten Artikel von mir zum Thema kann es sein, dass aus Ironie-Gründen auch die politisch korrekte Version "die Nachbarrepublik Griechenlands, die vorher als EJRM bekannt war" und "die vormalige Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien", international kurz "ffYRoM" zum Einsatz kommt.

Zum Schluss eine Bitte an die engagierten Foristen, die sich teilweise leidenschaftlich für die eine oder andere Seite einsetzen. Streitet Euch nicht mit Beleidigungen und gegenseitigen DNA-Analysen, versucht lieber mit Euren Argumenten eine Lösung zu finden, zu der die damit befassten Politiker nicht imstande sind. Kompromisse, das liegt in der Natur der Sache, sind immer mit Zugeständnissen verbunden.

Ich unterstelle weder den griechischen noch den nord-mazedonischen Lesern und den beiden Gruppen zugeneigten weiteren Lesern aggressive kriegerische Absichten samt des Traums, ins Nachbarland einzumarschieren. Der Balkan, oft als Pulverfass bezeichnet, sollte im eigenen Interesse über diese Phase langsam hinweg sein.