Wie man das Volk betrügt
Seite 2: Verzicht ist das falsche Signal
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Das Ergebnis ist dann, wir haben es ja schon seit einigen Jahren so weit gebracht, dass Länder wie Deutschland vor allem für den Export produzieren und große Überschüsse im Außenhandel anhäufen. Damit ist ökologisch alles so schlecht wie vorher (oder verschlechtert sich weiter), aber andere Länder geraten in große Probleme, weil sie Arbeitsplätze verlieren und sich verschulden.
Unsere Unternehmen verdienen sich eine goldene Nase, weil sie den aus ihrer Sicht einzig wahren Weg gefunden haben, wie man die Arbeiter klein hält, die Aktionäre aber mit Gewinnen überschüttet, damit die sich jeden Luxus dieser Welt leisten können - und zwar vollkommen ohne Rücksicht auf die Umwelt.
Dieses wunderbare Modell funktioniert tatsächlich nur so lange wie es noch Märkte gibt, die man mit den niedrigen Löhnen erobern kann. Wenn auch dort unter dem Druck steigender Arbeitslosigkeit die Löhne gesenkt werden, ist es vorbei, weil die gesamte Welt nur dann erfolgreich produzieren kann, wenn sie auch konsumiert, also sich die Masseneinkommen gönnt, die man braucht, um die Produktion zu bezahlen.
Aber das interessiert die deutschen Unternehmen und ihre Eigentümer ja nicht, wenn sie noch zehn oder zwanzig Jahre mit ihrem Modell erfolgreich sind und sich die Taschen voll stopfen können. Nach uns die Sintflut!
Deswegen geht an einer Beteiligung der Arbeitnehmer an der digitalen "Dividende" kein Weg vorbei. Ökologische Argumente für Verzicht führen vollständig in die Irre. Verzicht der Arbeitnehmer verschärft die Ungleichheit, fördert den Irrsinn des anlagesuchenden Kapitals auf der Welt (weil die Reichen trotz größten Prassens nicht in der Lage sind, ihre Einkommen halbwegs vollständig auszugeben) und bewirkt ökologisch nichts, weil die unveränderte Produktion woanders abgesetzt wird.
Bekommen die Arbeitnehmer, was ihnen zusteht, können sie sich auch teurere, aber umweltgerecht produzierte Güter kaufen. Dazu ist aber unabdingbare Voraussetzung, dass die Regierungen in der Lage sind, deren Produktion zu erzwingen oder den ökologischen Umbau mit so starken Anreizen zu versehen, dass er sich gegen billige herkömmliche Produktion durchsetzen kann.
Immer muss der ökologische Umbau vom Staat initiiert werden, weil der Schutz der Natur ein genuin öffentliches Gut ist, dessen "Produktion" nur vom Staat durchgesetzt werden kann. Der vorauseilende ("freiwillige") Verzicht der Massen ist exakt das falsche Signal.
Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung von der Website makroskop übernommen. Deren Herausgeber Heiner Flassbeck und Paul Steinhardt sehen ihre Aufgabe darin, "das massive Versagen der Politik zu thematisieren und Lösungswege aufzeigen, die sich auch am Interesse derjenigen orientieren, die in der Gesellschaft keine eigene Stimme haben".