Wie sich Chinas Pharmaindustrie gegen Sanktionen wappnen will

Zu sehen ist sind eine reihe Blauer Pillen auf einem Produktionsband

Internationale Übernahmen in der Pharmabranche werden in China zunehmend kritisch diskutiert

(Bild: IM Imagery/Shutterstock.com)

Fünf chinesische Biotechunternehmen seit Dezember an Investoren verkauft. Übernahmen werden zunehmend kritisch gesehen. Welche Schritte plant die Regierung?

In der chinesischen Pharmaindustrie mehren sich Stimmen, die vor den Folgen ausländischer Übernahmen warnen und darin sogar eine Bedrohung für die nationale Sicherheit sehen. Wie die South China Morning Post berichtet, sind seit Dezember fünf chinesische Biotechnologie-Unternehmen an internationale Pharmakonzerne verkauft worden.

Angst vor US-Sanktionen bei lebenswichtigen Medikamenten

Branchenexperten befürchten, dass solche Übernahmen langfristig negative Auswirkungen haben könnten. Dabei spielt insbesondere die Gefahr möglicher US-Technologiesanktionen auf lebenswichtige Medikamente eine Rolle.

John Cai, Vorsitzender der China Healthcare Innovation Platform Academy, einem Think Tank für Gesundheitsfragen in Shanghai, äußerte die Befürchtung, dass Sanktionen im Falle eines solchen Konflikts die Gesundheit der Bevölkerung beeinträchtigen könnten.

Er sieht Beijing angesichts des internationalen Wettbewerbs und der Zwänge, denen Chinas biopharmazeutische Industrie und die Gesundheitsbranche im Allgemeinen ausgesetzt sind, unter Druck. Laut Cai müsse eher früher als später gehandelt werden. Es müsse jetzt "mit einem Gefühl für die Dringlichkeit der Lage gehandelt werden", so Cai.

Zwei Perspektiven

Wang Haoran, CEO des Life-Science-Unternehmens Neoland, sieht den Verkauf an Pharmariesen hingegen als gängige Praxis unter kleineren Unternehmen weltweit. Er wies darauf hin, dass die Forschung und Entwicklung von Medikamenten sehr kapitalintensiv sei und kleine Unternehmen nicht in der Lage seien, den gesamten Lebenszyklus eines Medikaments allein mit Risikokapital zu finanzieren.

Ding Sheng, Professor an der Tsinghua-Universität und Direktor des gemeinnützigen Forschungsinstituts Global Health Drug Discovery Institute in Beijing, betont die Bedeutung der Souveränität in der Frage: "Die Fähigkeit, die Entwicklung revolutionärer, erstklassiger Arzneimittel zu initiieren und zu leiten, ist ein entscheidender Bestandteil der nationalen Stärke und Sicherheit", so Ding.

Übernahmen durch westliche Pharmaunternehmen

Die erste vollständige Übernahme eines chinesischen Biotech-Unternehmens durch einen multinationalen Pharmakonzern war der Verkauf von Gracell Biotechnologies an AstraZeneca im vergangenen Jahr. Im Januar folgte die Übernahme des in Shanghai ansässigen Unternehmens SanReno Therapeutics durch Novartis.

Berichten von StreetInsider und FiercePharma zufolge erhielt auch Legend Biotech, bekannt für seine innovative Zelltherapie, ein Übernahmeangebot, wobei Johnson & Johnson und Novartis als mögliche Interessenten genannt wurden.

Die chinesische Gesundheitsforschungsorganisation Yiyao warnte indes in einem Artikel auf ihrem WeChat-Konto, dass der Verkauf der Unternehmen die Preise für CAR-T-Zelltherapien zur Krebsbehandlung auf dem heimischen Markt in die Höhe treiben könnte.

Günstige Medikamentenpreise

In China hergestellte Arzneimittel sind häufig billiger als ihre ausländischen Äquivalente, was unter anderem auf den intensiven Marktwettbewerb und das staatlich dominierte Preissystem zurückzuführen ist, das die Unternehmen zu Preissenkungen veranlasst.

Ding weist jedoch darauf hin, dass es für Unternehmen unter Chinas staatlich kontrolliertem Preissystem weitgehend unrentabel geworden sei, in Originalpräparate zu investieren. Er schlägt deshalb vor, dass die Regierung "Unterstützung auf verschiedenen Ebenen bietet, einschließlich eines dynamischeren finanziellen Umfelds".

In den letzten Jahren hat China seine Investitionen in die pharmazeutische Forschung und Entwicklung sowohl von staatlicher als auch von privater Seite deutlich erhöht.

Dennoch warnen Beobachter davor, dass es für die chinesische Pharmaindustrie derzeit schwieriger ist, an Finanzierungsquellen zu gelangen. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen unter anderem in einem vorsichtigeren Investitionsklima und strengeren Vorschriften für Börsengänge.