Wie sich Meinungsbildner Fremdenfeindlichkeit erklären

Seite 2: Der „unverständliche“ Fremdenfeind

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Erklärungen dieser Art "überzeugen" nicht durch ihre Schlüssigkeit, sondern durch die Leistung, den Tatbestand der Fremdenfeindlichkeit, den die Kritiker nicht recht verstehen können, zu entpolitisieren, seinen politischen Charakter im Gestus wortreicher Erklärungen zu zerreden. Die Offenheit für andere Ethnien und Nationalitäten gilt dabei als eine dem echten Demokraten oder wahren Patrioten zugehörige Eigenschaft, die den Ausländerfeinden aus allen möglichen Gründen abginge, bloß nicht aus politischen.

Die rechte Radikalisierung ist den Analysten auch deshalb "unverständlich", weil sie der demokratischen Kontrolle entgleiten kann und das gewohnte politische und gesellschaftliche Getriebe stört, zu dem das Wirtschaftsleben oder das Ansehen der Nation hinzugehört. Was sie dagegen "verstehen", ist, dass soziales Missbehagen - irgendwie - zum "Nationalismus‘" tendieren kann - aber nicht als vaterländisches (Fehl-)Urteil des Bürgers, sondern als Ausfluss eines "autoritären Charakters".

Argumente gegen rechts, die auf die Ratio setzen, wären gemäß der (Psycho-)Logik der tiefen Wurzeln eigentlich nicht angezeigt, eher eine Therapie der verkorksten Seelen, die auf eine Überredung zu einem moderateren Umgang mit Fremden hinausläuft.

Die zum Gutteil herablassenden Analysten der Ausländerfeindschaft nehmen außerdem die die eigene Innenwelt von den rechten Anfechtungen selbstverständlich aus.

Eine weitere Abteilung der besorgten Erklärungen der zunehmenden Migrationsgegnerschaft widmet sich dann doch ihrer politischen Seite - und entdeckt im Rechten den verhinderten Linken:

Verschiedene Widerstandsbewegungen (...) verkörpern eine "Gegenbewegung", mit der die Gesellschaft auf den Prozess der Ökonomisierung reagiert und auf sozialen Schutz drängt, (der) progressive oder regressive Formen annehmen kann. (...) Die einzige Möglichkeit, den Rechtspopulismus zu bekämpfen, besteht darin, eine progressive Antwort auf die Forderungen zu geben, die sich in einer fremdenfeindlichen Sprache ausdrücken. Das bedeutet, die Existenz eines demokratischen Kerns in diesen Forderungen ebenso anzuerkennen wie den Mangel der Fähigkeit, in Worte zu fassen, was im Kern echte Besorgnisse sind.

Chantal Mouffe im Guardian

Der Fremdenfeindschaft einen "Drang nach sozialem Schutz" und "genuine Besorgnisse" zu unterstellen, denen bloß das Vokabular abgehe, will den giftigen und bisweilen brachialen Nationalismus darin einfach nicht ernstnehmen oder "progressiv" umdeuten - in "symbolische Akte, (…) die man, ‚so widersprüchlich es klingen mag, zumindest teilweise als eine Art politischer Notwehr der unteren Schichten interpretieren muss‘", so der oben genannte Seppmann, der hier zustimmend den französischen Philosophen Didier Eribon zitiert.

Lesen Sie in Teil 4: Was den rechten Willkommensgegnern zu sagen wäre.