Wieder ein junger deutscher Mann im Streit mit Migranten gestorben

Teilnehmer am "Schweigemarsch" in Köthen, durch den die Rechten zum Widerstand aufrufen. Bild: Olaf Sundermeyer

Gnaden- und schamlos schlachten AfD und Rechtsnationalisten den Vorfall aus und wollen, gestärkt durch die Rückendeckung von Seehofer und Maaßen, ein zweites Chemnitz

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Gnadenlos schlachtet die AfD sofort den Tod eines weiteren Deutschen in Ostdeutschland aus, um die Menschen in Zorn und Wut gegen Ausländer aufzuwiegeln und ein zweites Chemnitz zu erzeugen. BfV-Präsident Maaßen und Innenminister Seehofer, der sich hinter Maaßen stellte und zuvor geäußert hatte, er hätte auch den Demonstrationen in Chemnitz teilgenommen, zudem sei die Migration die "Mutter aller Probleme", haben der AfD und den Rechten Rückenwind gegeben.

Noch ist nicht wirklich klar, was gegen 22 Uhr am Samstag in Köthen genauer vorgefallen ist. Es hat offenbar einen Streit auf dem Karlsplatz zunächst zwischen drei Afghanen und einer schwangeren deutschen Frau um die Vaterschaft gegeben, in den sich zwei Deutsche eingeschaltet haben. Zwei der Afghanen wurden festgenommen, dem 18-Jährigen wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, dem 20-jährigen Afghanen Körperverletzung mit Todesfolge.

Die Gewaltbereitschaft scheint bei den Afghanen hoch gewesen zu sein, wie weit die Deutschen sie provoziert haben oder nur den Streit zwischen den Afghanen vermitteln wollten, ist bislang nicht klar. Ob Alkohol im Spiel war, ist auch noch nicht bekannt. Wie schon in Chemnitz hält die Polizei konkrete Angaben zum Tatvorgang zurück. Das ist normalerweise richtig, schafft aber in einer aufgeheizten und von Hass geprägten Atmosphäre nur Gerüchte, die das Geschehen weiter aufheizen.

Der 22-jährige Deutsche ist nicht direkt an den Folgen der ihm zugefügten Verletzungen gestorben. Zunächst war vermutet worden, er sei an einem schweren Hämatom am Kopf gestorben. Die Polizeidirektion teilte am Abend mit, wohl auch im Versuch, die Situation nach Demonstrationsaufrufen zu beruhigen, dass nach dem "vorläufigen, mündlich übermittelten Obduktionsergebnis der 22-jährige Köthener einem akuten Herzversagen erlegen (ist), das nicht im direkten kausalen Zusammenhang mit den erlittenen Verletzungen steht".

Alice Weidel spricht dennoch von Mord, was sich strafrechtlich von Körperverletzung mit Todesfolge unterscheidet: "Einwanderungs-Wende jetzt!+++ Wieder ein Deutscher aus nichtigem Anlass umgebracht. Wieder sind Migranten, diesmal aus Afghanistan, die mutmaßlichen Täter. Kommt das nächste gesponserte Pro-Multikulti-Konzert jetzt nach #Köthen?" Damit wird Erregung ähnlich wie in Chemnitz hoch geputscht, wo die Polizei auch nicht wegen Mord, sondern wegen Totschlags ermittelt.

Natürlich ist auch die NPD - die "soziale Heimatpartei" - dabei: "Das nächste Opfer der bunten Republik. Stoppen wir JETZT den Wahnsinn!"

Schamlos wird der Streit auch ansonsten von der AfD instrumentalisiert, die auf Facebook vorgibt, den Tathergang und die Beteiligten genau zu kennen:

++Abscheuliches Verbrechen in Köthen: Markus B. (22) wollte nur einen Streit schlichten und wurde dafür von 2 Afghanen erbarmungslos totgetreten!++

Das 22 Jahre alte Opfer aus Sachsen-Anhalt, das als nett, freundlich und hilfsbereit beschrieben wird, bekam offenbar am Rande eines Dorffestes in Köthen einen Streit innerhalb einer Gruppe von Afghanen mit und beschloss couragiert, dort zu vermitteln. Laut Medienberichten ging es dabei darum, welcher der beiden Afghanen verantwortlich für die Schwangerschaft einer ebenfalls anwesenden deutschen Frau sei.

"Hört auf, ich kriege keine Luft mehr!", soll das Opfer bereits am Boden liegend und von Tritten malträtiert noch ausgerufen haben - doch die brutalen Täter ließen nicht mehr von ihm ab. Markus B. verstarb im Krankenhaus in der Nacht zum Sonntag wahrscheinlich an Hirnblutungen.

Die Rechten haben zu einem "Schweigemarsch" aufgerufen, die Teilnehmer, die durch Köthen zogen, waren zum Teil auch deutlich als Nazis kenntlich. Nach dem Marsch riefen einige aus dem Pulk: "Nationalsozialismus - Jetzt, Jetzt, Jetzt".

Aufgerufen hatte auch "Die Rechte" mit der klaren Botschaft: "Jetzt ist Zeit für Wut, Trauer und Widerstand." Stolz wird am Abend getwittert: "Versammlungsteilnehmer erteilen der #Lügenpresse gerade Platzverweise." Und es war abzusehen, was aus dem Obduktionsbefund gemacht wird: "Regimepresse gibt Entwarnung - 22-Jähriger ist nur zufällig direkt nach der Kopftritt-Orgie gestorben, er hätte den Herzinfarkt sowieso bekommen. Schlimmer und widerlicher kann man ein Gewaltopfer nicht herabwürdigen."

Allerdings brachte die Rechte selbst eine Information ins Spiel, die bezweifeln lassen könnte, ob die beiden Deutschen wirklich nur den Streit schlichten wollten: "Bei dem Bruder des Opfers handelt es sich um einen Nationalisten, ob der 22-Jährige auch eine nationale Einstellung vertrat, ist bisher unklar." Der 27-jährige Bruder soll auch der zweite Deutsche gewesen sein, der am Streit beteiligt war.

Das schon wieder ein Deutscher in Auseinandersetzung mit Migranten gestorben ist, muss natürlich dazu führen, die Praxis der Aufnahme, Unterbringung und Abschiebung von Migranten genauer zu untersuchen, um solche Vorfälle zu verhindern. Man muss wahrscheinlich davon ausgehen, dass in der derzeit angespannten Atmosphäre, in der einerseits Angst vor und Hass gegen Ausländer verbreitet sind und geschürt werden und andererseits Migranten stärker angefeindet werden und in ebenfalls in Angst leben, solche Vorfälle gerade zwischen jungen Männern weiterhin geschehen werden.

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