Wiedererweckung zum Leben nach 250 Millionen Jahren

Sind Bakterien in Form von Sporen möglicherweise unsterblich?

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Bakterien erweisen sich immer mehr als Zauberkünstler, die nahezu überall leben und die man kürzlich selbst in Wolken entdeckt hat. Äußerst anpassungsfähig können sie auch unter extremen Bedingungen überleben. Möglicherweise sind Bakterien auch die ersten Raumfahrer gewesen, die etwa auf Asteroiden zwischen den Planeten gereist sind und manche durch sich mit Leben geimpft haben. Besonders lange können die Sporen von manchen Bakterien auch in unfreundlichen Umgebungen überwintern - offenbar Hunderte von Millionen von Jahren.

Das älteste Bakterium, das man entdeckt und wiederbelebt hatte, gehört der Gattung Bacillus an und kommt aus dem Hinterleib einer in Bernstein eingeschlossenen Biene (Cano, Raul J. and Monica K. Borucki: "Revival and Identification of Bacterial Spores in 25- to 40-Million-Year-Old Dominican Amber" Science Nr. 268, 19 Mai 1995. Offenbar konnten die Bakterien sich vor 25 bis 40 Millionen Jahren noch schnell vor dem Hartwerden des Bernsteins in Sporen verwandeln. Als die Wissenschaftler die Sporen in eine Nährlösung einbrachten, begannen sie wieder zu leben. Schon damals wurde dieser Fund als ein Hinweis auf weltraumreisende Sporen oder die Panspermientheorie gedeutet.

Aber was sind schon 40 Millionen Jahre gegen die 250 Millionen Jahre die Bakterien, die ebenfalls der Gattung Bacillus angehören und als Sporen in einem Salzkristall aus New Mexico überlebt haben? Gefunden wurde der Kristall in einer Höhle in 560 Meter Tiefe, die man auch zur Lagerung von radioaktivem Abfall benutzt. Russel Vreeland, william Rosenzweig und Dennis Powers von der Biologischen Fakultät der West Chester University haben, wie sie in Nature (407, 897-900, 19. 10.2000) schreiben, die Sporen ebenfalls in eine Nährlösung gelegt, wonach sich die Bakterienmethusalems wieder geteilt hätten Angeblich sei die Wahrscheinlichkeit, dass trotz des sterilen Verfahrens eine Kontamination durch Sporen geschehen könne, die nicht aus der winzigen Höhlung des Kristalls stammen, bei 1 zu 10 Milliarden. Bislang wurden Behauptungen, dass Bakterien bis zu 650 Millionen Jahre überleben können, mit Skepsis betrachtet, weil man Kontaminationen nicht ausschließen konnte. Auch die Ergebnisse von Vreeland und seinen Kollegen müssen erst noch von anderen Wissenschaftlern bestätigt werden.

Wenn sich also tatsächlich der Kristall vor etwa 250 Millionen Jahren um die in einem Tropfen Wasser lebenden halotoleranten Bakterien, die also bei Salzgehalt existieren können, geschlossen hat und sie wieder nach dieser langen Zeit ohne Stoffwechseltätigkeit zum Leben erwacht sind, dann handelt es sich um die ältesten lebenden Organismen, die bekannt sind. Und wenn sie aber unter geeigneten Umständen schon 250 Millionen Jahr als wiedererweckbare Spore überleben können, dann ist nicht auszuschließen, dass sie dies auch noch viel länger können - oder vielleicht gar unsterblich sind. Normalerweise hätten die komplexen Moleküle in den Sporen nach so langer Zeit verfallen müssen.

In Asteroiden oder Meteoriten eingeschlossene und vor der Strahlung geschützte Sporen von Bakterien könnten mit ihrer Lebensdauer lange Weltraumreisen auch von anderen Galaxien überstehen. Zumindest theoretisch könnten Sporen leicht vom Mars oder einem anderen nahen Stern oder Planeten zur Erde gekommen sein, meint Vreeland.

Das wiedererweckte Bakterium ist unbekannt, gehört aber nach einer Sequenzierung der Gattung Bacillus an und ist verwandt mit dem Bacillus marismotui, ebenfalls ein Halophile, den man im Toten Meer gefunden hat. Vorläufig heißt es Bacillus permians nach der geologischen Zeit, in der es zuerst gelebt hat. Die Entdeckung zeige aber auch, wo man bei der Suche nach möglichem extraterrestrischen Leben suchen könne: beispielsweise in Salzablagerungen, die man auch auf dem Mars findet.

John Parkes, Geomikrobiologe von der University of Bristol, meint in derselben Ausgabe von Nature jedenfalls, dass dann, wenn die Bakterien schon wider alle Wahrscheinlichkeit nach den chemischen Gesetzen so lange überleben können, die Frage entstünde, warum sie überhaupt sterben sollten. Und man könne sich auch fragen, wo es solche schlafenden Organismen sonst noch gibt: "Das nächste Mal, wenn Sie Salz auf Ihr Essen streuen, sollten Sie daran denken, was Sie sonst noch alles mitessen."