"Wiege des Aufstands" Daraa: Syrische Regierung feiert Rückkehr
Enorm bewaffnete Milizen im Südwesten Syriens sind am Ende. Russland hat einen bedeutenden Anteil daran, dass Blutvergießen vermieden wurde. Die syrische Bevölkerung hat den Krieg satt
In der Stadt Daraa weht wieder die syrische Flagge, verkünden die Nachrichtenagentur Sana und AP. Zum ersten Mal seit 7 Jahren haben Regierungstruppen dort die Kontrolle übernommen. Das ist, wie gestern allerseits betont wurde, von einiger symbolischer Bedeutung, gingen doch im März 2011 von Daraa aus Signale in die Welt, dass es nun auch der syrische Präsident Assad mit einem Aufstand der Art zu tun bekommt, der zuvor in Tunesien Ben Ali und in Ägypten Mubarak aus ihren Ämtern getrieben hatte.
Doch kam es im Fall Syrien anders. Baschar al-Assad ist auch 2018 noch Präsident Syriens. Seine Truppen erobern mit Hilfe Russlands den Südwesten Syriens zurück, wo sich die "Wiege des Aufstands" befindet, Daraa, die "älteste Rebellenhochburg", die nun, wie die Tagesschau am gestrigen Abend berichtete, zurück an die Regierung gefallen ist.
Der Rückeroberungsfeldzug ging sehr schnell vonstatten. Die Offensive im Südwesten begann am 19. Juni und hat nun 84 Prozent der Provinz Daraa zurückerobert. Es gab harte und intensive Kämpfe, berichten Mitglieder der "Tiger Forces". Die militärische Situation sei jedoch "exzellent" und bedeutend sei die Hilfe Russlands.
Bei der aktuellen Offensive betraf dies nicht nur die Luftunterstützung, sondern in zahlreichen Fällen Verhandlungen russischer Militärs mit oppositionellen syrischen Milizen, mit denen "Versöhnungs-Vereinbarungen" geschlossen wurden, um Kämpfe und Blutvergießen zu vermeiden. Dass die syrische Bevölkerung kriegsmüde ist und zum großen Teil die "Rebellen"-Herrschaft abstoßend findet, trägt zum Erfolg dieser Verhandlungen bei.
In den oppositionellen Milieus sind sie freilich nicht überall gut angesehen. Es gibt viele Verrätervorwürfe. Die enormen Waffenarsenale, die als Resultat der "Versöhnungsverhandlungen" von den Milizen abgegeben wurden, zeugen von einer beträchtlichen Aufrüstung und Unterstützung von außerhalb.
Es zirkuliert die Annahme, wonach die große Menge an Waffen Indiz für einen letzten, schließlich verhinderten Versuch oppositioneller Milizen im Frühjahr sein könnte, die Regierung in Damaskus anzugreifen. Doch muss man gar nicht auf solche Spekulationen eingehen, um den Skandal zu erkennen.
Ohne die mit vielen Milliarden gespickte militärische, waffentechnische, politische und mediale Unterstützung der USA, Saudi-Arabiens, Katars, Kuwaits, der Türkei, Großbritanniens, Frankreichs und anderer westlicher Staaten einschließlich Deutschland hätte es diese Aufrüstung radikaler Milizen, die in jedem westlichen Land vor Gericht mit großer Wahrscheinlichkeit als Extremisten eingestuft werden, nicht gegeben.
Es gibt überzeugende Gründe, die dafür sprechen, dass die Unterstützung, die aus den genannten Ländern kam, Syrien zu einem Ort gemacht hätte, der für Minderheiten, religiöse oder die sexuelle Orientierung betreffend, und für Frauen mehrere Höllenkreise an Repression, Unterdrückung und Gewalt bedeutet hätte. Die Lebensbedingungen in den von den oppositionellen Gruppen beherrschten Gebieten bestätigen genau diese Ansicht und nicht das, was mit dem irreführenden Etikett "Rebellen" verbunden wird.
Verhindert hat die Katastrophe maßgeblich die russische Intervention und eben genau nicht die US-Politik, die mit dem IS als Gegner al-Assads kalkulierte und auch die anderen Dschihadisten-Milizen unterstützte, die einen Umsturz in Syrien vorhatten.
Jetzt lauten die Überschriften in Nachbarstaaten so, als ob die politischen Bestrebungen der letzten sieben Jahre eigentlich nur ein Versehen gewesen sind: Netanyahu: Israel Has No Problem With Assad, but Cease-fire Agreements Must Be Upheld.